BWT-Chef: "Wir wollen nicht mehr mit den Nachteilen der Börse leben"
MONDSEE. Andreas Weißenbacher erklärt, warum er sich von der Wiener Börse verabschiedet.
Er wolle nicht einen Großteil seiner Zeit damit verbringen, die 717. Regel im Konzern umzusetzen. So begründet BWT-Vorstandschef Andreas Weißenbacher, warum sein Unternehmen den Rückzug von der Börse antritt.
Bei der Hauptversammlung am 25. August soll der Rückzug der BWT von der Wiener Börse besiegelt werden. Warum?
Die Börse bringt für uns keine Vorteile mehr, im Gegenteil. Wir müssen strenge Transparenzvorschriften einhalten. Außerdem kostet die Börsennotierung viel Geld. Der Finanzmarkt hat für ein Unternehmen wie BWT mit 500 Millionen Euro Umsatz keinen Sinn. Deshalb haben wir uns entschlossen, dass wir mit den Nachteilen der Börse nicht mehr leben wollen.
Mit anderen Worten: Die BWT will ihre Ergebnisse nicht mehr offenlegen.
Es geht nicht darum, eine Bilanz zu veröffentlichen, ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir mussten im Jänner mitteilen, dass wir einen Zukauf in Russland planen. Bis heute ist die Übernahme kartellrechtlich nicht durch. Ich hoffe, dass es bis Jahresende klappt. Unsere Konkurrenten haben diese Information aber geschickt genützt.
Das heißt, die Regeln sind zu streng?
Die rechtlichen Vorschriften und Regelwerke sind schon eine hehre Herausforderung. Wir sind in der DNA stark operativ geprägt. Wir müssen unsere beschränkten Kapazitäten als BWT auf das konzentrieren, was uns etwas bringt, und das sind unsere Kunden. Ich will einen Großteil der Zeit nicht damit verbringen, die 717. Regel voll in den Konzern hineinzutragen.
Zu strenge Regeln – ist das ein generelles Standortthema?
Oberösterreich ist ein toller Standort mit motivierten, leistungswilligen Menschen. Das heißt nicht, dass wir uns in Selbstzufriedenheit ergeben sollten. Die jüngsten Rankings muss man schon ernst nehmen. Wir sollten Mut und Wissen in Strukturreformen einbringen, um das Land fit für die Zukunft zu halten. Es ist halt leichter, Weltmeister zu werden, als in der nächsten Saison als Weltmeister zu siegen.
Sie haben in den vergangenen drei Jahren 75 Millionen Euro in Mondsee investiert.
Wir haben die Produktion für ein neues Geschäftsfeld gebaut. Die BWT ist in Fachkreisen bekannt, nicht aber bei den Endkunden. Wir wollen die Marke BWT aufbauen und mit unseren Wasserfiltern vom Keller auf den Esstisch kommen. Ich habe gedacht, das geht in fünf Jahren. Heute bin ich froh, wenn wir es in zehn Jahren geschafft haben. Die Marke BWT soll länger leben als ich.
Der Post-Andy
Es gibt Karrieren à la Hollywood auch in Österreich. Eine solche hat der Unternehmer Andreas Weißenbacher gemacht. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, ist er Gründer, Mehrheitseigentümer und Vorstandschef des BWT-Konzerns mit Zentrale in Mondsee. Darüber hinaus gehört Weißenbacher – gemeinsam mit dem US-Investor KKR – der traditionsreiche Besteck- und Küchengerätehersteller WMF.
BWT beschäftigt heute 2600 Mitarbeiter und erwirtschaftet eine halbe Milliarde Euro Umsatz. 600 Mitarbeiter sind in Mondsee beschäftigt. Zudem kommen bald 900 Beschäftigte in Russland hinzu, wo die BWT aktuell an einer Übernahme arbeitet.
Gästen stellt sich der 55-jährige Vater einer Tochter gerne als „Post-Andi aus Hintersee“ vor, weil sein Vater Briefträger in Hintersee war. Nach der Handelsakademie in Salzburg startete Weißenbacher seine Karriere beim deutschen Markenartikelhersteller Benckiser, einem Produzenten für Reinigungsprodukte und Haushaltswaren.
Für diesen war er mehrere Jahre tätig, unter anderem in Ludwigshafen (Deutschland). In Mondsee hatte Benckiser einen Standort, der zugesperrt werden sollte. Weißenbacher kaufte den Firmenteil in Form eines sogenannten „Management-Buy-outs“ (MBO) Anfang der 1990er-Jahre und brachte ihn an die Wiener Börse. Mehrere Jahre notierte die BWT im Leitindex ATX.
Heute produziert BWT neben Mondsee in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Am Stammsitz in Mondsee wurden von 2011 bis 2014 rund 75 Millionen Euro in den Ausbau der Produktion investiert. Weißenbachers Strategie sieht vor, das Geschäft – unter anderem mit Tischfiltern – mit den Endkunden von derzeit zehn auf 25 Prozent des Umsatzes auszu-
bauen.
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