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Lösung in Traunkirchen: Osterhülle für den Zwei-Meter-Phallus

Von Edmund Brandner   13.April 2017

Nächste Episode in der Posse um den steinernen Zwei-Meter-Phallus in Traunkirchen: Dienstagabend griffen, wie berichtet, Bürgermeister Christoph Schragl (VP) und zwei Gemeinderäte vor laufender Kamera zum Werkzeug, um mit einer Plastikplane die Sicht auf das Riesenglied abzudecken.

Die Aktivisten gingen in der Dämmerung penibel vor: Um sich keine Klage von Jürgen Hesz, dem Besitzer der 1900 Jahre alten Skulptur, einzufangen, wurde ein Gartentor von der Abdeckung ausgenommen. Zum Abschluss gab es eine Flasche Bier für alle Helfer.

Das böse Erwachen kam gestern. Die Traunkirchner hatten übersehen, dass Hesz’ Grundstück über die Umzäunung hinausreicht. Der Sichtschutz war auf seinem Boden montiert worden, und der Antiquitätenhändler drohte mit einer Besitzstörungsklage. Um 9.15 Uhr wurden die Planen wieder abmontiert. Diesmal von Gemeindearbeitern.

Der Scherz mit dem Kondom

Was folgte, waren lange Telefonate zwischen dem Bürgermeister und dem Millionär. Danach beteuerten beide, dass sie einander sehr schätzen. "Herr Hesz hat mir versichert, dass er daran interessiert ist, einen Konsens zu finden", so Schragl. Hesz wiederum gab den ganzen Tag Interviews. Mit einem deutschen Reporter scherzte er: Er erzählte ihm, er habe zur Abdeckung des Phallus bereits ein Jutekondom in Auftrag gegeben – mit dem Aufdruck "Gelobt sei, was hart macht" (Friedrich Nietzsche).

Heute, Donnerstag, solle das Präservativ übergezogen werden. Der Journalist erkannte den Scherz nicht. (Vielleicht weil er ein Deutscher ist.) Im Internet verbreitete sich Minuten später die Nachricht vom Riesenkondom in Österreich.

In Wahrheit hält Hesz die ganze Aufregung für Bigotterie. "Auf der Fassade des Stephansdoms gibt es Darstellungen von einer Vulva und eines Penis", sagt er. "Fruchtbarkeitssymbole gibt es in allen Kulturen. Wer sich darüber aufregt, hat ein Problem."

Dennoch wolle er dazu beitragen, dass sich die Gemüter beruhigen. Heute wird er gemeinsam mit Schragl die Sicht auf den Zwei-Tonnen-Penis wieder verdecken. Angeblich mit Jutestoff.

 

Juristisch machtlos

Kann man Menschen daran hindern, ihre Grundstücke für sexuell anstößige Darstellungen zu benutzen und damit die Öffentlichkeit zu provozieren? Theoretisch ja. "Wer den öffentlichen Anstand verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung", heißt es im oö. Polizeistrafgesetz. Darunter versteht der Gesetzgeber ein Verhalten, das als "Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte" gesehen werden kann.

"Hätten keine Chance gehabt"

Praktisch ist die Sache allerdings schwierig. "Wir haben kurz überlegt, Herrn Hesz mit einer Klage zu drohen, aber meiner Meinung nach hätten wir damit keine Chance gehabt", sagt Gudrun Pixner, Traunkirchner Rechtsanwältin und juristische Beraterin von Bürgermeister Christoph Schragl. "Die Grenzen sind hier sehr fließend, vor allem aber reden wir hier ja von einem Kulturgegenstand. Kaum ein Richter würde ein hellenistisches Fruchtbarkeitssymbol als etwas Unanständiges bezeichnen."

Die Traunkirchner dachten deshalb auch darüber nach, mit dem Landschaftsschutzgesetz zu argumentieren. Der Phallus steht innerhalb einer 500-Meter-Linie vom Traunseeufer entfernt. Das Landschaftsbild unterliegt hier einem besonders strengen Schutz. Doch eine Statue im Vorgarten zerstört die Landschaft nicht. Nicht einmal, wenn es sich um einen Zwei-Tonnen-Penis handelt.

 

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18. April 2024