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Eine Mühlviertlerin digitalisiert Wien

Von Jasmin Bürger, 08. Oktober 2016, 00:04 Uhr
Eine Mühlviertlerin digitalisiert Wien
Ulrike Huemer in den Gängen des Wiener Rathauses Bild: OÖN / Johannes Zinner

Die gebürtige Freistädterin Ulrike Huemer ist seit 2014 oberste IT-Strategin der Stadt Wien. Sie ermöglicht den Wienern digitale Amtswege und arbeitet an der Weiterentwicklung der Bundeshauptstadt zur "Smart City".

Als Kind wollte sie Ärztin werden, studiert hat sie dann Jus, vom Anwaltsjob träumte sie aber nicht leidenschaftlich. Doch dass sie einmal im Wiener Rathaus die IT-Strategie der Bundeshauptstadt entwickeln würde, das hätte sich die in der 1500-Seelen-Gemeinde Reichenthal im Mühlviertel aufgewachsene Ulrike Huemer nicht einmal zu träumen gewagt. "Die Rahmenbedingungen haben nicht auf eine Karriere hingedeutet", sagt die gebürtige Freistädterin über sich.

Und doch hat die 39-Jährige eine hingelegt: Seit 2014 ist sie als Chief Information Officer (CIO) oberste IT-Strategin der Stadt Wien. Vom E-Government-Ausbau über die Verantwortung für das Intranet des Magistrats bis zur Entwicklung eines Masterplans für die "Smart City" Wien im Jahr 2050 reicht ihr Aufgabengebiet.

Eine Mühlviertlerin digitalisiert Wien
Die Wiener Magistratsbüros sind teils im Rathaus, teils, so wie Huemers, in Gehweite Bild: APA/ROLAND SCHLAGER

Die Wiener Magistratsbüros sind teils im Rathaus, teils, so wie Huemers, in Gehweite

"Wir schenken den Menschen Zeit", formuliert sie ihr Arbeitsmotto. Dass das digitale Amt – Stichwort E-Government – rund um die Uhr zur Verfügung steht, ist Huemers Verdienst, Datensicherheit einer ihrer Schwerpunkte. "Transparenz schafft Vertrauen", sagt sie. Die Bürger sollen stets wissen, was mit gesammelten Daten geschieht. Wer lieber offline mit dem Amt kommuniziert, "soll das auch können".

Große Hackerangriffe auf die Stadt "hat es noch nicht gegeben, unsere Systeme sind sehr dicht". Auch, weil Huemer regelmäßig Passwortwechsel vorschreibt, was nicht alle der rund 30.000 Magistratsmitarbeiter freut. "Lästig, aber wegen der hohen Sicherheitsstandards notwendig", sagt sie.

Exotin in der IT-Branche

Als Frau, noch dazu Juristin, ist sie im IT-Topjob Exotin. "Ich habe in den letzten zwei Jahren extrem viel gelernt", sagt die heuer mit einem "Top CIO Award" Ausgezeichnete.

Dass die Uhren im Rathaus manchmal langsam ticken, streitet sie nicht ab. "Ich bin ungeduldig, manches geht mir zu langsam, aber jede Veränderung braucht auch Zeit", sagt die Chefin von elf Mitarbeitern. Negative Erfahrungen in der männerdominierten Branche hat sie noch keine gemacht, aber "wenn bei Podiumsdiskussionen nur Männer sprechen, kritisiere ich das deutlich". Mit dem von ihr initiierten "digitalen Salon" will sie erfolgreiche Frauen in der IT-Branche vor den Vorhang holen. Zuletzt war Eveline Steinberger zu Gast, Geschäftsführerin der Energie-Consulting-Agentur Blue Minds und Frau von Kanzler Christian Kern.

Eine Mühlviertlerin digitalisiert Wien
Im Büro arbeitet Huemer auf einem Mini-Laptop, den sie auch überall hin mitnehmen kann Bild: OÖN / Johannes Zinner

Im Büro arbeitet Huemer auf einem Mini-Laptop, den sie auch überall hin mitnehmen kann

Huemers Netzwerk ist beeindruckend, sie sagt: "Meine Karriere war eigentlich Zufall, es gab immer wieder Weggabelungen, wo ich mich entschieden habe." Aufgewachsen ist sie in bescheidenen Verhältnissen: Der Vater war Hilfsarbeiter in einer Tischlerei, die Mutter hat neben der Erziehung der drei Töchter als Putzkraft gearbeitet. "Dass wir alle Matura oder Lehre machen konnten, war außergewöhnlich", sagt Huemer, ihr Studium noch mehr. Jus im nahen Linz wählte sie auch aus Kostengründen.

Erster Job, erster Zufall: "Ich bin bei der Diplomprüfung in Verwaltungsrecht durchgeflogen, das hat mich so geärgert, dass ich dann auch die Diplomarbeit in Verwaltungsrecht geschrieben habe", erzählt sie. Der Einsatz wurde mit einer Stelle als Studienassistentin bei Johannes Hengstschläger belohnt.

Geprägt durch Kreisky

Ihre Wurzeln haben Huemer auch politisch geprägt: "Ohne Kreisky, hätte es in Bad Leonfelden wahrscheinlich kein Gymnasium gegeben und keine Schulbuchaktion." Schon früh trat sie der SPÖ bei – als einzige in der Familie: "Ich bin das rote Schaf."

Die Eltern waren in der schwarzen Gemeinde verwurzelt, die Schwester brachte einen VP-Funktionär in die Familie: Huemers Schwager Josef Rathgeb ist Bürgermeister in Oberneukirchen. "Wir nehmen uns oft gegenseitig auf die Schaufel, es geht ja beiden Parteien nicht so prächtig."

2002 zog es Huemer "aus privaten Gründen" nach Villach, wo sie die Kärntner Städtebund-Landesgruppe leitete. Glücklich wurde sie in Villach nicht, also half sie dem Zufall auf die Sprünge: Als 2003 ein Anruf vom Städtebund in Wien mit einem Joboffert für ihre Vorgängerin kam, sagte sie: "Die Frau ist gut, aber mich können Sie auch haben."

Drei Wochen später war sie in Wien. "Ich habe niemanden gekannt und anfangs in einer Wohnung des Zuwandererfonds gewohnt." Rasch knüpfte die kommunikative Mühlviertlerin Kontakte ins Rathaus, war erst in der Finanzverwaltung, wechselte mit 32 an die Spitze der MA 6 (Rechnungs- und Abgabewesen) – als jüngste Abteilungsleiterin im Magistrat. Nun ist sie in der Magistratsdirektion. "Wäre an einer Weggabelung ein guter Job in der Privatwirtschaft gestanden, hätte ich den gemacht."

Eine Mühlviertlerin digitalisiert Wien
Um ihrem Hobby, dem Reiten nachzugehen, hat die Mühlviertlerin ein Mietpferd im Prater.

Um ihrem Hobby, dem Reiten nachzugehen, hat die Mühlviertlerin ein Mietpferd im Prater. 

Obwohl erst seit 13 Jahren in Wien, "fühle ich mich als Wienerin", sagt sie. Ihr Mühlviertler Akzent schlägt stärker durch, seit sie mit einem Oberösterreicher liiert ist: Namensvetter Walter Huemer, IT-Unternehmer, stammt aus Edt bei Lambach. Kinder hat Huemer nicht, aber "ich schließe es nicht aus". Ihre Freizeit verbringt sie mit Kultur (Theater, Klassik-Konzerte) oder in der Natur beim Reiten im Wiener Prater, aber auch in der Heimat.

Als CIO hat Huemer noch viel vor: Die Digitalisierung soll die Lebensqualität in der bald Zwei-Millionen-Metropole steigern und Ressourcen schonen: Vom Breitbandausbau bis zur E-Mobilität. Auch im Kleinen sollen die Wiener die "digitale Agenda" spüren. Jüngste Entwicklung: Die App "Sag’s Wien", mit der ab 2017 per Handyfoto von der kaputten Straßenlaterne bis zum fehlenden Radweg alles mobil ans Magistrat gemeldet werden kann.

Eine Mühlviertlerin digitalisiert Wien
Bei einer Präsentation der "digitalen Agenda" Bild: OÖN / Johannes Zinner

Bei einer Präsentation der "digitalen Agenda"

Manche meinen, hier werde dem Wiener Raunzertum eine Plattform eröffnet. Die "Wiener Seele", wie Huemer es umschreibt, ist auch ihr nicht fremd: Als leidenschaftliche Radfahrerin erlebt sie deren Abgründe bisweilen im Straßenverkehr: "Trotzdem liebe ich Wien."

 

Nachgefragt

Heimat ist für mich... das Mühlviertel

Heimweh nach Oberösterreich bekomme ich... wenn Druck und Stress groß sind

Das fehlt mir in Wien aus Oberösterreich... Mohnflesserl mit Salz

Mein Lieblingsplatz in Wien… der grüne Prater

Der größte Unterschied zwischen Wienern und Oberösterreichern... Wiener sagen "Guten Tag", Oberösterreicher "Grüß Gott"

 

 

 

48 Prozent ihrer Amtswege erledigen die Wiener schon digital, so eine Hochrechnung der Stadt. Betrachtet man nur die häufigsten Amtsvorgänge (unter anderem Kindergarten-, Gewerbe- oder Hundeanmeldung, Trau-terminreservierung, Parkpickerlbestellung) dann läuft sogar mehr als jeder zweite Behördenweg über das virtuelle Amt.

 

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1  Kommentar
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fossil (109 Kommentare)
am 19.10.2016 11:25

Finde ich interessant, dass eine studierte Juristin plötzlich IT-Chefin wird... politisch besetzter Posten? Vor allem im IT-Security-Bereich braucht man fundiertes IT-Wissen um entsprechende Bedrohungsszenarien erkennen und entsprechende Strategien entwicklen zu können - Qualifikationen, die man durch ein Studium der Rechtswissenschaften nicht erwirbt. Dazu müsste man Informatik/Wirtschaftsinformatik studieren.

Es kommt im öffentlichen, politisch beeinflussten, Bereich oft vor, dass Posten mit nicht fachlich qualifiziertem Personal besetzt werden und das dafür erforderliche Know-How dann bei externen Beratern teuer zugekauft wird.

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