Die Maibaum-Diebe sind unterwegs: "Auf keinen Fall die Polizei einschalten"
OBERÖSTERREICH. Woran man sich beim Maibaum-Stehlen halten muss - und wie eine Online-Karte dabei hilft.
Diebsbanden ziehen wieder durch Oberösterreich, der traditionelle Brauch des Maibaum-Stehlens steuert dem Höhepunkt zu. Speziell in der Landjugend hat dieser Brauch nichts an Spannung verloren.
"Das Auskundschaften möglicher Verstecke, das nächtliche Anpirschen an die Bewacher sowie der Nervenkitzel beim Stehlen selbst machen den großen Reiz aus", sagt Stefanie Schauer. Die 26-Jährige aus Taufkirchen an der Pram ist Geschäftsführerin der Landjugend Oberösterreich, sie war natürlich selbst schon dabei, als es hieß, still und heimlich einen Maibaum zu stehlen.
Die Organisation hat sogar eine eigene "Maibaum-Landkarte" entwickelt, im Internet können (fast) alle Orte abgerufen werden, in denen die Tradition hoch gehalten wird. "Diese Karte beinhaltet rund 200 Maibäume und Maibaumbräuche im ganzen Land und soll den Maibaumdieben als Hilfestellung dienen, wenn die Gepflogenheiten in anderen Regionen nicht oder wenig bekannt sind", sagt Schauer.
Wer dem uralten Brauch nachgeht, muss sich an Regeln halten:
Es gilt der Vertrauensgrundsatz: Die Gruppe, die einen Maibaum aufstellt, kann davon ausgehen, dass sich Maibaumdiebe an den jeweiligen Lokalbrauch halten. Diese lokalen Regeln sind quasi Gesetz, auch wenn sie nur mündlich überliefert und in einigen Punkten unterschiedlich sind.
Sorgfalt beim Stehlen: Beschädigungen von Tafeln, Kränzen oder anderem Zubehör sind zu vermeiden. Sollte dies doch der Fall sein, ist Ersatz zu leisten. Gestohlen werden darf nur der Maibaum und kein Zubehör. Auch das Zerstören des Baumes, etwa durch Zersägen des Stammes für den leichteren Abtransport, ist verboten.
Keine Polizei: Auf keinen Fall wird die Polizei eingeschaltet, Maibaumdiebstahl ist Brauchtum und unterliegt den jeweiligen Brauchtumsregeln. Außer natürlich, es kommt zu Gewaltaktionen oder Sachbeschädigungen.
Auslösen des Maibaumes: Entsprechend der Tradition wird der Baum mit Getränken und/oder einer zünftigen Jause für die erfolgreichen Diebe ausgelöst, wobei das Verhandlungsgeschick entscheidet.
Meinungsverschiedenheiten gütlich austragen: etwa in einem spaßigen Schauprozess, einem Versöhnungsessen oder gegenseitigen Besuchen.
Der Maibaum – ein Alter Brauch
Maibäume sind schon im 13. Jahrhundert urkundlich belegt. Die Symbolik ist vieldeutig: Vertreibung der bösen Geister, Lob und Rüge für die Mädchen im Dorfe und Ehrenbezeigung für die Honoratioren.
Doch ihre wirkliche Geschichte ist eine politische Geschichte. Der Maibaum war einst ein Hexenbaum. Bei den Hexenverfolgern des 17. Jahrhunderts, die überall und jederzeit, und besonders in der Walpurgisnacht vom 30. April zum 1. Mai, Hexen-Umtriebe vermuteten, fand der Maibaum besondere Förderung. Der Stamm des Baumes musste sorgfältig abgeschält sein, damit die „Hexen sich nicht unter der Rinde festsetzen“ können. Solcher Aberglauben war auch der Hauptgrund, dass das Maibaumsetzen von den Aufklärern des 18. Jahrhunderts oft verboten wurde.
In Linz war das Maibaumaufstellen seit 1733 untersagt. Die Amerikanische und die Französische Revolution brachten ein Neuerwachen des Maibaumkults als „Freiheitsbaum“.