Musterprozess wegen übler Nachrede im Internet
Anonyme Diffamierungen im Internet sind leider alltäglich. Während im Fall von Verleumdungen ein Staatsanwalt einschreitet, haben Opfer von Beleidigungen bzw. üble Nachreden mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen.
Anonyme Diffamierungen im Internet sind leider alltäglich. Während im Fall von Verleumdungen ein Staatsanwalt einschreitet, haben Opfer von Beleidigungen bzw. üble Nachreden mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen.
Der Anwalt Gerald Waitz von der Linzer Kanzlei Waitz-Obermühlner prozessiert derzeit am Landesgericht Linz im Namen eines Finanzdienstleistungsunternehmens gegen einen deutschen Anbieter eines Internetforums. Der Hintergrund: Unter einem anonymen „Nicknamen“ wurden über das Unternehmen üble Gerüchte verbreitet. „Unterstellungen, die auch massiv geschäftsschädigend waren“, sagt Waitz. Es gebe Hinweise, dass die Diffamierungen von einem Konkurrenten des Finanzdienstleisters ausgehen würden.
Das Problem: Im Gegensatz zu Fällen von Verleumdung (ein Offizialdelikt) schreitet bei Beleidigungen und üblen Nachreden kein Staatsanwalt ein, weil es sich um „Privatanklagedelikte“ handelt. Der mutmaßliche Beleidigte muss somit in Eigenregie Beweise ermitteln.
Im Zivilprozess gegen den deutschen Forumsbetreiber geht es darum, die wahre Identität des anonymen Schreibers herauszufinden. „Nach dem E-Commerce-Gesetz hat die Finanzdienstleistungsfirma einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzerdaten“, sagt Waitz. Ein großes Problem sei aber, dass das Gesetz weitgehend offen lasse, inwieweit und wie lange das Internetportal diese Infos speichern müsse. „Die Gegenseite argumentiert, es gebe keine Pflicht zur Speicherung, auch aus Datenschutzgründen“, sagt der Anwalt. „Hier ist vieles rechtlich noch nicht ausjudiziert, weswegen es sich um einen Musterprozess handelt“, sagt Waitz. Er rechnet damit, dass sich der Oberste Gerichtshof mit der Causa befassen wird. (staro)