Ausgedünnt und doch sehr lebendig
HALLSTATT. Reportage: Keine andere Gemeinde hat seit 2007 prozentuell mehr Einwohner verloren als Hallstatt, zu spüren ist davon im Ort nur wenig.
2007 hatte die Marktgemeinde Hallstatt 907 Einwohner. Zum 1. Jänner dieses Jahres waren es nur noch 774. Das ist ein Rückgang von 14,5 Prozent innerhalb von nur zehn Jahren. An keiner anderen Gemeinde in Oberösterreich zeigt sich die Landflucht drastischer (Mehr zum Thema Landflucht hier ).
Und doch ist Hallstatt kein Dorf, das auszusterben droht. Im Gegenteil: Wo andernorts Ortszentren leer stehen, Gasthäuser schließen und Nahversorger abziehen, ist in Hallstatt von alldem nichts zu spüren. "Die Situation ist skurril. Wir verlieren Einwohner und doch blüht unsere Gemeinde auf", sagt Bürgermeister Alexander Scheutz (SP).
Gasthäuser, Geschäfte und eine Tankstelle. All das findet sich in Hallstatt. Auch an Jugendlichen fehle es nicht. "Wir haben mehr als 500 Schüler in der HTL, davon 250 Burschen und Mädchen im Internat sowie weitere 90 in Privatquartieren untergebracht", sagt Scheutz. In der Einwohnerstatistik scheinen die Jugendlichen aber nicht auf. "Das ist unser Problem. Es gibt einen Wettbewerb um die Hauptwohnsitzer. Wenn unsere Jugendlichen studieren gehen, werden sie mit vergünstigten U-Bahn-Tickets und anderen Angeboten dazu getrieben, ihren Hauptwohnsitz zu verlegen", erklärt der Bürgermeister. Das treffe den Ort vor allem finanziell, denn die Bundesertragsanteile, die die Gemeinden erhalten, würden pro Kopf abgerechnet.
Bauen "Topografisch schwierig"
Freilich gebe es noch andere Gründe, warum Bewohner Hallstatt den Rücken kehren. "Es ist für die Menschen sehr aufwändig, Häuser zu erhalten, geschweige denn neue Häuser zu bauen", sagt Scheutz. Es sei für Lastwagen unmöglich, ins Ortszentrum zu fahren. "Baumaterialien werden häufig über den See herangeschafft." Ein bekanntes Seehotel hätte das aus der Luft mit einem Hubschrauber erledigt.
"Es ist bei uns einfach topografisch sehr schwierig", weiß der Bürgermeister. Und wenn sich doch jemand das Herz fasst, in Hallstatt zu bauen, müssten Pläne gleich in siebenfacher Ausfertigung eingereicht werden. "Das geht von der Wildbachverbauung bis zur UNESCO", sagt Scheutz. Viele würden deshalb beispielsweise im nahen Bad Goisern bauen, aber in Hallstatt arbeiten. "Wir haben mehr Menschen, die zum Arbeiten herfahren als hinaus- pendeln." Die große Triebfeder sei dabei der Tourismus. Man profitiere stark von den Tagesgästen. Alleine aus den sechs öffentlichen WC-Anlagen erlöse die Gemeinde jährlich Brutto-Einnahmen von 160.000 Euro. 60.000 Euro mache dagegen lediglich die Grundsteuer aus, die Kommunalsteuer immerhin 250.000 Euro.
Trotzdem schaffe es die Gemeinde derzeit nicht, ein ausgeglichenes Budget zu bestreiten. Was sich der Bürgermeister für die Zukunft wünscht. "Dass es nicht mehr ganz so schwierig wird, Flächen für Wohnbau umzuwidmen. Auch ein Bus sollte ins Ortszentrum fahren dürfen. "Das ist uns untersagt. Es sei zu gefährlich, weil zu viele Menschen auf der Straße gehen", sagt Scheutz.
Alexander Scheutz, Bürgermeister von Hallstatt (SP)
verstehe ich, wer will schon in einem Freilichtmuseum Wohnen noch dazu ohne Bezahlung