Sophie Karmasin: Weniger Vertrauen in Banken als in Politik
LINZ/WIEN. Die Österreicher erwarten, dass im neuen Jahr die Folgen der Schuldenkrise spürbar werden, sagt Motivforscherin Sophie Karmasin. Sie würden den Banken mehr misstrauen als der Politik.
OÖN: Wer rund um Weihnachten einkaufen gegangen ist, traf auf Horden anderer Konsumenten. Ist das Ausdruck von Panik oder wirtschaftlicher Zuversicht?
Karmasin: Ich würde sagen weder noch. Der ganze Weihnachtskonsum ist sehr ritualisiert und hat nicht vordergründig mit der aktuellen Wirtschaftslage zu tun. Der Konsum in diesen Tagen ist auch vom Handel und den vielen Sonderangeboten getrieben. Wie die Konsumlaune der Österreicher ist, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
OÖN: Mit welchen Erwartungen gehen die Österreicher ins neue Jahr?
Karmasin: Die Österreicher starten pessimistischer ins neue Jahr. Die Mehrheit erwartet, dass die Folgen der Schuldenkrise spürbar werden. Sie sehen 2011 als eine Art Vorgeplänkel. Die großen Themen sind, wie sicher ist mein Arbeitsplatz oder meine Pension, welche Bildungs- und Jobchancen haben meine Kinder.
OÖN: Welche Konsequenzen werden gezogen?
Karmasin: Rund die Hälfte der Befragten überlegt eine Veränderung ihres Konsumverhaltens. Sie fragen sich, ob alle Ausgaben sinnvoll sind, oder ob manches billiger geht. Vorsicht und Angst sind also da. Dazu kommt, dass bei vielen der Eindruck entsteht, EU-Politiker wissen nicht, wie sie die Schuldenkrisen lösen sollen.
OÖN: Wie ist es um das Vertrauen in die heimische Politik bestellt?
Karmasin: Unsere Befragungen zeigen, dass das Vertrauen in Institutionen insgesamt zurückgeht. Wir führen diese Befragung seit drei Jahren zwei bis drei Mal jährlich durch. Dabei schneidet die Bundesregierung immer am schlechtesten ab. Ihr wird am wenigsten vertraut. Heuer haben erstmals die Banken die Bundesregierung abgelöst.
Wobei schon unterschieden wird zwischen der lokalen Hausbank und den Systembanken. Letztere haben sehr hohen Vertrauensschaden genommen, auch weil es so viele Themen gibt, die die Menschen nicht verstehen.
OÖN: Wie sieht es mit dem Vertrauen in den Euro aus?
Karmasin: Durch die Ereignisse der vergangenen Monate ist natürlich die Angst gestiegen, dass die Währung an Wert verliert. Ebenso verschlechtert hat sich aber auch das Vertrauen in die Arbeitgeber. Das sollte den Unternehmen schon zu denken geben. Es wird dadurch nicht leichter, loyale Mitarbeiter zu binden. Banken, Arbeitgeber, Währung – das waren früher schon Bollwerke des Vertrauens.
OÖN: Sind die Österreicher da anders als der Rest Europas?
Karmasin: Mit den Korruptionsvorwürfen und Skandalen dieses Jahres sind wir schon in einer Sondersituation. In der Wahrnehmung der Bevölkerung werden Prominente verschont und Fälle verschleppt.
zur Person Sophie Karmasin:
Die 44-Jährige hat Psychologie und Betriebswirtschaft studiert und ihre Dissertation über das „Konsumentenverhalten im Gesundheitsmarkt“ geschrieben. Seit 1998 ist sie in der Geschäftsleitung im Marktforschungsunternehmen ihres Vaters Fritz Karmasin. Gemeinsam mit Mutter Helene hat sie die Karmasin Motivforschung gegründet.
Lieblinge des ORF! Meinungsmacher und Quacksalber
Attraktiv, das ist fürs Kaffesudlesen aber zuwenig!!
Für diese grossartige Erkenntnis braucht es keine Meinungsforschung.