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Flüchtlingselend

Von Roman Sandgruber, 13. Februar 2016, 00:04 Uhr
Flüchtlingselend
"Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde aufnehmen, Nackte bekleiden, Kranke versorgen, Gefangene befreien." Bild: APA/dpa/Kay Nietfeld

Flüchtling zu sein bedeutet, im Elend zu leben.

Die Bilder vom Flüchtlingselend sind allgegenwärtig, aus den bombardierten Städten und den riesigen Flüchtlingslagern des Nahen Ostens und von den Schiffspassagen, Grenzübergängen und überfüllten Lagern in Europa. Flüchtling zu sein bedeutet, im Elend zu leben.

Sprachgeschichtlich bedeutet Elend nichts anderes als Ausland. Das Wort heißt im Mittelhochdeutschen noch "ellilende, also "anderes Land", mit Betonung auf der vorletzten Silbe. Daraus wurde später Verbannung und ganz allgemein Not und Trübsal. Die "Elenden" sind diejenigen, die zu einem Dasein in der Fremde, zu einem Leben in einem anderen Land gezwungen sind. Aus dem Elend herauskommen heißt für die Flüchtlinge nicht nur, zu einem geregelten Einkommen, vielleicht sogar etwas Wohlstand zu kommen, sondern auch eine neue Geborgenheit und Heimat zu finden. Der Fremde wird als Gast empfangen.

Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Gast" ist "fremd". In dieser Bedeutung verwendete es noch Martin Luther in seiner Bibelübersetzung der Weltgerichtserzählung im Matthäusevangelium und der dort genannten sechs Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde aufnehmen, Nackte bekleiden, Kranke versorgen, Gefangene befreien. In der Luther-Übersetzung heißt es noch: "Ich bin Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt." In der Gastfreundschaft wie auch in der christlichen Botschaft der Nächstenliebe ist Freiwilligkeit ein zentrales Element. Der Lohn wird für das Jenseits versprochen. Christliche Hilfe basiert immer auf freiwilligen Entscheidungen und ohne erwartete Gegenleistung. Die Hilfsorganisationen und privaten Initiativen leisten dabei Großartiges. Aber die Größenordnung der notwendigen Hilfen kann die Freiwilligen überfordern. Gefährlich wird es, wenn die Dimensionen der Herausforderungen die innere Stabilität des Sozialsystems zu gefährden beginnen.

Auch internationale Hilfe basiert auf Freiwilligkeit. Denn dem Völkerrecht fehlt in entscheidenden Situationen das Instrument der Durchsetzbarkeit. Es versagt, wenn einzelne Beteiligte sehr mächtig sind oder sich weigern, mitzuwirken. Daher kann die Flüchtlingshilfe auch im gegenwärtigen Fall, wie der Koordinator der Bundesregierung Christian Konrad sehr genau erkannt hat, weder national noch international mit Quoten funktionieren, sondern sie basiert auf Freiwilligkeit, wobei durch begleitende Maßnahmen der öffentlichen Hand die Größenordnung der Flüchtlingszahlen soweit beschränkt wird, dass sie für die Einzelnen und die Hilfsorganisationen mit den vorhandenen Mitteln zu bewältigen sind.

 

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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