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Der letzte Schliff für Sissis alte Brücke

Von Klaus Huber, 23. Mai 2015, 00:04 Uhr
Günter Kaltenecker haucht der Brücke neues Leben ein.    Bild: (Volker Weihbold)

Zwei Tage nach dem Ende des Weltkrieges wurde in Losenstein die Kaiserin-Elisabeth-Brücke gesprengt. Der Bildhauer Günter Kaltenecker ließ sie bergen und haucht ihr neues Leben ein.

Eine versenkte Brücke und ein morsches Gipfelkreuz – aus diesen Zutaten schafft der Bildhauer Günter Kaltenecker eine Monumentalskulptur für Losenstein.

Mit zwei Exponaten war er auf der Weltausstellung 2010 in Shanghai vertreten, nun werkt er seit Monaten an einer Monumentalskulptur für seine Heimatgemeinde Losenstein: Der Bildhauer Günter Kaltenecker, 61, gelernter Dreher, weiß mit Metall wie mit Holz gleichermaßen umzugehen. Vor seinem Haus grüßt den Besucher eine viereinhalb Meter hohe Skulptur aus dem Stamm einer Schwarzpappel. Nun wird er im Ennstal ein mehr als zehn Meter hohes, damit unübersehbares Zeichen setzen.

Die Materialien hat sich Günter Kaltenecker von ganz unten und von ganz oben besorgt, vom Grund des Flusses und vom „Steinernen Jäger“, einem Felssporn auf dem Schieferstein, in 1185 Meter Höhe. Es sind die Reste der 1945 gesprengten Kaiserin-Elisabeth-Brücke über die Enns und das morsch gewordene Holz eines Gipfelkreuzes. Daraus lässt der Künstler seine Skulptur „Alles lebt“ entstehen, die er mit einem Eröffnungsfest am 4. Juli seiner Gemeinde übergeben wird.

Die Skulptur nimmt Form an.  Bild: (Volker Weihbold)

Seit seiner Kindheit kannte Günter Kaltenecker die aus dem Fluss ragenden Metallstäbe und die im Fluss liegenden Eisenträger. Der Beruf seines Vaters – er war Alteisenhändler – ließ ihn wohl aufmerksamer hinschauen als andere Kinder. Jahrzehnte später, im Herbst 2014, stieg der begeisterte Sporttaucher in die Enns, um die seit 69 Jahren im Fluss liegenden Brückenteile zu sondieren und zu vermessen. Eine Idee war geboren. Am 9. Jänner dieses Jahres stauten die Ennskraftwerke das Wasser in den flussaufwärts liegenden Kraftwerken, um in Losenstein für extremes Niedrigwasser zu sorgen. Jetzt ließ Kaltenecker schweres Gerät auffahren und die seit Kriegsende drinnen liegende Brücke bergen. Zehn Tonnen Eisen kehrten an die Oberfläche zurück.

Schüler aus Losenstein halfen im Werkunterricht, Steine und Fremdkörper vom Metall zu entfernen. Kaltenecker selbst zerschnitt die riesigen Eisenträger mit einem Schweißbrenner und ließ alles per Tieflader nach Molln transportieren, zur Schmiede seines Freundes Hans Schmidberger. Dieser Metallkünstler, auch als Schmied historischer Waffen und Rüstungen bekannt, ist Mitglied der Burgspielgruppe Losenstein, deren Obmann Günter Kaltenecker war.

„Alles lebt“

Für die bereits skizzierte Skulptur, die daraus entstehen sollte, benötigte er jetzt noch passendes Holz aus der Region, Holz mit Geschichte. Während des Krieges hatten Soldaten aus Losenstein gelobt, sie würden auf dem Schieferstein ein Kreuz setzen, sollten sie gesund nach Hause kommen. Und sie hielten ihr Gelübde. Sieben Jahrzehnte später musste dieses Heimkehrerkreuz erneuert werden, denn das Holz war morsch geworden. Es sollte auf dem Berg verbrannt werden. Das war Günter Kalteneckers Chance: 20 Helfer trugen das alte, für den Künstler umso wertvollere Holz hinunter zu seinem Atelier links der Enns.

Die Brücke wurde geborgen.  Bild: (kaltenecker)

Nun fügt er alles zusammen, symbolträchtigen Versatzstücken der Nachkriegszeit gibt er eine Zukunft. Die Inschrift „Alles lebt“ wird zur freien Interpretation einladen, wenngleich der bodenständige Künstler auch seine eigene anbietet: „Veränderung ist stets eine Geburtsstunde für Hoffnung, Zuversicht und Glaube an die Zukunft. Aus bedrückenden Erinnerungen keimt Positives für ein friedvolles Leben.“ Diese Philosophie trägt sein Projekt. Da tritt selbst der Gedanke an die noch nicht zur Gänze gesicherte Finanzierung in den Hintergrund. Eine Schar unbezahlter Helfer, 50 Sponsoren und eine Bausteinaktion halfen ihm, seine Idee zu verwirklichen. Fehlt nur noch das Geld für eine dem Werk entsprechende Beleuchtung.
 

Die gesprengte Brücke

Zwei Tage nach dem offiziellen Kriegsende wurde Losenstein von einer gewaltigen Detonation erschüttert
Nach der Explosion am späten Abend des 10. Mai, Christi Himmelfahrt 1945, existierte die einzige Brücke über den Fluss nicht mehr. Auf einmal war der Ort geteilt, niemand konnte mehr die reißende Enns überqueren. Wer immer die Brücke in die Luft gejagt hatte, wollte die aus Osten anrückende Rote Armee daran hindern, weiter in Richtung Steyrtal vorzudringen. Rasch einigte man sich auf die Version, amerikanische Soldaten hätten die Brücke gesprengt. Niemand wollte diese Erklärung öffentlich anzweifeln. Noch heute fragen ältere Losensteiner nur: „Glaubst du das wirklich?“ Hatte nicht „jemand anderer“ ein bei weitem stärkeres Motiv, die Russen aufzuhalten?

Kaiserin-Elisabeth-Brücke
Die Brücke in Enns wurde gesprengt Bild: (Landesarchiv)

Von 6. bis 9. Mai hatte Losenstein eine unerwartete Invasion erlebt: Eine motorisierte deutsche Armee unter Generaloberst Lothar Rendulic, mit schweren Panzern und Flak-Geschützen, flüchtete aus der Steiermark die Enns entlang bis Losenstein. Sie überquerte die Brücke und zerstreute sich am linken Ufer in die Wälder, Berge und Gräben. Viele Soldaten warfen ihre Waffen in den Fluss und zündeten ihre Fahrzeuge an. 1400 Mann der Waffen-SS samt Genealstab waren dabei. Alle wollten lieber in amerikanische als russische Kriegsgefangenschaft geraten. Am 10. Mai um 21.30 Uhr wurde die Brücke gesprengt. Am 11. Mai kamen die Russen. Bis zum rechten Ennsufer.

Durch die Sprengung der Ennsbrücke wurde Losenstein in zwei Teile getrennt. Am linken Ufer standen die Amerikaner, am rechten die Russen. Das gesamte Ortsleben – Schule, Geschäft, Kirche, Friedhof ... – spielte sich am rechten Ufer ab. Aus Angst vor den Russen versuchten dennoch manche Menschen, auf die andere Seite zu gelangen. Sogar Holztüren wurden herausgerissen und wie Flöße als Schwimmhilfe verwendet. Das war nicht nur strengstens verboten, sondern ein lebensgefährliches Unterfangen in den Wasserstrudeln der noch ungezähmten Enns.

Der Losensteiner Pfarrer Dorner wollte sonntags in beiden Ortsteilen die Messe lesen. Daher wagte er mit Hilfe mutiger Burschen nach Einbruch der Dunkelheit die Überquerung der Enns mit einer Zille. Und wenn kein Boot zur Verfügung stand, so ist es überliefert, dann schwamm der sportliche Pfarrer über den Fluss, hielt im Gasthof Blasl die Heilige Messe und schwamm nach Mitternacht wieder zurück.
 

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