Gunther Tichy: „Rettung der Volksbanken AG war ein Fehler“
LINZ. Der Konjunkturexperte Gunther Tichy referierte bei der 15. Kurt-W.-Rothschild-Vorlesung an der Johannes Kepler Universität zum Thema „Banken- und Schuldenkrise“.
Die OÖNachrichten haben mit Tichy über notleidende Banken und den Verbleib Griechenlands im Euro gesprochen.
OÖNachrichten: Zu den Bankenrettungen in Österreich haben Sie ein ambivalentes Verhältnis. Wie sollte man mit notleidenden Geldinstituten verfahren?
Gunther Tichy: Erstens brauchen wir dringend ein europäisches Bankeninsolvenzrecht, damit geregelt wird, was im Falle einer Pleite geschieht. In Österreich hätte man ruhig die Volksbanken AG und die Kommunalkredit in den Konkurs schicken können – für die Gesamtwirtschaft sind das keine wichtigen Institute. Der größte Fehler aber war, dass der Staat die Banken gerettet hat, aber sich keine Mehrheit bei den Stimmrechten gesichert hat. In den USA wäre das undenkbar – dort wird eine Bank saniert und gewinnbringend verkauft.
Immer wieder werden Stimmen laut, die einen Rausschmiss Griechenlands aus der Eurozone fordern. Welche Konsequenzen hätte das?
Ich glaube, das größte Problem wäre ein politisches. Griechenland ist eine junge Demokratie, und sollte das Land unter seiner hohen Schuldenlast zusammenbrechen, fürchte ich, dass es wieder zu einer Diktatur kommen könnte. Ökonomisch könnte ein Rauswurf dazu führen, dass die Finanzmärkte aggressiv reagieren und Spekulanten sagen: „Jetzt gehen wir Portugal an.“ Und dann vielleicht Spanien oder Italien. Fest steht aber, dass man Griechenland nicht in die Eurozone hätte aufnehmen dürfen – jetzt müssen wir das aber gemeinsam ausbaden.
Wie kann eine Lösung für Griechenland aussehen?
Erstens müssen die Länder kapieren, dass wir für Griechenland zahlen müssen. Anstelle von immer weiteren Zahlungen könnte man das aber auch über die Zinsen machen, sprich: Eurobonds einführen. Das wäre auch für Länder wie Deutschland oder Österreich weniger schmerzhaft.