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Mord oder Totschlag – das ist die Frage

Von Robert Stammler, 19. Juli 2016, 00:04 Uhr
Mord oder Totschlag – das ist die Frage
Mit einer Eisenstange hat Roland H. in Leonding seine Nachbarn auf offener Straße erschlagen. Seit gestern steht er in Linz wegen Mordes vor Gericht. Bild: VOLKER WEIHBOLD

LINZ. Roland H. bekennt sich schuldig - aber nicht wegen Mordes, sondern Totschlags Die Tochter der Opfer warf Zeugen vor, sich vor Prozess "abgesprochen" zu haben.

Wegen Mordes an seinen zwei Nachbarn muss sich der bisher unbescholtene Messtechniker und zweifache Vater Roland H. (42) aus Leonding vor dem Geschworenensenat verantworten. Die Tat gibt er zu, den Mord nicht. "Ich bekenne mich wegen Totschlags schuldig."

Der Liveticker vom ersten Prozesstag zum Nachlesen

Der strafrechtliche Unterschied zwischen Mord und Totschlag ist groß. Bei Mord drohen dem Angeklagten zehn bis 20 Jahre Haft oder lebenslang, bei Totschlag wären es nur fünf bis zehn Jahre.

Nur "aus den Augenwinkeln" konnte die Leondingerin Marlene A. das Massaker an den beiden Pensionisten Erich und Regina Z. am 13. Februar 2016 auf offener Straße in der Siedlung Berg beobachten. Und heute ist die Zeugin froh darüber, dass sie nicht noch mehr Details zu sehen bekam. Sie war auf ihrer Terrasse gerade mit Gartenarbeiten beschäftigt, als der Horror passierte.

Sie nahm wahr, wie der Angeklagte auf den 74-Jährigen sowie auf die 71 Jahre alte Frau einschlug, mit seinen Stahlkappenschuhen eintrat und dann nach einer Eisenstange griff, die im Boden einer angrenzenden Baustelle steckte. "Er hat die Stange mit beiden Händen gehalten und fest und ruckartig auf die beiden eingestochen", ergänzt der Ehemann der Zeugin.

Staatsanwalt Reinhard Steiner lässt den Geschworenen Kopien von den Tatort-Fotos der Kripo aushändigen. Das Rot der großen Blutlachen dominiert diese erschütternden Bilder. Der Angeklagte habe gezielt auf die Köpfe der Opfer eingestochen, sagt der Ankläger. "Ich habe aktiv versucht, diese Bilder aus meinem Kopf zu bekommen", gesteht Zeugin Marlene A. "Ich habe versucht, diesen Film in mir schwarzweiß zu halten."

Zur Schwarzweiß-Malerei neigt in seinem Eröffnungsplädoyer Strafverteidiger Andreas Mauhart. Der Messtechniker und seine Familie seien jahrelang von den "bösartigen" Senioren mit Ruhestörungsanzeigen und Behördenbeschwerden traktiert, ihre Kinder als "Krüppel" und "Missgeburten" beschimpft worden. Schließlich sei Roland H. "ausgerastet". Die Todesopfer seien "Sadisten" gewesen, sagt Mauhart. "Und Sadisten können die Schwächen anderer riechen." Das "schwächste Glied in der Kette", das sei die Frau von Roland H. gewesen.

"Wie in der Muppetshow"

Die Mutter eines achtjährigen, körperlich leicht behinderten Sohnes und einer fünfjährigen Tochter sei wegen der Anfeindungen durch die Nachbarn depressiv geworden. "Schau sie dir an, die blade Sau. Sie hätte am besten abtreiben sollen", sollen die Pensionisten nicht nur einmal in Richtung der Nachbarn gesagt haben, schildert Mauhart: "Es waren keine direkten Beschimpfungen. Sie waren wie die zwei Alten in der Muppetshow, die für die Nachbarn gut hörbar gekeppelt haben." Roland H.s Ehefrau wollte nach etwa zehn Jahren Nachbarschaftszwist wegziehen, sprach von Scheidung. "Das hat ihm den Boden unter den Füßen weggerissen." Daher sei sein Mandant "ausgerastet". Ein zweifacher Mord liegt für Mauhart trotzdem nicht vor. "Es war Totschlag, also ein Mord in einem heftigen und allgemein begreiflichen Affekt."

Dem widerspricht der Staatsanwalt. "Der Angeklagte wird hier zum Opfer gemacht." Es habe zwar einen Nachbarschaftskonflikt gegeben, dieser sei aber nicht so schlimm gewesen, wie der Angeklagte behaupte.

"Richtige Ungustln"

"Sie waren zwar richtige Ungustln, die man sich selbst nicht als Nachbarn wünscht", räumt der Staatsanwalt ein. Aber der Angeklagte habe sich an die Verbalinjurien gewöhnt. Der Wutausbruch sei den Drohungen seiner Frau geschuldet, sich scheiden zu lassen. Das sei eine "maßlose Überreaktion" gewesen. "Man kann der Tat kein sittliches Verständnis entgegenbringen", sagt Steiner.

"Haben Sie je gedacht, auszuziehen?", will die Richterin Petra Oberhuber von H. wissen. "Es war zwar schlimm. Aber für mich haben die Vorteile – ein Haus mit Garten in der Nähe meiner Arbeit – überwogen."

 

Die Richterin ermahnte das Publikum: „Ruhe bewahren“

Am Ende des ersten Prozesstages kam auch die Tochter (55) der beiden getöteten Pensionisten zu Wort. Ihr Opferanwalt Helmut Blum forderte den Ersatz der Begräbniskosten und Trauerschmerzensgeld in der Höhe von insgesamt knapp 53.650 Euro

Die als streitbare Juristin bekannte Hinterbliebene lebt auch auf dem Grundstück in Berg, allerdings im Haus ihrer Großeltern nebenan. Als Roland H. 1999 zunächst als lediger Mann alleine in das Nachbarhaus einzog, sei ihr der Messtechniker „von Anfang an eigenartig vorgekommen“, sagte die Zeugin. „Wir dachten, er hat ein gestörtes Verhältnis zu Frauen.“ An Wochenenden habe der Neue „über das ortsübliche Maß hinaus Lärm geschlagen“. Und er habe „baubehördlich nicht bewilligte Bauten“ errichtet, beispielsweise einen Funkmasten. Daher habe es eine Anzeige gegeben. „Ich glaub’, die Anzeige hab’ ich gemacht“, sagte die Juristin.

Daraufhin gab es Gelächter im Publikum. „Bitte Ruhe bewahren“, mahnte die Richterin. Den Nachbarn, die zahlreiche Beschimpfungen bestätigen, warf sie vor, „ein Naheverhältnis“ zum Angeklagten zu haben. „Ich gehe davon aus, dass es massive Absprachen gegeben hat.“

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