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Geisterfahrer-Unfall: Erschütternde Szenen auf der A1

Von Alfons Krieglsteiner   31.Juli 2014

Als die Notarztteams gestern gegen 3 Uhr früh den Kampf um das Leben seiner beiden Kinder aufgeben mussten, beugte sich ihr Vater (47) über sie und küsste sie ein letztes Mal. "Er war unglaublich stark", sagt Paul Reinthaler (53), Rettungskommandant von Linz. Auch für ihn war es gestern einer der belastendsten Einsätze seines Lebens: Eine Neunjährige und ihr 20-jähriger Bruder starben, als ein alkoholisierter Geisterfahrer gegen 2.30 Uhr auf der A1 bei Allhaming mit seinem MiniVan den Wagen der aus dem Kosovo stammenden Familie gerammt hatte.

Der Unfallverursacher ist ein 54-jähriger Landwirt aus Laakirchen. Mit 1,4 Promille Alkohol im Blut übersah er auf dem Heimweg die Ausfahrt Sattledt, machte auf der Richtungsfahrbahn Wien einfach kehrt und wollte Richtung Salzburg zurückfahren. Kurz darauf ging bei der Polizei der erste Notruf ein: "Geisterfahrer auf der A1 bei Allhaming!" Um die Zeit waren zwei Familien aus dem Kosovo unterwegs von ihrem Wohnort in Wehr (Baden-Württemberg) zum Heimaturlaub: am Steuer des vorderen Wagens der Vater, neben ihm sein Sohn, im Fond die Mutter (39) und die kleine Tochter.

Großeinsatz der Rettungskräfte

Zwei Minuten nach dem Notruf kam es zu dem Unfall. "Der Wagen des 54-Jährigen hat das entgegenkommende Fahrzeug im Frontbereich und auf der ganzen rechten Seite erfasst", sagt Klaus Scherleitner von der Landesverkehrsabteilung. Trümmer flogen durch die Luft, beschädigten vier weitere Fahrzeuge. Hundert Meter weit wurden die Wracks auseinandergeschleudert, dann blieben sie unter der Leitschiene stecken.

Binnen Minuten trafen die Einsatzkräfte ein: sieben Rettungsteams, zwei Notärzte, 19 Kameraden der Feuerwehr Sattledt unter Kommandant Gerald Lindinger, drei Streifen der Autobahnpolizei Haid.

Sie wurden Zeugen erschütternder Szenen: schreiende Angehörige, die um die auf der Fahrbahn liegenden Kinder knieten und im Schutz eines Decken-Paravents den Todeskampf miterleben mussten. Alle Reanimationsversuche blieben erfolglos, die Neunjährige dürfte einen Genickbruch erlitten haben, ihr Bruder starb an schwersten inneren Verletzungen.

Der Geisterfahrer kam mit gebrochener Hand und Schnittwunden davon. Mit Kopfverband saß er nach der Erstversorgung apathisch im Tragsessel, versteckt hinter Rettungsautos. Er wurde ins AKH Linz gebracht. Der Führerschein wurde ihm abgenommen, ihn erwartet eine Anzeige wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen. Ihm drohen bis zu drei Jahre Haft. Die schwer verletzte Mutter und ihr leicht verletzter Gatte werden im Klinikum Wels vom Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes betreut, auch zahlreiche Einsatzkräfte mussten psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Die Westautobahn war zwischen Sattledt und Allhaming in Fahrtrichtung Wien bis 6 Uhr gesperrt.

3 Fragen an Othmar Thann, Verkehrsjurist

Der 57-jährige Schwanenstädter ist Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Für ihn passt der Unfall-Lenker von Allhaming exakt ins Schema des „durchschnittlichen Geisterfahrers“.

1 Welche Bevölkerungsgruppe verursacht die meisten Geisterfahrer-Unfälle?
Laut unseren Studien ist der typische Geisterfahrer männlich und 40 bis 60 Jahre alt. Die Hälfte aller Geisterfahrer ist alkoholisiert.

2 Wie soll man sich bei einer Geisterfahrer-Warnung verhalten?
Als Grundregel gilt: Sofort Tempo drosseln, rechts fahren, großen Abstand zum Vordermann halten. Wenn möglich, bis zur Aufhebung der Warnung einen Parkplatz aufsuchen.

3 Haben die Geisterfahrer-Warntafeln mehr Sicherheit gebracht?
Warntafeln und deutliche Markierungen an den Auf- und Abfahrten sind gut, gegen menschlichen Leichtsinn aber machtlos.

Statistik

107 Menschen starben bundesweit seit 1987 bei Unfällen durch Geisterfahrer. Die Zahlen gehen zurück: 1998 gab es 12 Tote, 2009 zwei, 2013 waren es erneut zwei. Heuer waren noch keine Toten zu beklagen –bis zum Unfall gestern auf der A1.

363 Mal wurden im Vorjahr Autofahrer von der Ö3-Verkehrsredaktion vor Geisterfahrern gewarnt. Damit lag der Tagesschnitt erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1994 unter eins.

65 Mal wurde 2013 vor Geisterfahrern auf der Südautobahn gewarnt, 43 Mal auf der Westautobahn, elfmal auf der Mühlkreisautobahn.

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19. April 2024