Der Regen – Fluch und Segen

Von (hip/kri)   14.Juni 2018

Am Dienstagabend spitzte sich die Unwetterlage auch in Oberösterreich zu. Tausend Kameraden von 102 Feuerwehren waren im Einsatz, um Keller und Unterführungen auszupumpen, Straßen freizulegen, Sturmschäden zu beseitigen. Dennoch hat Oberösterreich die Unwetternacht vergleichsweise glimpflich überstanden: "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen", sagte Eduard Paireder vom Landesfeuerwehrkommando.

"Wie aus Schaffeln" schüttete es in Schärding, St. Florian/Inn und Suben. "Dort gingen Dienstagabend in einer Stunde 98 Liter Regen pro Quadratmeter nieder", berichtet Gerald Lindner, der Leiter des Hydrografischen Dienstes des Landes: Großeinsatz für die Feuerwehren, die zahlreiche überflutete Keller und Garagen auspumpen und umgestürzte Bäume von den Straßen entfernen mussten. Weitere Hotspots des Unwettergeschehens waren Weitersfelden im Bezirk Freistadt (dort regnete es 80 Liter pro Quadratmeter), Haslach/Mühl, Vöcklabruck und Grieskirchen.

Transporter stürzte ab

Zu einem dramatischen Rettungseinsatz kam es in der Nacht auf Mittwoch in Dobersberg im Bezirk Waidhofen/Thaya. Ein unbeladener Holztransporter war von einer Brücke gestürzt. Der Lenker wurde dabei verletzt und in der Fahrerkabine eingeschlossen. Weil sich sein Gesundheitszustand verschlechterte, trugen Feuerwehrmänner eine Notärztin durch den Fluss zu dem Verletzten. Nachdem sie den Lenker versorgt hatte, wurde es aus dem Unfallwrack befreit und ins Spital gebracht.

In Otterthal (Bezirk Neunkirchen) rettete das Rote Kreuz Dienstagabend eine Mutter mit ihren beiden Kindern (12 und 6) aus den Fluten. Die Frau war von den Wassermassen in ihrem Pkw überrascht worden und konnte weder vor noch zurück. Zwei Sanitäter hatten die drei Eingeschlossenen zufällig auf einer Erkundungsfahrt entdeckt und sie aus ihrer misslichen Lage befreit. Aus einem überfluteten Bauernhaus in Otterthal wurden mehrere Bewohner "in letzter Sekunde gerettet", berichtet Feuerwehrsprecher Franz Resperger.

Auch in der Steiermark hat das Unwetter massive Schäden angerichtet. Mittwochvormittag waren noch mehr als 1000 Haushalte in der Oststeiermark ohne Strom. Zufahrtsstraßen zu mehreren Ortschaften waren durch umgestürzte Bäume blockiert. In Graz wurde ein 26 Jahre alter Rumäne im Stadtpark getötet, als er von einem unfallenden Baum getroffen wurde. 

 

Erleichterung in der Landwirtschaft groß

Für die Biolandwirte Sabine und Andreas Ettinger aus Kleinreith in Ohlsdorf (Bezirk Gmunden) ist der Dauerregen ein Grund zur Freude. „In den vergangenen Wochen hat uns der Regen nur gestreift, als es Dienstag- nachmittag dann richtig zu regnen begonnen hat, haben wir aufgeatmet.“

Die Trockenheit der vergangenen Wochen hat aber Spuren hinterlassen: „Bei dieser fast unnatürlichen Schönwetterperiode im Mai und im Juni macht man sich als Landwirt schon so seine Gedanken. Was ist, wenn sich das Klima wirklich weiter derart dramatisch verändern sollte?“, fragt Sabine Ettinger.

Auch im Eferdinger Becken ist der Regen für die Landwirte ein Grund zum Aufatmen. Manfred Schauer, Chef der ARGE „Eferdinger Landl-Erdäpfel“, ist erleichtert, dass es endlich regnet: „So ein Jahr wie heuer habe ich noch nie erlebt. Diese Trockenheit ist ein Irrsinn“, sagt er.

Um bis zu 30 Prozent wird sein Ertrag bei den Erdäpfeln heuer einbrechen, befürchtet Schauer. Daran kann auch der Regen jetzt nichts mehr ändern. Durch die Trockenheit haben sich weniger Knollen gebildet: „Das können wir jetzt nicht mehr aufholen“, sagt Schauer: „Es ist ein schwieriges Jahr für uns, aber keine komplette Katastrophe.“ Der Regen kam im Eferdinger Becken in letzter Minute. „Wäre es noch zwei Wochen lang derart trocken geblieben, wären die Auswirkungen fatal gewesen“, sagt Schauer.

„Ein Wachstumsschub“

Bescheidener war die Regenausbeute in Altenberg bei Linz. „Bei uns sind zwölf Liter pro Quadratmeter gefallen“, sagt Landwirt Thomas Leitner (28). „Alle drei, vier Tage bräuchten wir so einen Regen, dann könnte sich der Mais gut erholen.“ Doch auch zwölf Liter waren ein Segen: „Das gab ihm einen Wachstumsschub von bis zu 20 Zentimeter“, sagt Leitner: „Die Ernte sollte gerettet sein.“