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Der Kirchenschlaf

Von Roman Sandgruber, 07. April 2018, 00:04 Uhr
Der Kirchenschlaf
Auch das Kirchenoberhaupt ist beim Beten müdigkeitsanfällig. Bild: APA

Die Osterfeiertage sind vorüber. Wegen der Länge der liturgischen Feiern waren sie früher für die mehr oder weniger Gläubigen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung: das Abendmahl am Gründonnerstag, die Betstunden und Andachten am Karfreitag und Karsamstag, die lange Osternachtsfeier und die Messen am Ostersonntag und Ostermontag.

Nicht immer einfach, das alles mitzumachen, auch nicht für einen Papst. "Wenn ich beten gehe, schlafe ich manchmal ein", sagte der fast 82-jährige Franziskus unlängst dem italienischen Fernsehsender TV2000. Der französischen Heiligen Therese von Lisieux sei das auch passiert, meinte er.

Der Kirchenschlaf, sagt man, sei der beste Schlaf. Liselotte von der Pfalz, die Schwägerin des Sonnenkönigs Ludwig XIV., war für ihren sich über alle Konventionen hinwegsetzenden Lebensstil berühmt, und das auch in der Kirche: "Ich kann unmöglich predigen hören, ohne zu schlafen, und eine Predigt ist ein rechtes Opium für mich", schrieb sie 1693 in einem Brief. "Ich hatte einmal einen starken Husten und war drei Nächte gewesen ohne ein Aug zuzutun, da fiel mir ein, dass ich in der Kirche schlafe, sobald ich Predigten höre; ich fuhr daher in ein Kloster, wo man predigen sollte; die Nonnen fingen aber kaum zu singen an, da schlief ich ein und schlief die drei Stunden über, die das Officium währte."

Gott sieht das durchaus gnädig. Denn bereits in der Apostelgeschichte ist von einem Jüngling die Rede, der in einem Fenster sitzend einer langen Predigt des Apostels Paulus zuhörte, dabei einschlief und zu Tode hinunterstürzte. Der junge Mann konnte durch das wundertätige Eingreifen des Apostels wieder zum Leben erweckt werden.

In manchen Predigtlehren der Barockzeit, die ja für die Länge ihrer kirchlichen Andachten berühmt war, wurden die Geistlichen angehalten, mit den Zuhörern gnädig zu sein. Vor allem wurde empfohlen, den arbeitenden und ermüdeten Bauern anders und vor allem kürzer zu predigen als einem intellektuellen Publikum in der Stadt. Es seien auch Leichenpredigten möglichst einzuschränken, sei es doch "ein verdrießlich Ding bei solchen Gelegenheiten, wo ohne das alles gar langweilig zugehet, das Volk mit zu langen Predigten aufhalten zu wollen."

Der Kirchenschlaf ist heute nicht nur wegen der deutlich kürzeren Messen, sondern auch wegen der drastisch verringerten Zahl von Kirchgängern nahezu ausgestorben.

Ja, man beobachtet sogar Kirchgänger, die statt ins Gebetbuch verstohlen aufs Handy schielen. Dass sie dort nach der neuesten Twitter-Meldung des Papstes Ausschau halten, ist allerdings nicht anzunehmen.

 

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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