Linzer Akten-Affäre: Daten-Chaos, tatenlose Beamte und keine Kontrollen
LINZ. Kontrollamt kritisiert: "Fehlende Kontrolle" und Führungsdefizite im Magistrat, Bürgermeister Klaus Luger sei nur "unzureichend und beschwichtigend" informiert worden.
Wer hat Schuld daran, dass in der Abteilung für Verwaltungsstrafen im Linzer Magistrat über einen Zeitraum von fast sieben Jahren mehr als tausend Anzeigen unbearbeitet liegen geblieben und schlussendlich verjährt sind? Das Kontrollamt der Stadt Linz hat am Dienstag einen 217 Seiten starken Prüfbericht herausgegeben. Resümee: ein regelrechter Verwaltungskollaps bei den zuständigen behördlichen Stellen im Magistrat.
Die Ausgangslage: Von mehr als 23.300 Anzeigen, die von 2010 bis Mitte 2017 beim Magistrat einlangten, verjährten rund 2100 Akten: eine Quote von neun Prozent. Von diesen rund 2100 Akten gab es 1157 Fälle, bei denen die Beamten offenbar tatenlos blieben. Laut Kontrollamt war dabei "kein behördliches Handeln im ELAK (dem elektronischen Aktensystem des Magistrats, Anm.) dokumentiert". Am häufigsten verjährten Anzeigen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem ASVG, der Gewerbeordnung und dem Bundesstraßen-Mautgesetz.
Das Fazit des Kontrollamtes: Das "Eskalieren" der Akten-Affäre sei der "selbstredende Beweis für fehlendes Risikomanagement und internes Kontrollsystem". Die organisatorische, personelle und strategische Führung in der Abteilung weise "erhebliche Defizite" auf: "Jahrelang fehlende Organisations- und Personalanalyse", "Schwachstellen in der Arbeitsorganisation und im ELAK-Einsatz" werden kritisiert. Pikant: In Mitarbeitergesprächen seien zwar "jahrelang" die Probleme angesprochen und dokumentiert worden, passiert ist offenbar aber nichts.
Die Beamten hätten dabei ihre Vorgesetzten bis hinauf zu Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) "nur unzureichend und beschwichtigend" über die seit Jahren schwelenden Personalprobleme informiert, schreibt das Kontrollamt. Denn es sei laut Geschäftsordnung des Magistrats die Pflicht der Mitarbeiter, die Führungskräfte über Probleme zu informieren. Diese "proaktive Informationspolitik" sei nicht erfüllt worden. Ein Grund dafür sei, dass das Amt "zu keiner Zeit einen Überblick über Mengengerüst und die Struktur des Anzeigenaufkommens" gehabt habe.
Personal und Überstunden: Laut Kontrollamt bildete sich ab 2013 in der Abteilung ein signifikanter Rückstau von unerledigten Akten. In diesem Jahr häufte die fünf- bis siebenköpfige Abteilung (auch wegen Krankenständen) insgesamt 241 Abwesenheitstage (ohne Urlaub) an: deutlich mehr als im Magistrats-Durchschnitt (110 Tage). Das Personal umfasste aber von 2010 bis zum Jahr 2017 stets zwischen 5,3 und 5,75 Vollzeitäquivalenten: Bis zum Jahr 2017 sei von der Abteilung nie zusätzliches Personal angefordert worden.
Strafgelder falsch verbucht? Strafgelder, die laut dem Arbeitskräfte-Überlassungsgesetz (AÜG) dem AMS zufließen sollten, wurden laut Kontrollamt offenbar "irrtümlich" auf städtische Konten verbucht. Um wie viel Geld es dabei geht, ist unklar. Dieses Problem dürfte es aber auch noch bei anderen Gesetzesmaterien gegeben haben.
Ebenso brisant: Einnahmen, die an andere Stellen außerhalb des Magistrats weitergereicht werden müssen, sanken – während Strafgelder, die dem städtischen Haushalt zufließen, "leicht anstiegen". Diese Tatsache könnte die Justiz als Indiz für Willkür werten. Wie berichtet, ermittelt in der Affäre weiterhin die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Einer der sechs Verdächtigen ist Bürgermeister Luger. (staro/hip)
Akten-Affäre in Zahlen
Der Prüfbericht des Kontrollamtes zeigt die Ausmaße der Akten-Affäre im Linzer Magistrat.
23.363 Anzeigen gingen zwischen 2010 und Jahresmitte 2017 in der Abteilung Verwaltungsstrafen ein.
5461 Anzeigen wurden eingestellt. Das entspricht einem Anteil von 23 Prozent.
2153 der eingestellten Anzeigen waren verjährt. Das Kontrollamt geht davon aus, dass sich diese Zahl noch erhöhen wird, rechnet man die 3700 offenen Akten hinzu, die sich Mitte 2017 noch zur Bearbeitung in der zuständigen Abteilung befanden.
1157 Anzeigen verjährten, ohne dass die Behörde tätig geworden war.
Schadenshöhe: Auch rund zwei Jahre, nachdem Bürgermeister Klaus Luger erstmals über Missstände in der Abteilung informiert worden war, lässt sich der entstandene Schaden nicht beziffern.
Chronologie
Aufgeflogen ist die Akten-Affäre im Linzer Magistrat durch eine Anzeige der oberösterreichischen Finanzpolizei bei der Strafjustiz. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt seither.
Juni 2016: Die Finanzpolizei macht Bürgermeister Klaus Luger (SP) in einem Schreiben auf Probleme mit nicht erledigten Anzeigen und Verjährungen aufmerksam. „Werde mich umgehend der Sache annehmen“, schreibt der Stadtchef zurück. In der Folge beauftragt Luger seine Magistratsdirektorin mit der Prüfung der Vorwürfe.
Dezember 2016: Neuerlich meldet sich die Finanzpolizei beim Bürgermeister: Es gehe um deutlich mehr Verjährungsfälle als ursprünglich angenommen. Luger zeigt sich „ausgesprochen überrascht“.
Ende Mai 2017: Die Finanzpolizei erstattet Strafanzeige und spricht von „hunderten Fällen, die nicht bearbeitet wurden“. Laut Magistrat entsprechen diese Angaben aber „nicht der Realität“. Luger beauftragt das städtische Kontrollamt mit einer „vertieften Prüfung“.
22. Mai 2018;: Das städtische Kontrollamt übermittelt seinen Prüfbericht. Für heute, Mittwoch, ist eine Sondersitzung des Stadtsenats dazu vorgesehen.
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Sie Swap Partei lässt grüßen 🤮
Das ist noch die alte Unkultur aus Dobuschs Zeiten, wer Probleme berichtet, ist unten durch. Für Supersozis zählt nur die heile Welt!
Rote Misswirtschaft!
Vielleicht sollte man sich über die "Abwesenheitstage" einmal Gedanken machen: 241 Abwesenheitstage im Jahr 2013 - bei (angenommen) 6 Mitarbeitern sind das im Schnitt(!) 40 Tage - oder anders ausgerückt 8 Wochen!!!
Zusätzlich zum Urlaub!!!
Fällt da niemandem etwas auf???
Sind die Vorgesetzten "Teil des Systems"???
Ist eine Anstellung beim Linzer Magistrat gleichbedeutend mit Freiwilligkeit, ob man gerade Zeit und Lust hat zu arbeiten oder nicht???
Mich wundert jedenfalls nichts mehr, was man so über Linz liest (z.B. SWAP-Debakel, finanzielle Lage, Verkehrsprobleme u.s.w.)
ich habe es schon vor langer Zeit geschrieben :
in der heutige Internetzeit sollte es KEIN Problem sein , Kontrollen durzuführen .
ABER ES MUSS GETAN WERDEN !
Rote Verwaltung - typisch,
mit einer persönlichen Haftung gäbe es solche Misswirtschaft nicht !
äh... St. Wolfgang???
Zitat: Bürgermeister Klaus Luger sei nur "unzureichend und beschwichtigend" informiert worden.
Ich nehme an: Wenn jemand Klartext geredet hätte, dass man an Stelle von Kaputtsparen von Personalstellen begrenzt Mehrbedarf hat, wäre dieser "jemand" vermutlich verbal ungespitzt in den Boden gerammt und "entsorgt" worden.
Und Luger wischt sich ab....
Da sind aber einige am Werk die die nötige Qualifikation für diese Jobs nicht haben. Kann auch sein dass die überbezahlt sind.