Lenzing erfindet "Seide aus Holz"
PARIS. Der Faserhersteller Lenzing AG forschte drei Jahre unter strengster Geheimhaltung und präsentiert nun ein Garn, das den Einstieg in einen völlig neuen Markt bieten soll. Am Stammsitz wird dafür in eine eigene Anlage investiert.
Drei Jahre wurde unter strengster Geheimhaltung geforscht und in den vergangenen Monaten mit Seidenwebereien in Japan und Italien getestet. Am Freitagabend wurde in Paris, der Stadt der Mode, das Ergebnis vorgestellt: Der Fasererzeuger Lenzing AG hat erstmals ein Endlosgarn auf Zellolosebasis erzeugt. Das sogenannte Filament ist Seide sehr ähnlich - und auch zum Mischen mit dem Edelstoff geeignet ist. Bei Lenzing spricht man von einem Meilenstein.
Für den Fasererzeuger, der bisher 38 Millimeter lange Stapelfasern auf Holzbasis erzeugt hat und an Spinnereien geliefert wurde, steigt mit der Endlos-Garn-Erzeugung in einen „völlig anderen Markt ein“, wie Vorstandschef Stefan Doboczky bei der einer exklusiven Präsentation im Pariser Palais de Tokyo vor 250 Gästen aus der Modewelt berichtet. Lenzing wendet sich nun an Strickereien und Webereien, die hochwertige Stoffe erzeugen.
Noble Präsentation vor 250 Gästen aus der Modewelt
Der Veranstaltungsort im Zentrum von Paris war in den Tagen davor einer der Orte, wo die großen Designer ihre jüngsten Haute Couture-Kollektionen vorgestellt haben. Und in diesen obersten Bereich der Mode will Lenzing mit seiner Entwicklung auch vordringen. Statt Tonnen von Fasern werden Einzelspulen mit einem Garn verkauft, das 100 Kilometer lang ist. „Wir wollen mit unserem Garn ins Luxussement der Modebranche vordringen“, so Doboczky. Tatsächlich greifen sich die ersten Musterstoffe angenehm seidig an. Wie andere holzbasierte Fasern ist das Produkt atmungsaktiv.
Bisher steht in Lenzing eine Pilotanlage, auf der die ersten Garne erzeugt wurden. Die industrielle Großanlage wird ebenfalls am Stammsitz des Unternehmens erzeugt werden, sagt Doboczky. Der Aufsichtsrat unter seinem Vorsitzenden Hanno Bästlein hat die Zustimmung bereits erteilt, die Grundsatzplanungen zu starten. Wann mit dem Bau begonnen wird, und wie groß die Anlage wird, das werde im Sommer 2018 entschieden. „Heute ist nicht der Tag über Investitionssummen zu sprechen“, sagt Doboczky am Freitagabend. Die neue Anlage werde neben der bisherigen Tencel-Anlage errichtet und „sie wird nicht klein aussehen daneben“, sagt der Konzernchef. In den nächsten zwei Jahren werde noch viel Marktaufbau-Arbeit passieren müssen. In dieser Zeit werde man mit der Pilotanlage auch das Auslangen finden, heißt es.
Vorstandschef Stefan Doboczky spricht von einem Meilenstein.
Wieviel Geld bisher in die Entwicklung des Garns geflossen sind, gab Lenzing nicht bekannt. Nur soviel: Vom Forschungsaufwand von 46 Millionen Euro sei dies der größte Anteil gewesen. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor betrug das Forschungsbudget keine 30 Millionen Euro. Bei Lenzing heißt es auch, dieses Endlosgarn auf Zellulose-Basis sei die erste wesentliche Produktinnovation in der Garnerzeugung seit 25 Jahren. Er spricht von einer „bahnbrechende Technologie“. Etwa 50 Mitarbeiter seien in das Projekt involviert gewesen.
“In diesem Fall geht es nicht um die Menge, sondern um die Positionierung“, sagt Doboczky. Im Vergleich zu bisherigen Lenzing-Produktionsvolumen gehe es „um pharmazeutische Mengen“. Zur Dimension: Der Fasermarkt ist 100 Millionen Tonnen schwer, Lenzing erzeugt ein Prozent der Weltmenge. Bei Seide geht es um einen globalen Jahresbedarf von 60.000 Tonnen. Allerdings liege der Preis für ein Kilo Seide bei 50 bis 60 Kilogramm und damit beim 30fachen einer einfachen Baumwollfaser, die das Niveau des Weltmarktpreises für Fasern definiert.
„In diesem neuen Segment ist der Preis ein marginales Argument“, sagt Verkaufsvorstand Robert van de Kerkhoff. Er argumentiert, das neue Endlos- oder Filamentgarn sei zum Mischen mit Seide, Kaschmir und anderen Wollfäden geeignet. Tencel Luxe mit Seidenfaden gemischt sei auch besser waschbar als reine Seide. Auch die Umweltbelastung und der Wasserverbrauch seien im Produktionszyklus geringer, als bei der Seidenverarbeitung, heißt es bei Lenzing. „Umweltschonende Fertigungsprozesse werden für die Verarbeiter immer wichtiger“, glaubt Doboczky auch hier zu punkten. Unter dem Schlagwort Eco Couture verkaufen Modedesigner bereits Kollektionen, die umweltverträglich erzeugt werden.
wahnsinn, denke man ein paar jahre zurück was da los war in dieser firma - hut ab echt toll!!!!
Bravo Lenzinger!!! Mich freuen solche Nachrichten sehr, zeigen sie doch, dass Österreicher sehr ideenreich sind.
So lange wir solch innovative Firmen in Österreich haben und halten können, die für Forschung und Entwicklung große Summen "riskieren" und viel Vertrauen in die Innovationskraft ihrer Mitarbeiter haben, braucht uns um unser kleines Land auf des großen Weltmarkt nicht bange zu sein. Bravo und viel Erfolg mit dieser umweltfreundlichen Faser!
PS: hätten wir nur auch solche Politiker, die ihr Hirnschmalz für Österreich und nicht für obskure Machenschaften zum Schaden des Landes einsetzen .... was wären wir dann für ein Schmuckstück in dieser Welt!!!
Aus der Spinndüse kommt endlose Cellulosefaser welche anschliessen in Stapellängen geschnitten wird. Vielleicht ist hier nicht die Eigenschaft "Endlos" sondern die Feinheit und gleichzeitige Festigkeit der Faser das revolutionierende von Lenzing Cellulose.
Das Fortschrittliche ist, dass es aus dem Tencel/Lyocell Verfahren entsteht und nicht nach dem Viskoseverfahren, das schon mehr als 100 Jahre alt ist.
bessere Viskose ?
Optisch ist Viskose ja schon sehr nahe an der Seide dran.
Aber ich hoffe mal, man kann die Holz-Seide viel dünner ausspinnen oder es gibt andere grundlegende Unterschiede.
Höhere Festigkeit oder bessere Dehnbarkeit z.B.
Nö, anderes Tencel (vormals Lyocell).
Viskosefilamente gibt es schon seit mehr als 100 Jahren.
Tencel ist ein physikalisches (Zellulose) Löseverfahren, das man im Kreislauf betreiben kann, was umwelttechnisch von großer Bedeutung ist.
Bei Viskose/Modal wird Zellulose chemisch gelöst und es entstehen danach viele Salze, die man nur zum Teil und aufwendig rückgewinnen oder zurückhalten kann.
Ein paar weniger Schreibfehler wären nicht schlecht.
Ja! Besonders "Zellolosebasis" tut weh...
Nicht nur Schreibfehler, sondern komplett "böhmische" Satzkonstruktionen.
Und es wird von Jahr zu Jahr schlimmer...