Die Beichte: »Vieles davon habe ich wiedererkannt«
KREMSMÜNSTER. Am 10. März 2010 hat ein etwa 40-jähriger Mann in der Redaktion der OÖNachrichten angerufen. Er wolle reden, er halte es nicht mehr länger aus. Der Mann erzählte von seiner Zeit als Internatszögling des Stiftes Kremsmünster. Er erzählte von Erniedrigung, die er durch Geistliche erfahren hatte, von sexueller Gewalt, die ihm Patres angetan hatten.
Am Freitagabend haben sich im Theatersaal des Stiftes Kremsmünster Realität und Schauspiel vermischt. Ein Gastspiel von Felix Mitterers „Die Beichte“ wurde gezeigt. Ein Drama über den sexuellen Missbrauch eines Pfarrers an seinem minderjährigen Schüler. Ein Drama, aufgeführt in jenen Gemäuern, in denen offenbar jahrelang genau das passiert ist. Rund 250 Menschen haben sich der beklemmenden, sprachlos machenden Wirkung des Stückes gestellt. Für das Stift selbst ein ebenso minimaler wie beachtenswerter Teil der Aufarbeitung. Unter den Zusehern waren ehemalige Schüler, manche davon Opfer, Stiftsgymnasiums-Direktor Wolfgang Leberbauer und - gerade einmal eine Handvoll - Stiftspatres. Die Diskussion, ob Mitterers Beichte gespielt werden soll oder nicht, war dem Vernehmen nach unter den Patres emotional und nicht friktionsfrei gewesen. Abt Ambros Ebhart: „Es war ein Spagat für uns alle. Die Einstellung der Mitbrüder dazu war sehr unterschiedlich. Ich habe ihnen freigestellt, zu kommen oder auch nicht.“
Abt Ambros hatte zu Beginn der Vorstellung klare Worte gefunden: „Die Thematik des sexuellen Missbrauchs an Kindern betrifft uns. Es ist uns allen bewusst geworden, dass es diese Übergriffe gegen Schüler in unserem Haus gegeben hat. Dass wir die Beichte zeigen, ist ein deutliches Signal, dass nichts unter den Tisch gekehrt und nichts ausgesessen werden darf.“
Thomas Hochrathner (er spielt das Missbrauchsopfer Martin) und Leopold Burghuber (Pater Eberhard) von der Theatergruppe Sierninghofen-Neuzeug haben unter der Regie des Kremsmünsterers Helmut Boldog die Realität gespielt. Minimalistisch, emotional, hilflos, unverklärt, offen, authentisch. Demnächst werden die beiden begabten Theateramateure in den Linzer Kammerspielen mit der Beichte zu sehen sein.
Nachdem der Täter seinem Opfer die Absolution für dessen Missbrauch an seinem Sohn erteilt, wird es finster auf der Bühne des Stiftes. Lange ist es ganz still, irgendwann klatschen zwei Handflächen aneinander. Ein Eisbrecher für 250 Menschen.
Abt Ambros sagt später, er sei sehr getroffen von dem, was er gesehen hat. Und: „Vieles davon habe ich wiedererkannt.“
Juristisch ist der Stiftsfall Kremsmünster nach wie vor nicht abgeschlossen, seelisch wird er es bei manchem Opfer wohl nie sein. Drei Stiftspatres waren am 11. März 2010 ihrer Ämter enthoben worden. Sie sind es bis heute. Insgesamt wurde gegen elf Personen des Stiftes, darunter drei weltliche Lehrer, ermittelt. Bei zehn Beschuldigten erwiesen sich die Vorwürfe als strafrechtlich nicht relevant oder aber die Taten waren bereits verjährt.
Gegen den Hauptbeschuldigten, Pater A., ermittelt die Staatsanwaltschaft Steyr noch immer. Insgesamt 80 Opfer haben sich nach und nach gemeldet und ihre Erfahrungen bei der Polizei zu Protokoll gegeben. Das Stift Kremsmünster zahlte bislang an fünf ehemalige Zöglinge „Entschädigungszahlungen“.
Zitat aus dem Artikel: "Insgesamt wurde gegen elf Personen des Stiftes, darunter drei weltliche Lehrer, ermittelt. Bei zehn Beschuldigten erwiesen sich die Vorwürfe als strafrechtlich nicht relevant oder aber die Taten waren bereits verjährt."
Nirgends wird festgehalten, wie viele der heute noch tätigen weltlichen Lehrer nur deshalb nicht verurteilt wurden, weil die Taten eben lange genug zurück liegen. Die Schule darf sich wieder (wie eh und je) als "mustergültig" hinstellen - während eben diese Lehrer weiter unterrichten.
Ein WIRKLICH mutiger Schritt wäre es, Konsequenzen auch bei jenen zu setzen, die sich bis heute nicht einmal entschuldigt haben, obwohl nur die Verjährung eine Strafverfolgung verhindert hat - und bis heute noch unterrichten. Die Schule verbittet sich dazu sogar jede kritische Frage, um nur ja keinen Staub aufzuwirbeln.
Ein NICHT MUTIGER Schritt hingegen ist es, nach mehr als 1 Jahr gerade einmal das zuzugeben, was ohnehin bekannt ist.
dass bei ihnen nichts passiert ist.warum verstecken sie sich ? wenn sie kein schechtes gewissen hätten, könnten sie sich das anschauen !!
Die haben sich aber gut versteckt ) Respekt an den Abt.