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Pilgerbegleiter Kaineder: „Nährende und zehrende Zeiten“

Von Barbara Rohrhofer, 30. Mai 2011, 00:04 Uhr
„Pilgern macht bewusst, dass es nährende und zehrende Zeiten gibt“
Ferdinand Kaineder gibt seine Pilgererfahrungen weiter. Bild: privat

Theologe Ferdinand Kaineder (54) begleitet Pilger auf ihren Wanderwegen. Für ihn ist das weite Gehen „keine fromme Übung, sondern eine Geschichte, die den ganzen Menschen erfasst.“ Sein Wissen gibt er bei einem Ausbildungslehrgang weiter. Die OÖNachrichten haben ihn über die Faszination des Pilgerns befragt.

OÖN: Immer mehr Menschen packen ihre Rucksäcke und begeben sich auf Wanderschaft, ganz nach dem Motto: Lieber nach Assisi pilgern als auf die Seychellen fliegen. Können Sie erklären, was am Pilgern so faszinierend ist?

Kaineder: Weil unser Leben sehr schnell geworden ist, sehnt sich der Mensch nach dem normalen Rhythmus zurück. Und die Geschwindigkeit des Gehens entspricht ganz einfach der Geschwindigkeit des Menschen - und das tut gut, entschleunigt, holt auf den Boden zurück. Da ist eine große Sehnsucht.

OÖN: Sie selbst waren bereits zweimal auf großer Pilgerreise. Was macht es mit einem, wenn man wie Sie 52 Tage zu Fuß unterwegs ist und pro Tag elf Stunden geht?

Kaineder: Da tut sich in drei Dimensionen etwas. Pilgern erfasst Körper, Geist und Seele. Wer 21 Tage lang zu Fuß unterwegs ist, hat den gleichen Effekt wie nach einer Kur. Man ist trainiert, hat keinen Gusto auf schweres Essen oder Alkohol, nimmt an Gewicht ab. Mental kommt man immer wieder an seine Grenzen und lernt, nicht den Weg zu sehen, sondern das Ziel zu visualisieren.

OÖN: Als Theologe waren Sie sicherlich auch an der spirituellen Ebene des Pilgerns interessiert?

Kaineder: Ich habe auf meinen Fußreisen erfahren, dass man nicht am Leben basteln kann, weil einem das Leben, weil einem Gott sowieso entgegen kommt. Ich bin beim langen Gehen auch draufgekommen, dass man nicht viel braucht, um zu leben. Einmal hab’ ich kein Quartier mehr gefunden, und hab’ auf dem Beton geschlafen. Hat auch funktioniert. Und gebetet habe ich: Aber nur das Vater unser.

OÖN: Waren Sie stolz, als Sie am Ziel Ihrer Reise, in Ihrem Fall in Assisi, angekommen sind?

Kaineder: Pilgern ist keine Leistung, Pilgern ist ein Geschenk. Das hab’ ich auch allen Menschen gesagt, die mir damals per SMS gratuliert haben.

OÖN: Wie lange sollte man sich für eine Pilgerreise Zeit nehmen?

Kaineder: Ideal sind 21 Tage. Da passiert irrsinnig viel. Ich selbst bin ja 52 Tage gegangen - hab’ aber festgestellt, dass sich in den ersten drei Wochen das meiste tut.

OÖN: Wo sind Sie an Ihre persönliche Grenze gekommen?

Kaineder: Die gibt es beim Pilgern öfters. Wenn es regnet, ein Gewitter niedergeht oder man das Alleinsein nicht mehr gut erträgt, Angst bekommt - das alles sind Grenzsituationen.

OÖN: Eine Frage, die sich aufdrängt: Wie viel Paar Schuhe haben Sie in den 52 Tagen verbraucht?

Kaineder: Ich hab’ gebrauchte Wanderschuhe angehabt, es hat niemals Probleme gegeben. Die Schuhe gibt’s übrigens noch. . .

OÖN: Sie sind auch Pilgerbegleiter, bilden Menschen in diesem Bereich aus. Wie darf ich mir eine Pilgerbegleitung vorstellen?

Kaineder: Es ist nicht so, dass man die Menschen auf der ganzen Pilgerreise begleitet. Man kann vorher beratend zur Seite stehen, einen Tag dabei sein, spirituelle Impulse geben, bei der Nachbetrachtung helfen.

OÖN: Werden Sie wieder auf Pilgerreise gehen?

Kaineder: Ja, weil diese Erfahrung absolut prägend ist. Auch heute noch gehe ich anders an die Dinge heran. Ich weiß jetzt ganz genau, dass ich nicht alles planen und kontrollieren kann. Und dass es normal ist, dass es nährende und zehrende Zeiten im Leben gibt.

 

 

Ausbildung Pilgerbegleiter

Ein Infoabend für die Ausbildung zum Pilgerbegleiter findet am Freitag, 1. Juli, von 19. bis 20.30 Uhr im Bildungshaus Schloss Puchberg statt. Dort werden die verschiedenen Module der Ausbildungsreihe „Gemeinsam Gott begegnen - Ausbildungslehrgang für PilgerbegleiterInnen nach christlich spirituellen Grundlagen“, die am 9. September 2011 startet, erklärt.
Einer der Vortragenden ist Ferdinand Kaineder, Theologe und Geschäftsführer der Academia Superior - Gesellschaft für Zukunftsforschung in Linz.
Veranstaltet wird der Lehrgang, der im Oktober 2012 abgeschlossen wird, vom Katholischen Bildungswerk der Diözese Linz. Kontakt: 0732 / 7610-3220 oder 3223 oder www.kbw-ooe.at

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