Dieser Mann läuft ein Jahr lang täglich einen Marathon

Von Luise Walchshofer   10.Juli 2017

"Ich lümmle leidenschaftlich gerne auf dem Sofa herum", sagt Heinz Jürgen Ressar über sich selbst. Was aus seinem Munde wirklich überraschend klingt, denn seit Jahresbeginn läuft der 49-Jährige fast jeden Tag einen Marathon.

Ressar ist seit vielen Jahren Ultraläufer. Er hat 100-Kilometer-Läufe, 100-Stunden-Bewerbe und zahlreiche Ironmen bestritten. Aber nach der 24-Stunden-EM im Oktober 2016 war die Motivation weg. Er lief nicht mehr, bis ihn kurz vor Weihnachten seine Lebensgefährtin motivierte, wieder zu beginnen. Die Idee entstand, in 365 Tagen ebenso viele Marathons zu laufen.

"Ich muss aber nicht jeden Tag genau 42,195 Kilometer abspulen, manchmal sind es mehr, manchmal weniger", erklärt Ressar. Hauptsache, am Jahresende steht das 365-Fache der Marathondistanz auf dem Laufkonto, also 15.401,175 Kilometer. Derzeit absolviert der Schichtarbeiter in einer Papierfabrik fast täglich die volle Strecke: "Das entspricht ziemlich genau meinem Arbeitsweg von Ottensheim nach Traun und retour." Sein Schnitt ist 3:51 Stunden je Marathon.

Helden des Alltags

Oft läuft er nachts, auch seinem Privatleben und seiner Familie – seiner Lebensgefährtin und den zwei Kindern – zuliebe: "Ich möchte noch Zeit für andere Freizeitaktivitäten haben. Es soll sich nicht alles ums Laufen drehen."

Bei früheren Projekten wie 56 Marathons in 56 Tagen sammelte Ressar Spenden, zum Beispiel für herzkranke Kinder oder die Rückenmarksforschung. Diesmal nutzt er die Aufmerksamkeit, die sein Vorhaben erhält, um auf seiner Facebook-Seite "365 Marathon in 365 Tagen" Helden des Alltags vorzustellen: "Ich hatte Eltern von behinderten Kindern, Todkranke, Pfleger, einen Müllmann. Sie können von ihren Problemen erzählen oder um Spenden bitten, das überlasse ich ihnen", sagt Ressar.

Krebs besiegt

Wie es ist, wenn einem das Leben seine hässliche Seite zeigt, hat er selbst erlebt: 2006 wurde bei ihm ein Gehirntumor festgestellt. "Ich habe die Operation von mir weggeschoben, als ob sie harmlos wäre. Sogar als mir die Ärzte gesagt haben, dass er bösartig war, habe ich es weiterhin ignoriert. Vielleicht war das eine Art Schutzmechanismus."

Ressar überstand die Krankheit. "Man wird demütiger gegenüber der eigenen Gesundheit und lernt, ganz alltägliche Erlebnisse mehr zu schätzen", sagt er. Noch immer geht er oft in Spitäler, um kranke Kinder zu besuchen.

Stockerlplätze bei Bewerben sind für ihn keine Motivation mehr. "Aber dass man durch so etwas Einfaches wie durch die Gegend laufen anderen Menschen helfen kann, das spornt mich an."