Hintergrund: Bis zu zwei Jahren Haftstrafe für fahrlässige Körperverletzung

27.August 2010

Welche strafrechtlichen Konsequenzen könnte es für jenen Pensionisten geben, der aus Angst vor Einbrechern irrtümlich auf einen Verwandten geschossen haben soll? „So wie es derzeit aussieht, ist ein ungezielter Schuss, quasi als Warnung in die Finsternis abgegeben worden“, sagt Alois Birklbauer, Professor am Institut für Strafrecht an der Linzer Uni.

Eine Notwehrsituation komme nicht in Frage, da es keinen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Angriff auf den Pensionisten oder dessen Eigentum gab.

Hinterfragt werden könne, ob der Pensionist eventuell glaubte, konkret und unmittelbar durch Einbrecher bedroht zu werden, was strafrechtlich als Putativnotwehrsituation gewertet werden könne, sagt Birklbauer. „Wenn jemand in so einer Situation, in der er keinen Angreifer wahrnehmen kann, bloß einen Schreckschuss abgibt, um einen anderen zu verscheuchen, liegt auch keine irrtümlich angenommene Notwehrsituation vor“, sagt der Professor.

Zu prüfen bleibe daher die Strafbarkeit einer fahrlässigen Körperverletzung, die ein solcher Warnschuss zur Folge habe. „Einen bedingten Vorsatz, jemanden zu verletzen, würde ich hier bei der Warnschussabgabe nicht unterstellen“, sagt Birklbauer. Da es aber doch ein Schuss in die Finsternis gewesen sei, sei von einer fahrlässigen Körperverletzung unter besonders gefährliche Verhältnissen auszugehen. „Einfach blind vom Balkon zu schießen, zeugt schon von besonders gefährlichen Verhältnissen.“ Erweise sich die Körperverletzung noch als schwer, sei der Paragraf 88 Absatz vier, zweiter Fall zu prüfen. Der Strafrahmen beträgt bis zu zwei Jahren Haft. (staro)