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Steyr: Wirtschaft mit Weltruf und großer Historie

Von Stefan Minichberger, 28. März 2015, 00:04 Uhr
Heute werden im BMW Werk Steyr mehr als eine Million Motoren jährlich erzeugt. Bild: BMW Werk Steyr

Weltkonzerne prägen heute das wirtschaftliche Leben der Stadt Steyr. Den Erfolg leitet der Standort aus der Geschichte und der gut ausgebildeten Mitarbeiter ab.

Josef Werndl wäre vermutlich zufrieden. Der Urvater des wirtschaftlichen Erfolgs der Stadt Steyr wandelte 1864 die elterliche Manufaktur in die "Josef und Franz Werndl & Comp. Waffenfabrik und Sägemühle" um. Diese Entscheidung bildete den Grundstein für die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Steyr. Werndl soll auch ein sozialer Wohltäter gewesen sein. Mit der Steyrer Schwimmschule schuf er 1874 für seine Mitarbeiter das erste Arbeiterfreibad Europas.

Was folgte, waren Kriege, kreative Ingenieure und Krisen. Doch der Wirtschaftsstandort Steyr hat sich trotz vieler Rückschläge bestens entwickelt. Weltkonzerne wie BMW, MAN, SKF und ZF haben sich über die Jahre angesiedelt. In ihrem Windschatten haben sich Klein- und Mittelbetriebe erfolgreich in Szene gesetzt. Auch die Steyrer Schwimmschule existiert noch. Sie feierte im vergangenen Jahr ihren 150. Geburtstag. Ja, Josef Werndl wäre ganz sicher stolz auf die wirtschaftliche Entwicklung seiner Stadt.

Technisch bestens ausgebildet

Doch was zeichnet den Standort Steyr aus, dass sich Weltkonzerne hier erfolgreich niederlassen? Einerseits ist es sicherlich das Know How der Steyrer Mitarbeiter, das sich über die Jahrzehnte gehalten und weiterentwickelt hat. Vom während der Steyr-Daimler-Puch-Ära aufgebauten Wissen profitieren die Stadt und Betriebe wie MAN, SKF und Magna, die die einzelnen Sparten der in der Verstaatlichten-Krise in Turbulenzen geratenen Steyr-Daimler-Puch AG gekauft hatten. Auch bei BMW trugen viele ehemalige Steyr-Werkler dazu bei, das Diesel-Entwicklungszentrum und das größte Motorenwerk des Konzerns in Steyr aufzubauen.

"In Steyr gibt es ein Potential an technisch bestens ausgebildeten Mitarbeitern, die woanders nicht zur Verfügung stehen", sagt Werner Freilinger. Der Steyrer Manager half vor vielen Jahren mit, das Steyrer BMW-Motorenwerk großzuziehen und ist heute Personalvorstand beim Wälzlagerhersteller SKF. 95 Prozent der Produktionsmitarbeiter seines Unternehmens sind Facharbeiter, 85 Prozent davon Metallfacharbeiter. Die Tradition in den metallverarbeitenden Berufen, verbunden mit den zielgerichteten Ausbildungsmöglichkeiten in der Stadt, mache den Standort so erfolgreich, sagt Freilinger. Vor allem die duale Ausbildung sei einzigartig und attraktiv zugleich. Dazu trägt maßgeblich die unternehmenseigene Lehrwerkstätte von MAN bei. Diese hat seit 1946 mehr als 6800 Facharbeiter ausgebildet und wird heute als überregionales Ausbildungszentrum auch von anderen Unternehmen der Region genutzt.

Ein weiterer Baustein ist die Höhere Technische Lehranstalt (HTL). "Sie hat in Steyr einen starken Bezug zur Industrie", sagt Freilinger. Das zeige sich auch darin, dass führende Mitarbeiter der großen Industriebetriebe regelmäßig praxisnah dort unterrichten. Ein Drittel der SKF-Mitarbeiter hat die HTL absolviert.

Innovation, Flexibilität und Geschwindigkeit seien die drei maßgeblichen Parameter bei SKF. "Belegschaftsvertretung und Management arbeiten gut zusammen. So können wir immer wieder in Modelle eintauchen, die uns die nötige Flexibilität bringen", berichtet der Personalchef. 1988 hatte der schwedische Konzern bei der Übernahme des Werks am Standort Steyr 600 Mitarbeiter. Innerhalb weniger Jahre kamen 300 weitere dazu. Heute beschäftigt SKF inklusive Leasingkräfte und Lehrlingen etwa 1000 Menschen.

Auch der bayerische BMW-Konzern hat die Vorzüge des Wirtschaftsstandorts Steyr schätzen gelernt. Seit 1979 hat der Global Player rund 5,8 Milliarden Euro in das Steyrer Werk investiert, in den vergangenen drei Jahren mehr als eine Milliarde Euro. Es ist heute das weltweit größte Motorenwerk des Konzerns und das konzernweite Dieselmotorenentwicklungszentrum.

"Der Wirtschaftsraum Steyr kann auf eine langjährige Tradition im automotiven Bereich und in der metallverarbeitenden Industrie zurückblicken. Dementsprechend hoch sind Know-how und Qualifikation der Menschen in der Region. Eine Stärke, die wesentlich zum Erfolg unseres Werkes beiträgt", sagt Gerhard Wölfel, Leiter des Steyrer Werks der BMW Group.

Von Steyr in die weite Welt

Früher war es die Steyr-Daimler-Puch AG. Heute sind es internationale Konzerne, die mit ihren Niederlassungen in Steyr Arbeitsplätze schaffen und ihre Produkte weit über die Landesgrenzen hinaus verkaufen. Neben BMW, MAN und SKF haben sich zahlreiche weitere global tätige Unternehmen in Steyr erfolgreich entwickelt. Die ZF Steyr Präzisionstechnik GmbH ist eine Nachfolgefirma der früheren Steyr Werke und gehört heute zur ZF Friedrichshafen AG, einem weltweit führenden Technologiekonzern in der Antriebs- und Fahrwerktechnik mit 113 Produktionsgesellschaften in 26 Ländern.

Auch die Steyr Motors GmbH entwickelte sich aus der Steyr-Daimler-Puch Gruppe und wurde im Jahr 2001 mittels eines Management-Buyouts der Motorensparte als komplett eigenständiges Unternehmen gegründet. Das Unternehmen ist ein innovativer Hersteller von Hochleistungsdieselmotoren für besonders anspruchsvolle Anwendungen. Es hat sich eine internationale Vorreiterrolle als Engineering-Spezialist erarbeitet. Die Exportquote beträgt 99 Prozent. Im September 2012 übernahm die chinesische Investorengruppe Phoenix Tree HSC Investment Co. Ltd. sämtliche Firmenanteile.

Das Steyrer Unternehmen AVL Commercial Driveline & Tractor Engineering GmbH entwickelt spitzentechnologische Lösungen rund um die Nutzfahrzeugtechnik. Neben den automotiven und metallverarbeitenden Unternehmen haben sich am Wirtschaftsstandort Steyr auch eine Reihe von Software-Firmen international einen Namen gemacht. Eine der Größten ist die systema Human Information Systems GmbH, die weltweit IT-Gesamtlösungen für Krankenhäuser entwickeln.

Internationale Erfahrung

Der Wirtschaftsstandort Steyr bildet nicht nur exzellente Techniker aus, sondern auch Manager, die bereits während ihres Studiums internationale Erfahrung sammeln.

Die Fachhochschule OÖ Campus Steyr ist auf das Thema Management fokussiert. „Die Lehre ist international ausgerichtet. Dazu arbeiten wir eng mit Unternehmen zusammen“, erklärt Dekanin Margarethe Überwimmer. Ein Studiengang, Global Sales und Marketing, wird zur Gänze in englischer Sprache abgehalten. Dazu ist in einigen Studiengängen ein einsemestriger Auslandsaufenthalt verpflichtend. „Es haben bei uns aber alle Studenten die Möglichkeiten, ins Ausland zu gehen“, sagt Überwimmer. Bei Projekt-, Bachelor- und Masterarbeiten in den Unternehmen lernen und forschen die Jung-Manager praxisnah. Auch am Campus selbst wird Internationalität gelebt. Derzeit studieren Fachhochschüler aus 39 Nationen in Steyr.

Auch Ferdinand Porsche arbeitete ein Jahr in Steyr

Der automotive Sektor hat in Steyr eine große Geschichte. Das erste Fahrzeug aus Steyr war das ab 1894 produzierte Waffenrad. Das erste Automobil verließ 1920 die Steyrer Fabrik. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs war es den Steyrern von den Siegermächten verboten worden, Waffen zu erzeugen. Die Werksleitung hatte schon gegen Ende des Krieges, als sich die Niederlage abgezeichnet hatte, darauf reagiert und Pläne für den Bau von Autos entwickelt. Das erste Resultat, der Steyr II, war ein Luxusauto mit Sechszylindermotor und 40 PS.

1927 wurde in Steyr das europaweit erste Fließband in der Automobilindustrie in Betrieb genommen. Die Menschen rissen sich darum, am Band mitzuarbeiten. Die Fahrzeuge, die in dieser Zeit vom Band liefen, konnten sich sehen lassen. Es waren Autos von höchster Qualität, die von den besten Konstrukteuren der Zeit, darunter Hans Ledwinka, Karl Jenschke und Erwin Komenda, entwickelt worden waren. Auch Ferdinand Porsche gehörte 1929 ein Jahr lang zur Mannschaft. Trotz aller Qualität blieben die Verkaufszahlen unter den Erwartungen, die Volkswirtschaft war in der Zwischenkriegszeit einfach zu schwach. Der Steyr 12 und das Steyr Baby, der Vorläufer des VW Käfer, schnitten mit 11.000 bzw. 13.000 verkauften Stück noch am besten ab.

Die Nazis erzeugten ab 1941 keine zivilen Fahrzeuge mehr und steckten alle Ressourcen in die Rüstung. Nach Kriegsende wurde 1946 die LKW-Produktion wieder aufgenommen. 1947 startete die Traktorenfertigung. Eigene PKW wurden nicht mehr gebaut, dennoch entwickelte sich die Steyr-Daimler-Puch AG zu einem Konzern mit breitem Portfolio.

Die Krise der Verstaatlichten-Industrie traf Steyr schwer. Der Standort verlor aber keineswegs an Attraktivität. MAN und SKF, die einzelne Sparten der Steyr-Werke gekauft hatten, haben ihre Standorte massiv ausgebaut. BMW betreibt in Steyr das weltweit größte Motorenwerk des Konzerns mit jährlich mehr als einer Million gefertigten Motoren.

 

 

 

 

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