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Schönbrunns Schlossdiener

Von Jasmin Bürger, 10. September 2016, 00:04 Uhr
Schönbrunns Schlossdiener
Sattlecker hat Schloss Schönbrunn fest im Griff – und liefert ein Fotomotiv zum Nachmachen. Bild: OÖN / Johannes Zinner

Der Innviertler Franz Sattlecker führt seit 24 Jahren die Geschäfte von Schloss Schönbrunn, Wiens meistbesuchter Touristenattraktion – wie er über den zweiten Bildungsweg zum Verwalter von Sisis Erbe wurde.

S hould I take your picture?" Das junge Pärchen aus der Ukraine staunt nicht schlecht, als es erfährt, wer sich beim Neptunbrunnen mit Blick auf Schloss Schönbrunn spontan als Fotograf anbietet: Franz Sattlecker ist Hausherr des Weltkulturerbes, das unter Maria Theresia zur kaiserlichen Sommerresidenz ausgebaut wurde. Als Geschäftsführer der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft kümmert sich der Innviertler, der einst nach dem Handelsschulabschluss bei der Volksbank in Braunau anheuerte, seit bald 25 Jahren um die Erhaltung von Wiens Touristenattraktion Nummer eins.

"It’s so beautiful", loben die Touristen, die er beim Rundgang mit den OÖN überrascht. Worte, die Besucher in allen Sprachen millionenfach beim Anblick des imperialen Parks und der in Schönbrunner-Gelb strahlenden Schlossmauern finden: 3,6 Millionen Eintritte im Vorjahr waren Rekord. Dass die Kaiserresidenz im Westen Wiens ihren Glanz nicht verloren hat, ist Sattleckers Verdienst. Als er 1992 als kaufmännischer Geschäftsführer antrat, war die Gebäudestruktur "zum Teil in katastrophalem Zustand", sagt der in Schalchen Aufgewachsene. Im Namen der Republik, Eigentümer Schloss Schönbrunns, sollte er den Betrieb so gewinnbringend führen, dass sich die Renovierung selbst finanziert. Es ist gelungen.

Schönbrunns Schlossdiener
Restaurierungsarbeiten in der Großen Galerie Bild: OÖN / Johannes Zinner

Restaurierungsarbeiten in der Großen Galerie

Verkaufstalent

Nur die Hälfte des Jahresumsatzes kommt aus den Eintritten, Einnahmen aus Vermietung und Souvenirverkauf halten sich beim Rest die Waage. Letzteren musste Sattl-ecker einst erst ankurbeln: "Als ich angefangen habe, gab es im Hof ein kleines Kabäuschen, wo im Fenster nummerierte Postkarten hingen und man die gewünschte bestellen musste." Heute bietet ein moderner Shop kaiserliche Mitbringsel von Häferln bis Sisi-Schmuck.

Bis zu 9500 Besucher kamen zuletzt täglich, mehr geht kaum: "Es gibt kommerzielle Grenzen im Welterbe. Natürlich könnten wir noch mehr Menschen durchschleusen, aber aus Denkmalschutz- und Sicherheitsgründen gibt es ein Limit." Und die Menschen sollen den Besuch genießen können: "Das Schönste ist, wenn die Leute rausgehen und sagen, es war toll", sagt Sattlecker, seit 2012 Alleingeschäftsführer. Mundproganda ist seine beste Werbung, "Geld für große Plakatkampagnen im Ausland haben wir nicht", sagt er.

Schönbrunns Schlossdiener
Blick auf Gloriette und Neptunbrunnen Bild: Lois Lammerhuber

Österreichs Kaiser-Erbe ist dank Sisi auch so ein Tourismusmagnet. Sie und Franz Joseph residierten im 19. Jahrhundert zeitweise in Schönbrunn. Heute strömen die Massen durch das Toilettezimmer der Kaiserin, dem Kaiser ist zum 100. Todestag eine Sonderschau gewidmet. "Sehr rücksichtsvoll" gingen Touristen mit der Substanz um, sagt Sattlecker, nur im Park gab es einmal auffälligen Schwund: "Als wir die römische Ruine saniert haben, fehlten fast 40 Prozent der umliegenden Säulen und Teile."

Über Schönbrunns Geschichte weiß er viel zu erzählen – etwa, warum die Fenster im dritten Stock viel kleiner sind: "Maria Theresia ließ den Stock nachträglich einziehen, um Platz für ihre vielen Kinder zu schaffen, denn jedes hatte Anspruch auf fünf Zimmer." Nachteil der Erweiterung: die Raumhöhe von nur 2,2 Metern.

Gediegener lebt man in den 160 Mietwohnungen, die es heute noch im Areal gibt. Nicht-Schlossherren können temporär imperiales Ambiente genießen: Beliebt ist die Gloriette für noble Hochzeiten, Sportler freuen sich über elf Kilometer Laufrouten im Park. Auch Sattlecker zieht hier so manche Runde, oft joggt er nach Dienstschluss auch heim in den 18. Bezirk. "Ich habe vor 14 Jahren zu laufen begonnen, als ich mit dem Rauchen aufgehört habe, weil ich Angst hatte, zuzunehmen", sagt der drahtige 62-Jährige, der ein großer Musik-Fan ist. Von Klassik bis Jazz reicht sein Genuss-Repertoire, Pflichtprogramm ist jedes Jahr das Jazzfestival in Mattighofen (New York City Music Marathon). Die Innviertler Hügel durchfährt er gern mit dem Motorrad: "Letztens bin ich nach Maria Schmolln gekommen, da war ich 25 Jahre nicht, aber im Ort hat sich nix verändert. Ich hatte sofort das Gefühl: ,Da kennst dich aus’".

Schönbrunns Schlossdiener
2007 bekam er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik

2007 bekam er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik

Mit Stolz erfüllt ihn heute der Blick auf Schönbrunn: "Schon schön", sagt der laut Eigendefinition "Schlossdiener". Bescheiden ist sein Büro im Kavalierstrakt: ein kleiner Raum, immerhin mit Biedermeier-Möbeln aus dem Hofmobiliendepot – und mit Blick auf eine Burg: An der Wand hängt ein Gemälde von Edinburgh Castle.

Privates Glück in Wien

"Meine Frau ist Schottin", klärt er auf. Wien hat die Wege des Paares zusammengeführt: Mit 24 packte den Bankmitarbeiter noch akademischer Ehrgeiz. Die Bank bot einen Job in Wien samt Möglichkeit, die Matura nachzuholen. Zur selben Zeit kam Austauschstudentin Fay aus Schottland nach Wien, sie war Sattleckers Englischlehrerin an der Abendschule. Das Paar ist seit 22 Jahren verheiratet, die zwei Töchter studieren in Wien.

Sattlecker selbst widmete sich nach der Matura ganz dem Handelswissenschaften-Studium, es folgten ernüchternde Erfahrungen: "Ich dachte, Unternehmen sind begeistert, wenn einer erst später studiert hat, aber der Tenor war eher, ‘naja, in Ihrem Alter wird’s schwierig’". Ausweg war 1986 die Selbstständigkeit: Mit Partnern gründete er ein Kultur-Beratungsunternehmen, das mehrere Museumsshops erfolgreich aufbaute und betreute. Historisch und kulturell interessiert war Sattlecker schon immer.

Schönbrunns Schlossdiener
Sattlecker weiß über Schönbrunn viel zu erzählen. Bild: OÖN / Johannes Zinner

Sattlecker weiß über Schönbrunn viel zu erzählen.

Auch in Schönbrunn wollte er damals nur die Postkarten-Hütte revolutionieren, bewarb sich 1992 aber dann als Co-Geschäftsführer. "Ich dachte, fünf Jahre sind genug, dann mache ich etwas anderes."

Genug ist es nach 25 Jahren: Wenn Sattleckers fünf Mal verlängerter Vertrag nächstes Jahr ausläuft, muss sich die Republik einen neuen Schlossdiener suchen. Sattlecker wird den Schlosspark dann als Gast genießen – und sich wieder ans Radfahrverbot halten müssen. Dessen Missachtung erlaubt sich der Chef bisweilen.

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