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Göschls Vater: „Gerfried gnadenlos positiv“

Von Helmut Atteneder, 07. April 2012, 00:04 Uhr
„Gerfried war gnadenlos positiv“
Gerfried Göschl starb auf dem Hidden Peak. Am 12. April findet in Ardning ein Gedenkgottesdienst in statt. Bild: att, göschl

Gerfried Göschl ist seit 8. März am Hidden Peak (8080 Meter) verschollen. Sein Vater und sein Bruder erinnern sich.

OÖNachrichten: Herr Göschl, Ihr Sohn wird für immer am Hidden Peak bleiben. Haben Sie seinen Tod schon begriffen?

Rainer Göschl: Wenn du 72 Jahre bist und ein Leben in den Bergen geführt hast, hast du manchmal Glück gebraucht. Gerfried war von allem begünstigt für diese Aufgabe: geistige, körperliche und organisatorische Fähigkeiten, die nur wenige Menschen haben. In meinen Augen hat er halt einmal ein Pech gehabt. Wolfgang Göschl: Bis jetzt hat es immer die anderen erwischt. Wir haben das oft genug mitgemacht. Wenn ich die vergangenen 25 Jahre hochrechne, komme ich mindestens auf einen pro Jahr.

OÖNachrichten: Jetzt ist es der eigene Sohn, der Bruder. Das ist etwas anderes.

Rainer Göschl: Es grenzt an Realitätsverlust, was ich derzeit betreibe. Ich weiß objektiv, es ist vorbei. Aber vom Gefühl her ist er da. Nicht so, wie du jetzt vor mir sitzt. Aber er ist da. Ich weiß nicht, ist das ein normaler Zustand, oder ist es ein Schutz.

OÖNachrichten: Ist er noch da, weil Sie sich nicht verabschieden konnten?

Rainer Göschl: Dazu sind wir schon an zu vielen Toten vorbeigegangen. Es ist für mich bedeutungslos, ob er da liegt, oder dort im Eis.

OÖNachrichten: Sie haben zu dritt extreme Bergtouren gemacht. Sie haben als Vater Ihre Söhne in die Berge geführt. Bereuen Sie das jetzt?

Rainer Göschl: Ich habe sie nicht bewusst in die Berge geführt. Ich war früher nicht geeignet für eine dauerhafte Bindung, weil ich extremst nur bergsteigen wollte. Ich war auch nicht bereit, mein Tempo an die Buam anzupassen. Die mussten heranwachsen an mich. Sie mussten nicht mitgehen, sie wollten es.

OÖNachrichten: Was war das Faszinierende am Vater, dem Bergsteiger?

Wolfgang Göschl: Wir hatten nie eine klassische Vater-Sohn-Beziehung. Wir waren Bergkameraden. Wir kennen das nicht anders. Der Vater sieht das auch so.

OÖNachrichten: Wie erklären Sie einem Außenstehenden diese Lebensart?

Rainer Göschl: Du kannst einem Normalsterblichen das Extrembergsteigen nicht erklären. Der sagt, die sind ja deppert! Für denjenigen, der es macht, ist es die Möglichkeit einer Verwirklichung, die ein anderer nie hat. Es ist einfach gut fürs Leben. Sich Ziele setzen, umsetzen. Mit der ganzen Konsequenz. Der Gerfried war ein Stratege, dem das eigentlich nicht hätte passieren können. Wolfgang Göschl: Mit Hättiwari fangen wir jetzt auch nichts an.

OÖNachrichten: Gerfried Göschl wollte als erster Mensch den Hidden Peak im Winter überschreiten. Warum ist er zu weit gegangen?

Rainer Göschl: Er wollte einen Zentimeter weiter, als bisher einer war. Wenn es nicht einzelne Menschen gäbe, die immer wieder Grenzen verschieben – körperlich, geistig, wissenschaftlich – dann wären wir noch immer in der Höhle und würden nicht da bei einem Bier sitzen. Was all die Entdecker gegen den Zeitgeist machen mussten, was sie sich anhören mussten ... Einzelne haben etwas weitergebracht. Gerfried war einer von ihnen.

OÖNachrichten: Sie sind stolz darauf, was er getan hat, auch wenn er scheiterte.

Rainer Göschl: Nicht stolz. A Freud!

OÖNachrichten: Gerfried war verheiratet, hat zwei Töchter, auch Sie haben Familie. Wie leben jene in Ihrer Familie, die Ihre Expeditionen mit Hoffen und Bangen, jetzt mit dem Tod, begleiten müssen?

Rainer Göschl: Meine Frau hat immer mitgelitten. Es gab Auseinandersetzungen, aber es war Teil meines Lebens. Ich stand einmal kurz vor einer Everest-Expedition, als sie schwanger wurde. Ich bin trotzdem gegangen. Meine Frau hat mit Heike, Gerfrieds Frau, mitgefiebert. Da kommen natürlich Vorwürfe.

OÖNachrichten: Wie ist die Stimmung in Hall, in Liezen?

Rainer Göschl: Es geht eine Erschütterung durch die Orte, das hältst du nicht aus. Wolfgang Göschl: Gerfried war ein sehr sozialer Mensch. Sehr mitteilsam, mitreißend. Da hatte er eine Gabe. Er war gnadenlos positiv. Ich war im Karakorum, bin ihm nachgeflogen, als er abgängig war. Ich musste wissen, was passiert ist. Gerfrieds Dirndln sind zwei und sechs Jahre alt. Was ist, wenn die einmal fragen? Was war denn da? Da muss ich vernünftig antworten können. Das hat viel Kraft gekostet und mich so beschäftigt, dass ich für eine normale Trauerarbeit nicht die Zeit gefunden habe.

OÖNachrichten: Was haben Sie herausgefunden?

Wolfgang Göschl: Meines Erachtens waren Gerfried und seine beiden Kameraden schon in der ersten Nacht tot. Kälte und Sturm. Ein paar Stunden vorher tobte über dem Gipfelbereich des Hidden Peak ein Sturm mit 235 km/h.

OÖNachrichten: Was haben Sie zu Ihrem Sohn zum Abschied gesagt?

Rainer Göschl: Pfiat di! Man macht kein Drama draus. Ich hatte am 29. Februar Geburtstag. Er hat mich angerufen. „Passt alles bei uns, Vater. Wir kommen bald heim. Alles Gute.“

OÖNachrichten:  Gerfried Göschl nannte sich einen besonnenen Bergsteiger. Zitat: Ich gehe nicht zum Sterben in die Berg. Sein Tod, eine Ironie des Schicksals?

Rainer Göschl: Unsere Familienphilosophie ist immer gewesen: Bergsteigen zahlt sich nicht aus wegen einem gefrorenen Finger. Wenn du Pech hast, dann geht’s halt nimmer.

 

Gerfried Göschl, Extrembergsteiger

Familie: Gerfried Göschl aus Liezen starb zwischen 8. und 9. März mit 39 Jahren auf dem Hidden Peak. Seine Frau Heike und seine beiden Töchter trauern, ebenso seine Eltern und zwei Brüder. Göschl war Profibergsteiger und hat mehrere 8000er bestiegen, auch mit seinem Bruder Wolfgang. Göschls Ziel waren Winter-Erstbesteigungen und neue Routen auf die höchsten Berge.

Mission: Rainer Göschl und seine Söhne haben im Karakorum-Gebiet in Pakistan viele Freundschaften gepflegt. Als Pakistan im Jahr 2005 von einem schweren Erdbeben heimgesucht wurde, initiierten die Göschls eine Hilfsaktion. Mehr als 120.000 Euro kamen zusammen, damit wurde unter anderem eine Schule gebaut und die Menschen mit dem Nötigsten versorgt.

 

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3  Kommentare
3  Kommentare
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jago (57.723 Kommentare)
am 07.04.2012 21:57

Reporter Atteneder nichts anfangen. Die meisten Fragen finde ich inquisitorisch und präpotent.

Aber mein "Finden" ist viel zu unprofessionell, um das Posting für den Maßstab für andere Leser zu halten.

Ich habe einen Freund, der auch extrem in die Berge steigt. Ich würde mich nicht trauen, ihn so insistierend anzupflaumen.

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( Kommentare)
am 07.04.2012 22:29

Ich wünsche der Familie Göschl alles, alles Gute und viel Kraft um diesen Schicksalsschlag hinnehmen zu können.
Ich trauere mit!

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( Kommentare)
am 10.04.2012 09:07

Also ich finde das Interview von Hr. Atteneder höchst pietätsvoll (mit Respekt und Ehrfurcht) geführt.

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