Gitarrenlehrer für die Hosentasche

Von Martin Roithner   09.Jänner 2018

Wer heutzutage ein Instrument lernen will, hat viele verschiedene Möglichkeiten. Allerdings ist die Ausbildung bei einem Privatlehrer oder in einer Musikschule oft kostspielig, und im Internet verliert man wegen der Flut an selbst gebastelten Übungsvideos rasch den Überblick.

Genau das haben sich der Steirer Florian Lettner und der Linzer Wolfgang Damm auch gedacht. Daher haben die beiden Absolventen der Fachhochschule Hagenberg Anfang 2014 das Start-up Fretello gegründet und im Herbst 2016 eine gleichnamige Musik-App veröffentlicht. Der "Gitarrenlehrer für die Hosentasche" soll Smartphone-Nutzern (Android oder iOS) das Gitarrespielen beibringen – mit Künstlicher Intelligenz. "Unsere App hört dem Musiker beim Üben zu", sagt Lettner. "Sie erstellt personalisierte Wochentrainingspläne, berechnet individuelle Übungstempi und automatisiert Abläufe."

Schon 100.000 Nutzer

Um die App zu verbessern, zeichnet Fretello Trainingsdaten der Nutzer auf. Je mehr die App auf ihr Handy laden, umso besser funktioniere sie. 100.000 Nutzer gibt es bereits, davon stammt ein Drittel aus den USA, ein Drittel aus dem deutschsprachigen Raum und ein Drittel aus Asien. Sie können mit der App 15.000 Übungen absolvieren, in den Musikrichtungen Pop, Rock, Blues und Heavy Metal. Die Premium-Version mit Trainingsplan kostet zehn Euro pro Monat.

Die Idee zu einem Start-up kam den beiden Gründern bereits vor einigen Jahren. Lettner, ursprünglich Schlagzeuger, lernte den oberösterreichischen Gitarrenlehrer Helmut Kirisits kennen. Dieser brachte sich das Musizieren selbst bei, auch mit Hilfe der Sportwissenschaft. "Beim Gitarrespielen geht es unter anderem um geregelte Bewegungsabläufe. Das wird in der Musikwissenschaft oft vernachlässigt", behauptet Lettner. Er nahm Anleihe an Kirisits’ Übungsmethoden und holte ihn als Berater mit an Bord.

Fretello hat mittlerweile sieben Mitarbeiter. Der Firmensitz ist in der Tabakfabrik in Linz. Ein zweiter Standort befindet sich in Hallein. In die Unternehmensgründung floss eine sechsstellige Summe, finanzielle Unterstützung erhält die Linzer Firma von der Forschungsförderungsgesellschaft. Man sei noch auf der Suche nach Investoren, um sich breiter aufzustellen, sagt Lettner.

Für die Zukunft hat sich das Gründerduo vorgenommen, das Übungsangebot zu erweitern. Cello, Violine und Klavier sind geplant. Lettner: "Unsere Vision ist, die führende Plattform für digitale Musikausbildung zu werden."