Zeit des Wartens
Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür. Der Advent ist die Zeit des Wartens.
Kinder warten auf das Christkind, die Gläubigen auf die Ankunft des Herrn, die Handelsleute auf die Bilanz des Weihnachtsgeschäfts und den ohnehin schon längst begonnenen Ausverkauf. Wir können es nicht mehr erwarten. Wir haben das Warten verlernt. Man will alles und das sofort: die Punschstände und Weihnachtslichter schon Anfang November, die Frühjahrsmode schon vor Winterbeginn, den Osterhasen unmittelbar nach dem Christkind.
Warten ist ein sehr altes Wort. Die Grundbedeutung war das Sehen, was in den Begriffen Aussichtswarte und Sternwarte noch deutlich zum Ausdruck kommt. Wer so genau hinschaut wie Astronomen, der muss warten können. Und wer wartet, der steht und wacht, der behütet und sorgt, der wartet Sportplätze und bewacht Gefängnisse, der wartet Gästen auf und wartet Gelegenheiten ab und lebt doch voll in der Gegenwart.
Das deutsche Warten ist frühzeitig in die romanischen Sprachen gedrungen und als Garde wieder ins Deutsche zurückgekehrt. Das Warten, das sagt uns diese Bedeutungsausweitung, ist keine Last, sondern eine Tugend. Wer warten kann, hat viel getan. Warten ist entspannend und anregend. Nur im Warten entstehen die Gedanken und Ideen, wusste schon der große Philosoph Immanuel Kant.
Sicher: Das Warten ist nicht angenehm, es kann sogar recht quälend sein. Es ist mit Verzicht verbunden. Die großen Wartezeiten, die das Christentum kennt, sind Fastenzeiten: vor Weihnachten und vor Ostern, und erst recht am Vortag der großen Feste, vor allem am Heiligen Abend, an dem man früher durchfastete und durchbetete. Doch es gibt Sinn zu warten, und es gibt die Romantik und das Glück des Wartens. Jeden Tag ein Türl aufmachen im Adventkalender, sehnsuchtsvoll mit dem Blumenstrauß in der Hand auf das Rendezvous warten oder einfach ziellos warten wie in Samuel Becketts Theaterstück "Warten auf Godot". Die Lehre des Wartens ist die Geduld. Der Verlust des Wartenkönnens birgt eine große Gefahr. Es entsteht so viel Unsinn, weil man nicht mehr warten will und die Nachrichten schon verbreitet, bevor die Ereignisse stattgefunden haben.
Warten kann zur Folter werden: Das sinnlose Stehen auf den Appellplätzen der Konzentrationslager, das zermürbende Warten in den Flüchtlingslagern. Aber auch im Kleinen: das Sitzen in den Wartezimmern, das Anstellen an den Supermarktkassen, das Stehen im morgendlichen und abendlichen Verkehrsstau, das Warten auf verspätete Züge oder bei nicht enden wollenden Werbeeinschaltungen im Fernsehen und bei Festreden aller Art. Doch Gott sei Dank hat man heutzutage das Handy!
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