Linzer Softwarefirma kontrolliert für United Airlines online Reisepässe
LINZ. Jumio, das zweite große Projekt des Welser IT-Unternehmers Daniel Mattes, wächst und gedeiht. Mit United Airlines wurde nun ein weiterer Großkunde an Land gezogen. Mittelfristig steht sogar ein Börsegang im Raum.
Nach dem millionenschweren Verkauf von Jajah an die spanische Telefonica wagte sich der Welser Daniel Mattes (siehe unten) an ein neues Projekt. Mit dem ehrgeizigen Ziel, das Bezahlen und die Identitätskontrolle im Internet zu revolutionieren, ging das Linzer Unternehmen 2010 an den Start.
Jetzt wurde mit United Airlines, der weltgrößten Fluggesellschaft, ein besonders dicker Fisch als Kunde gewonnen. Künftig können Reisende mit United auch bei internationalen Flügen online einchecken. Dazu muss nur der Pass vor einer Webcam vorgezeigt werden. Die Jumio-Software "Netverify" überprüft dann die Gültigkeit des Passes und in ein bis zwei Minuten wird der Boarding Pass per E-Mail zugestellt. "Das spart den Kunden Zeit, sie müssen nicht mehr zwei Stunden vorher zum Flughafen kommen", sagt der operative Geschäftsführer Thomas Kastenhofer. United sei der erste Kunde aus der Luftfahrtsbranche, soll aber bei weitem nicht der letzte bleiben.
Fast 400 verschiedene Arten von Ausweisen kann "Netverify" überprüfen, im Zweifelsfall gibt es im Hintergrund Dokumentenexperten, die Ausweise auch manuell prüfen. Der Verifizierung von Identitäten im Internet wird bei Jumio eine wichtige Rolle in der Zukunft zugeschrieben. "Es ist ein großes Thema, dass Unternehmen wissen wollen, mit wem Sie ein Geschäft abgeschlossen haben", sagt Kastenhofer.
60 Prozent in den USA
Etwa 60 Prozent des Geschäfts macht Jumio in den USA, wo man ein Büro in Palo Alto (Kalifornien) betreibt. In Europa wird mit "Netverify" vor allem die Gaming-Industrie bedient, Anbieter wie Bet365 oder Pokerstars gehören zu den Kunden. Künftig soll auch die Finanzindustrie ins Blickfeld genommen werden. Hier werde man sich aber erstmal auf die USA konzentrieren. In der EU sei das mit 28 verschiedenen Regelungen im Bankwesen schwierig.
Das Unternehmen, das derzeit inklusive Support-Abteilungen weltweit mehr als 300 Mitarbeiter beschäftigt (56 in Österreich), hat sich sogar schon Gedanken über einen Börsegang gemacht. "Das ist eine mögliche Exit-Strategie", sagt Kastenhofer. Verkaufsdruck verspüre man bei Jumio allerdings noch keinen, jetzt wolle man erstmal ordentlich wachsen. Im nächsten oder übernächsten Jahr könnte man sich diese Szenarien aber gut vorstellen. Wie man ein Startup so richtig lukrativ versilbert, wissen wohl wenige besser als Jumio-Gründer Mattes.
Jumio und sein Gründer
„Bill Gates der Alpen“ wird der Welser Daniel Mattes (41, Bild) bisweilen genannt. Mattes ist der Beweis dafür, dass auch in der beschaulichen österreichischen Gründerszene ein steiler Aufstieg möglich ist.
Sein erstes großes Projekt, den Internet-Telefondienst Jajah, hat er 2009 für 207 Millionen US-Dollar an den spanischen Telefonica-Konzern verkauft. Statt sich mit den Millionen zur Ruhe zu setzen, gründete Mattes 2010 sein nächstes Startup: Jumio. Von Linz aus will er mit seinem Bezahl- und Verifizierungsdienst erneut durchstarten. Das Silicon Valley glaubt an Mattes und seine Idee, Branchengrößen wie der Risikokapitalgeber Andreesen Horowitz oder Facebook-Mitgründer Eduardo Severin haben bereits bei Jumio investiert.
Entwickelt wird die Software großteils in Österreich, Jumio betreibt Büros in Linz und Wien. Darüber hinaus sind auch Mitarbeiter in Großbritannien und Kalifornien beschäftigt.