Christian Petz: Wirtshauskind, Haubenkoch, Wirt

Von Jasmin Bürger   13.Juni 2015

Meister Petz: Den Spitznamen hatte er schon in der Schulzeit. Geändert hat sich der Ton: Wenn Gourmetkritiker über Christian Petz’ mehrfach haubengekrönte Küche schreiben, klingt die oft zitierte Referenz an das Fabelwesen ehrfürchtig bis liebevoll.

So war es bei Petz’ Stationen in der Wiener Luxusgastronomie – drei Hauben erkochte er im „Meinl am Graben“, die vierte folgte im Palais Coburg – so ist es auch im ersten eigenen Lokal.

Seit Jänner rührt der 51-jährige Wirtshaussohn aus Grein an der Donau in einer eigenen Küche um, die mit Luxus wenig zu tun hat. Das „Gußhaus“ im vierten Bezirk, hinter der Karlskirche und gleich bei seiner Wohnung, hat er auf zehn Jahre gepachtet. „Petz im Gußhaus“ steht auf der schlichten Tafel am Eingang, die alte Schreibweise hat der Neo-Wirt behalten. Das Lokal hat Patina: der Stammtisch im vorderen Raum, ein Erdnussautomat auf der Schank, dem fensterlosen Gastraum verleihen weiße Tischtücher, frische Blumen und Wandbilder Charme.

„Fühle mich angekommen“

Petz hat gerade den Mittagstisch hinter sich, als er uns empfängt. Die Kochjacke, bestickt mit seinem Namen, ist schon fleckig. Unter einem Poster von Helmut Qualtinger am Stammtisch zündet er sich eine Zigarette an. „Ich fühle mich angekommen“, sagt er. Seine neue Küche ist eng, schmal und heiß: Am Herd köcheln Gerichte für den Abend, das Küchenteam werkt. 15 Mitarbeiter hat Petz insgesamt.

Die Frage nach seiner Küchenlinie ist ihm „die unliebste“. Petz lässt sich nicht gern schubladisieren, Trends will er höchstens setzen. Nebenbei war und ist er Berater verschiedener Gastro-Projekte, mit der Xocolat-Manufaktur versucht er sich in der Pralinenherstellung. Als Basis seiner Linie nennt er dann doch „österreichische und Wiener Küche“. Innereien stehen fast immer auf der Karte, Ausflüge ins Exotische runden das ab. Und nach Oberösterreich? „Rahmsuppe oder Grießknödel“, mache er gern, sagt Petz, der Dienstag bis Samstag von morgens bis spätabends im Wirtshaus steht.

Gasthaus Petz, Grein an der Donau
Mit Schwester Sylvia vor dem elterlichen Wirtshaus.  

So wie einst seine Eltern im Gasthof Strudengau. Die Mutter hat gekocht, der Vater war im Service, die vier Kinder – Petz hat zwei Brüder und eine Schwester – mussten helfen, wo es geht. Das hat „oft Spaß gemacht, oft aber auch nicht“, „manchmal wär’ ich lieber mit Freunden losgezogen“, erzählt Petz in oberösterreichisch-wienerischem Dialektmix.

Koch wollte er aber seit der Volksschule werden („Vielleicht ist mir auch nix Besseres eingefallen“), die Eltern schickten ihn an die Hotelfachschule Bad Ischl, er brach ab: „Ich war furchtbar faul und bin in der zweiten Klasse in Maschinschreiben hängengeblieben“. Dass „der Bua nix lernt“, hat die Eltern enttäuscht, der Stolz kam später.
Nach Kochlehre in Gastein und Praktikum im Kleinwalsertal ging es schnell aufwärts: Mit 27 war Petz, der den Gasthof der Eltern nie übernehmen wollte, Küchenchef im Hotel Post in Lech am Arlberg.

In Vorarlberg lernte er seine Frau kennen. Als der zweite Sohn unterwegs war, zog die Familie nach Wien: 1995 wurde der Jungvater Küchenchef im Palais Schwarzenberg, von wo er später ins Meinl am Graben wechselte. Die mittlerweile drei Söhne sind 23, 19 und 15 Jahre alt, sie leben bei der Mutter in Wien. Die Beziehung ist zerbrochen, zu seinen Jungs hält Petz Kontakt.

Kochen ist für ihn Leidenschaft und ständiges Lernen: „Wenn du ein bissl Ehrgeiz und Herz hast, gibt’s keine Minute, wo du dich in der Küche nicht fragst: Geht das besser, schneller, einfacher?“ Sogar bei kleinen Dingen: „Auch wenn ich die zehntausendste Zwiebel schneide, denk’ ich mir, das könnte noch besser gehen“.

Zu Petz’ Lehrern zählen Größen wie Eckart Witzigmann (Münchner „Aubergine“). Wer der beste Lehrer war, „kann“, wer der schlimmste „will ich nicht sagen“, feixt er. Dass es in der Luxusgastronomie bei extremem Druck nicht zimperlich zugeht, verhehlt er nicht. Ihm selbst wird ein autoritärer, emotionaler Führungsstil nachgesagt, stimmt das? „Das sagt man mir auch privat nach“, kommt ohne Umschweife. Seine Mitarbeiter würden „dafür ja bezahlt, privat muss mich meine Lebensgefährtin aushalten“. Das tut Seitenblicke-Redakteurin Alex Hesse seit sieben Jahren.

Dem Küchenteam vertraut der Perfektionist aber: Gerichte, „die ich drei-, viermal gekocht habe, die mache ich nicht mehr selbst, die koste ich nur“. Wenn die Gäste sagen „gut war’s“, ist Petz zufrieden.

Scheitern an Erdäpfeln

Geht auch beim Topkoch, dessen wichtigstes Werkzeug „ein gutes Messer“ ist, manchmal etwas schief? „Schon. Regelmäßig“, sagt Petz, „scheitere ich an Pommes soufflées“ – hauchdünn geschnittene, frittierte Kartoffeln. Auch Senf selber zu machen gelingt ihm nicht nach seinen Vorstellungen.

Restaurant Petz im Gusshaus, Wien

Zeit für Hobbys bleibt dem „Oberösterreicher im Herzen“, der nur noch selten in die Heimat kommt, kaum. Das Gefühl, etwas versäumt zu haben, hat er nicht, einen Jobwechsel aber auch schon überlegt: Kochlehrer wäre ein Thema, wäre da nicht „die Schulbürokratie“. Also eben jetzt Wirt. Wie im „Badeschiff“ am Donaukanal, wo Petz fernab von Haute Cuisine „zeigen wollte, dass man für wenig Geld gut essen kann“, soll das „Gußhaus“ leistbare Küche bieten. Das Abendmenü gibt es ab 38 Euro. „Ich weiß, dass auch das für viele viel Geld ist“, sagt der Wirt. Seine Ansprüche, keine Fertigprodukte, Fleisch aus tierfreundlicher Haltung, kosten. „Ein Mittagsmenü um 5,90 Euro wird’s bei mir nie geben.“

Seinen Spitznamen („Ein Kompliment“) hat Petz nun auch zum Markenzeichen erhoben: Das Gußhaus-Logo ziert ein Bär.

 

Heimat ist für mich …
...Mein Umfeld, die Menschen.

Heimweh nach Oberösterreich bekomme ich… 
...Wenn ich an einen Ausflug zum Mostbauern denke.

Mein Lieblingsplatz in Wien ... 
...Der Nußberg, wo der Wiener Wein wächst.

Das gibt es nur in Wien...
...Eine lebenswerte Großstadt mit vielfältigem Umfeld in unmittelbarer Umgebung.

Mostschädl oder Weana Bazi, das beschreibt mich eher...
...Wenn dann eher Mostschädl, auch wegen der mir nachgesagten Sturheit