Nach der Bluttat: Die Frage nach dem Warum
NUßDORF AM ATTERSEE. Eine Mutter tötet ihr Kind und die Umwelt verfällt in Schockstarre. Eine Momentaufnahme nach dem Familiendrama in Nußdorf am Attersee.
Eine ältere Dame spaziert gemütlich an der Einfahrt eines weißen Hauses mit der Adresse Reith 16, Nußdorf vorbei. Rechts einige schmucke Häuschen, links der nebelverhangene Attersee. Ein gewöhnlicher Samstag.
Für Oberösterreichs Schüler der erste Tag der Semesterferien. Für die Pensionistin ein normaler Tag. Sie will ein bisschen Frischluft. Ein bisschen Bewegung. Das Absperrband der Polizei sieht sie nicht. Sie lächelt freundlich.
Stunden zuvor hat sich hier, in dem kleinen Dörfchen, etwa 20 Einwohner, man würde es Kaff bezeichnen, ein Drama schlimmsten Ausmaßes ereignet. Eine Mutter tötete ihr Kind. Eine 38-Jährige, Alleinerziehende, bringt ihren neunjährigen Sohn in seinem Bett um. Danach will sie sich selbst das Leben nehmen. Der Versuch misslingt.
Die Lese-Oma von Paul
Warum? Warum hat sie das gemacht? Die Augen der Dame, sie heißt Helga K., füllen sich mit Tränen. "Der Paul war ein liebes Kind. Und ein guter Schüler. Ich war seine Lese-Oma", erzählt die Nußdorferin. Sie wird morgen Sonntag 77. Geburtstag feiern will sie nun nicht mehr.
"Es bricht mir das Herz. Der Pauli hat sich gestern noch an mich gelehnt. Und jetzt ist er nicht mehr?“ Helga K. kann ihre Trauer nicht verbergen. Fragt immer wieder nach dem Warum. Warum wurde der Bub umgebracht?
Diese Frage quälte vor fünf Jahren auch Reichenau im Mühlkreis, wo eine Mutter ihr Kind tötete. Eine Frau brachte ihren vierjährigen Sohn um. Die gesamte Gemeinde stand damals unter Schock.
Nußdorf trägt Trauer
Wie auch der Heimatort von Paul. Nußdorf am Attersee ist heute in einer Art Starre. Im Ortszentrum, an der Tankstelle, im zwei Kilometer entfernten Supermarkt. Die Menschen sind fassungslos, können nicht verstehen, warum eine Mutter ihren Sohn ermordet. Haben traurige Blicke, suchen nach Antworten.
Die gibt es heute nicht. Die Hintergründe des Familiendramas kennt die Öffentlichkeit nicht. Man will auch nicht darüber sprechen, höchstens hinter vorgehaltener Hand. Auch Helga K. will keine Spekulationen anstellen. Sie kann nur an den Buben denken. Der liebe Junge, der nicht mehr ist.
Albtraum endet nicht
Verurteilungen, Mutmaßungen, Gerüchte. Sie sind unangebracht. Besonders gegenüber der Oma des Kindes, der Tante, dem Onkel - gesamt - gegenüber allen Hinterbliebenen, die heute ihre schlimmsten Stunden durchlebten. Und für die der Albtraum nach dem morgigen Aufwachen nicht vorbei sein wird.
Aktualisiert am 19. Februar, 09:35 Uhr