Frau Schellings Gespür für Wein

Von Dietmar Mascher   27.Mai 2017

Niemand in der Familie habe sich dabei etwas gedacht, als Hans Jörg Schelling 2009 verkündete, er habe ein Weingut gepachtet. "Wir dachten, er erfüllt sich einen lang gehegten Traum für den Eigenbedarf. Aber dann stellte sich heraus, dass es sich um zwölf Hektar handelte", erinnert sich Julia Schelling.

Das Stiftsweingut Herzogenburg wurde einem Relaunch unterzogen. Julia Schelling, die in Krems Unternehmensführung und E-Marketing studiert und an der JKU in Linz einen Lehrgang für Tourismusmanagement absolviert hatte, übernahm das Marketing. Die Etiketten erinnern an die Kutten von Priestern. Die Weine erkennt man an den verschiedenen Farben der Verschlüsse.

Als Hans Jörg Schelling vor drei Jahren Minister wurde, übernahm seine Tochter die Führung des Weinguts. Während in Niederösterreich Kellermeister Josef Baumgartner für die Qualität des Weins verantwortlich zeichnet, führt Julia Schelling den Betrieb großteils von ihrem Wohnort in Pfarrkirchen. Denn die 36-jährige Mutter einer zweijährigen Tochter hat hier auch noch ihre Marketingfirma. Sie berät vor allem Klein- und Mittelbetriebe, die sich keine eigene Marketingabteilung leisten können oder wollen. Ihre Schwester führt in Bad Hall den Heurigen "Katharina’s". Beide Schwestern haben dort erste berufliche Erfahrungen gemacht.

Im Stiftsweingut wird fast ausschließlich Weißwein (sonst nur ein wenig Rosé und Frizzante) hergestellt. "Das bietet sich in unseren Lagen an. Wir produzieren 12 Sorten und füllen jährlich um die 70.000 Flaschen ab", erzählt Julia Schelling. Die Hälfte der Produktion geht in die Gastronomie, 30 Prozent werden privat verkauft, jeweils zehn Prozent gehen an Handel und Firmenkunden.

Mit ihrem Vater berate sie sich regelmäßig. "Aber die Entscheidung fälle letztlich ich", sagt Julia Schelling im Gespräch mit den OÖNachrichten. Jedenfalls wird bei Schellings zu Hause mehr über Wein als über Politik gesprochen.

Hilft der Name Schelling im Geschäft? "Er kann manchmal schon ein Türöffner sein. Aber wenn der Wein nicht schmeckt, hilft auch der Name nichts", sagt Julia Schelling.

Politisches Marketing?

Politische Ambitionen hat die Unternehmerin gegenwärtig nicht. In Pfarrkirchen sitzt sie im Prüfungsausschuss des Gemeinderats. Politisches Marketing würde sie reizen. Allerdings würde der Stil, der in der Politik, oder vielmehr in (sozialen) Medien herrscht, schon abschrecken. "Die Leute vergessen leider, dass Politiker auch Menschen sind. Sachliche Kritik ist in Ordnung. Alles andere nicht."