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Schon 300 Mal Masseverwalter: „Da darf ich nicht mitleiden“

Von Von Sigrid Brandstätter, 23. Februar 2009, 00:04 Uhr
30 Jahre Erfahrung als Masseverwalter: Erhard Hackl Bild: Weihbold

LINZ. An die 300 Konkurse hat Erhard Hackl seit 1979 als Masseverwalter betreut. Er spricht im OÖN-Interview über die aktuelle Hochkonjunktur für Insolvenzverwalter, Bankenfehler und nötige Änderungen im Konkursrecht.

OÖN: Auf Österreich rollt eine neue Pleitenwelle zu, die 2010 ihren Höhepunkt haben soll. Stehen Sie vor einer Hochkonjunktur?

Hackl: Die Zahl der Konkurse steigt sicherlich. Bei dem prognostizierten Anstieg sehe ich die Gefahr, dass die erzielbaren Quoten für die Gläubiger wieder geringer werden.

OÖN: Weil die Firmen zu spät den Gang zum Konkursrichter antreten?

Hackl: Das ist ein Grund. Ich fürchte vor allem, dass es zu einem Überangebot an verwertbaren Firmenvermögen und Gewerbeimmobilien kommen wird. Bisher haben wir in Zusammenarbeit mit professionellen Verwaltern über die Jahre bessere Quoten erzielt. Die Gläubiger haben am Ende eines Konkursverfahrens zumindest einen Teil ihres Geldes wiedergesehen. Das wird sich wieder ändern.

OÖN: Sie haben 30 Jahre Erfahrung als Schuldnervertreter und Masseverwalter. Sind die Konkursgründe die gleichen geblieben?

Hackl: Im Grunde schon. Die Verantwortlichen reagieren nicht oder zu spät auf Umstände, die sich verändern. Da wird herumprobiert oder eine Vogel-Strauß-Politik gemacht. Es wird nur noch von einem Auftrag zum nächsten gedacht. Ob der Auftrag nicht nur Auslastung, sondern auch Deckungsbeitrag bringt, wird nicht hinterfragt. Und manchmal sind vernünftige Reaktionen einfach nicht mehr möglich.

OÖN: Was ist nicht möglich?

Hackl: Personalabbau beispielsweise, weil der Betrieb – wenn er schon unter Engpässen leidet – hohe Abfertigungen nicht bezahlen kann. Oder weil kein Geld mehr für lebensnotwendige Rationalisierungsinvestitionen da ist.

OÖN: Welche Rolle nehmen die Banken ein? Üblicherweise lassen sich die Institute bei hohem Fremdkapital-Einsatz Monatsabschlüsse vorlegen und müssten früh Handlungsbedarf erkennen?

Hackl: Banken sind in einer Doppelmühle. Erst geben sie Kredite, dann erkennen sie Handlungsbedarf, müssen aber bei ihrer Rolle als Unterstützer beim Sanieren aufpassen, sonst haften sie mit.

OÖN: Und dass sie zu leichtfertig Kredite vergeben haben?

Hackl: Auf jeden Fall. Lange haben die Banken den Unternehmen das Geld nachgeworfen. Ich vertrete einen Schuldner, da konnte sich die Bank schon bei der Kreditvergabe ausrechnen, dass die Rückzahlungen in der vereinbarten Zeit nie aus dem Cashflow verdient werden können. Da ist Schwachsinn zur Potenz passiert. Jetzt sind Banken übervorsichtig und nicht zur Kreditvergabe bereit. Aber zu jedem unternehmerischen Handeln wie auch zum Bankgeschäft gehört halt auch Risikobereitschaft.

OÖN: Sie haben etliche hundert Firmen als Schuldnervertreter betreut. Da kommen Sie vor dem Gang zum Konkursrichter ins Spiel. Können Sie da noch etwas tun?

Hackl: Die Unternehmen kommen als Skelett zu einem Chirurgen – also viel zu spät. Ich kann nur die Insolvenz vorbereiten und Wege für eine Fortführung aufzeigen, die der Masseverwalter dann hoffentlich so geht – was er in 90 Prozent der Fälle auch tut.

OÖN: Hat ein Masseverwalter als Sanierer Spielraum?

Hackl: Der wird zunehmend kleiner und zwar von allen Seiten: So kommen die Firmen immer später, die Verbindlichkeiten sind höher, damit sind die Aussichten für den Fortbestand bzw. die Sanierung schlechter.

OÖN: Gerade die Fortführung soll mit dem neuen Insolvenzrecht erleichtert werden. Die Rede ist davon, statt Konkurs und Ausgleich ein Mittelding, ein Sanierungsverfahren zu schaffen.

Hackl: Ich halte nichts davon, eine solche Sanierung an eine Mindestquote zu binden (Derzeit werden 30 Prozent diskutiert, Anm.). Das ist Sache der Gläubiger, ob sie einer Sanierung mit einer fünfprozentigen Quote zustimmen, wenn dafür die Schuldnerfirma gesunden kann.

OÖN: Wie schnell erkennen Sie, ob eine Fortführung eine Chance hat?

Hackl: Das geht schnell. Meist schon beim ersten Firmenbesuch. Normalerweise werde ich mit Informationen zugeschüttet. Die besten Infos gibt es aus der Belegschaft. Vor allem was die zweite Führungsebene sagt, ist ganz wesentlich.

OÖN: Gibt es als Masseverwalter Phasen, in denen Sie schlecht schlafen?

Hackl: Ich darf nicht mitleiden, sonst hätte ich meinen Beruf verfehlt. Als ich gemeinsam mit zwei Kollegen Masseverwalter beim Brillenhersteller Carrera war, und jede Entscheidung einen sechsstelligen Schillingbetrag bedeutet hat, da hab' ich schlecht geschlafen.

OÖN: Gibt es Erfolgserlebnisse als Masseverwalter?

Hackl: Carrera war sicher ein herausragender Fall. Wir haben zu dritt drei Monate lang 14 Stunden pro Tag im Unternehmen verbracht. 600 von 1200 Arbeitsplätzen konnten erhalten werden. Was Safilo dann gemacht hat, steht auf einem anderen Blatt. (Der italienische Brillenerzeuger hat die Brillenfabrik in Traun zugesperrt, obwohl diese keine Verluste gemacht hat – Anm.).

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3  Kommentare
3  Kommentare
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espressoperdue (204 Kommentare)
am 25.02.2009 11:31

und wer bitte glaubt ernsthaft, dass Beamte (die in einer Welt der unkündbaren Arbeitsplätze) sich um die Fortführung von Betriebe, um die Erhaltung der Arbeitsplätze besser engagoeren würden und könnten, als dies jetzt professionelle Masseverwalter tun ?

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espressoperdue (204 Kommentare)
am 25.02.2009 11:30

beim Lesen des Beitrags von mynachrichten rollt es mir die Zehennägel auf. So viel Unverständnis zu wirtschaftlichen Zusammenhängen ist erstaunlich !

Unser aktuelles Konkursrecht, mit Rechtsanwälten als Masseverwalter funktioniert tadellos , so wie es ist.
Natürlich erhält der Masseverwalter ein Honorar für seine Arbeit.
Aber, dafür (wie im Beitrag beschrieben) arbeitet er tw. 14 Stunden am Tag um die Arbeitsplätze zu erhalten, oder um den Gäubigern möglichst viel von ihrem Rechtsanspruch zu sichern.
Die Kosten dafür werden aus dem Konkursverfahren finanziert, also von den Gläubigern, die zuvor der Konkursfirma Kredite gegeben haben. Ergo nichts anderes als: die Risikoträger tragen ihr eigenens Risiko.

Wenn Beamte diese Arbeit erledigen würden:

dann würden die Kosten vom Steuerzahler getragen (Merke: wer bezahlt die Beamten?), also von uns allen, die wir mit der Konkursfirma schon überhaupt nichts zu tun haben.
Forsetzung folgt ...

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( Kommentare)
am 25.02.2009 08:37

und dass gar nicht so schlecht und zwar so lange, bis nichts mehr zu holen ist, stimmt das? Und viele Konkurse hinterlassen bei den kleinen Folgegeschädigten oft große Spuren und die Herren Unternehmer schauen oft von ihrer Villa heraus, oder vergnügen sich im Swimmingpool. Die Frage hätte lauten müssen, wievile verdient ein Masseverwalter mit der Not der anderen und könnten es Bamte nicht wesentlich korrekter und billiger machen?

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