Wie die Liebe Opa Sampson nach Linz führte

Von Herbert Schorn   17.Mai 2018

Wer mit Horace Sampson in Kontakt treten möchte, braucht etwas Geduld. Schließlich führt der 81-Jährige eine Praxis als Neurologe und Psychiater und hat nicht immer Zeit, um am Handy Gespräche entgegenzunehmen.

Nach wie vor behandelt der Linzer drei Mal pro Woche vormittags und abends Patienten, von der Prüfungsangst bis zur Akupunktur-Behandlung. Sampson lebt gerne in Linz. "Ich bin wunschlos glücklich", sagt er und legt den Arm um seine Frau Brigitte. "Ich habe alles, was ich brauche."

Doch leicht hatte es der Neurologe nie. In Linz war er zu Beginn einer von zwei, drei Menschen mit dunkler Hautfarbe und damit ständig unter Beobachtung. Aber er verfolgte beharrlich seine Ziele, immer höflich, immer bestimmt. Funktionierte ein Weg nicht, suchte er sich eben einen anderen.

"Er war so ein fescher Mann"

Horace Sampson wuchs in Trinidad auf. Schon als Kind wollte er Arzt werden. Er machte eine Ausbildung zum Apotheker, doch seinen Traum konnte er hier nicht verwirklichen. So kratzte er alle Ersparnisse zusammen und reiste 1960 nach Großbritannien, dessen Kolonie Trinidad war. Rassistische Übergriffe ließen ihn aber bald abreisen. "Ich schrieb alle Unis in Deutschland und Österreich an und fragte, ob sie mich nehmen", erinnert er sich. Die Uni Graz meldete sich zuerst.

So studierte er eben dort. Das Geld dafür verdiente sich der musikalisch Hochbegabte als Sänger und stieg dank seiner Hautfarbe zur lokalen Berühmtheit auf. Doch die machte auch Probleme. Er musste im Priesterseminar leben, weil ihm sonst niemand ein Zimmer vermietete. "Einmal kam eine Frau zu mir, griff mir ins Gesicht und fragte: ,Geht das ab?‘"

In Graz fand Sampson die Liebe seines Lebens. Brigitte war von Linz dorthin zum Studium für Spanisch und Arabisch gekommen: "Mich faszinierte alles Orientalische." Auch Horace gefiel ihr sofort, als er sie in der Mensa ansprach: "Er war so ein fescher Mann."

Nach dem Studium übersiedelten sie nach Linz. Horace machte den Turnus und die Ausbildung zum Neurologen, sie arbeitete als Übersetzerin. Später eröffnete er eine Praxis. Hatten die Patienten keine Probleme mit der Hautfarbe? "Die Patienten nicht, die Kollegen schon." Ein Chefarzt habe einmal einen Patienten gefragt, warum er zu einem Schwarzen gehe. Dessen Antwort: "Weil er uns zuhört."

Immer wieder Polizeikontrollen

Polizeikontrollen gehörten für ihn zum Alltag. "Als ich einmal von zu Hause zur Praxis fuhr, wurde ich drei Mal von Polizisten kontrolliert", sagt der Linzer. "Sie waren alle sehr höflich." Allerdings erst, nachdem sie im Ausweis seinen Beruf gesehen hatten.

Auch sein Enkel Cesár musste sich als Kind immer wieder wegen seiner Hautfarbe rechtfertigen – nun ist er als Dritter beim Eurovision Song Contest ein Held. Was ihm der Opa wünscht? Das, was wohl jeder Großvater dem Enkel wünscht: "Dass er glücklich ist."

 

Horace Sampson ist einer von 247.340 Migranten in Oberösterreich

Etwa jeder sechste Oberösterreicher (16,9 Prozent) ist ausländischer Herkunft. Das geht aus dem aktuellen Integrationsbericht des Landes Oberösterreichs, der auf den Zahlen der Statistik Austria beruht, hervor. Als „Menschen mit Migrationshintergrund“ gelten in der Statistik – etwas vereinfacht gesagt – alle Einwanderer der ersten und zweiten Generation. Gestern präsentierte Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) den Bericht auf einer Pressekonferenz.

Vor allem in den Städten ist der Migrantenanteil hoch. Spitzenreiter ist mit 34,5 Prozent Wels, gefolgt von Linz (30,6 Prozent) und Steyr (25,2 Prozent).

Nach Herkunftsländern aufgeschlüsselt sind die Deutschen die größte Migrantengruppe in Oberösterreich. 35.326 Bundesbürger leben laut Statistik Austria in Oberösterreich. Die Türken folgen mit 23.982 auf dem 2. Platz.

78.031 Oberösterreicher mit ausländischen Wurzeln kommen aus einem anderen EU-Land (Deutschland ausgenommen). Ihre Zahl ist in den vergangenen fünf Jahren (2012: 53.612) am stärksten gestiegen. Vor allem verstärkte Zuwanderung aus Osteuropa insbesondere aus Rumänien und Bulgarien habe diesen Anstieg bewirkt, heißt es aus dem Integrationsressort des Landes. Aus den sieben Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien leben 63.096 Menschen in Oberösterreich.

Zahl der Asylwerber gesunken

Den Asylwerbern widmet der Integrationsbericht einen eigenen Abschnitt. Demnach warteten heuer im März 9640 Menschen in 360 Quartieren in Oberösterreich auf den Abschluss ihres Asylverfahrens. Ihre Zahl ist im Jahresvergleich stark rückläufig. Im Jänner 2017 wurden noch 13.144 Asylwerber in Oberösterreich in 506 Quartieren versorgt. Mehr als 1000 Betreuungsplätze sind derzeit frei. „Falls die Zahlen wieder steigen, müssen wir darauf vorbereitet sein“, sagt Peter Nollet, Leiter der Grundversorgung in Oberösterreich.

Nachträgliche Integration

„Integrationsarbeit muss es aber auch für Gruppen geben, die bereits seit Jahrzehnten bei uns sind. Hier gibt es in manchen Bereichen Defizite“, sagt Anschober. In der Vergangenheit sei hier „vieles verabsäumt“ worden. Diese Missstände wolle das Integrationsressort nun „nachträglich korrigieren“. Als Beispiel nennt Anschober die Gruppe der Tschetschenen: „Wir müssen unsere Regeln klar kommunizieren und gleichzeitig offensive Integrationsarbeit machen. Errungenschaften wie die Gleichstellung von Mann und Frau sind bei uns nicht verhandelbar.

Video: Cesar Sampson begeistert empfangen