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Vom Glück und Leid des Herbsts

Von Roman Sandgruber, 25. Oktober 2014, 00:04 Uhr

Der Herbst ist die Zeit der Ernte. Das englische "harvest", das sich mit dem deutschen "Herbst" ja die sprachliche Wurzel teilt, bringt das klar zum Ausdruck.

Das Getreide und die Hackfrüchte sind eingebracht, die Weinlese ist abgeschlossen. Zeit, um Bilanz zu ziehen.

Eine gute Ernte ist Anlass zur Freude. Daher ist der Herbst die Zeit der Danksagung, vom Sukkot, dem jüdischen Laubhüttenfest, über die christlichen Erntedankfeste, die seit dem 3. Jahrhundert nach Christus belegt sind, und die Heiligenfeste Michaeli und Martini, die alte Zinstermine darstellen, bis zum "Thanksgiving Day", der in den USA als staatlicher Feiertag mit Truthahn und traditionellen Gerichten begangen wird.

Nun haben wir heuer ja durchgehend sehr gute Ernten, vom Getreide und Heu bis zum Obst, auch wenn das nicht überall Anlass zu ungetrübter Freude ist und nicht unbedingt höhere Gewinne für die Landwirte bedeuten muss. Denn meist fallen die Preise bei guten Ernten überproportional stark. Und wenn der Landwirtschaftsminister Äpfel an Prominente verteilt, um sie zu mehr Konsum zu ermuntern, bringt das dem Umsatz nicht viel.

Die Armen hingegen müssen ihre Früchte weiter um teures Geld kaufen. Denn bis zu den Konsumenten dringen solche Preiseinbrüche, die die Erzeuger drastisch verspüren, kaum durch. Und Äpfel oder sonstiges Gemüse an Bedürftige zu verschenken, dazu fehlen nicht nur die Möglichkeiten, sondern auch der Wille.

Der Herbst ist nicht nur die Zeit der Ernte, sondern auch des Abschieds und des Todes. Die enge Verwandtschaft des Wortstammes "Herbst" und "harvest" mit indogermanischen Sprachwurzeln, die schneiden und trennen ausdrücken, wurde von Sprachwissenschaftlern eingehend dargelegt. Natur und Sprache liefern dazu zahlreiche Bilder. Allerheiligen ist nicht zufällig ein Herbstfest.

Wenn wir heuer an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erinnern, so ist der Herbst der richtige Zeitpunkt. Im Oktober 1914 wurde den Menschen erstmals so richtig bewusst, welch schreckliche Opferzahlen dieser Krieg fordern würde. Ein Beispiel ist der Dichter Georg Trakl. Als junger Militärapotheker hatte er in der Schlacht bei Grodek, das später in der Presse als eine der "Todesgruben von Galizien" bezeichnet wurde, an die hundert Sterbende zu versorgen.

Sein letztes Gedicht, das unter dem Titel "Grodek" bekannt geworden ist, ist die wohl schwärzeste Herbstklage und Anitkriegsmahnung: "Am Abend tönen die herbstlichen Wälder / Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen … Alle Straßen münden in schwarze Verwesung." Georg Trakl starb am 3. November 1914.

O. Univ-Prof. Dr. Roman Sandgruber ist Vorstand des Instituts für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Linz

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