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Türkei: Ein teuer erkauftes Wirtschaftswunder

Von Hermann Neumüller, 25. November 2017, 00:04 Uhr

Überraschend stark zeigt sich die türkische Wirtschaft, aber bei genauerem Hinsehen ist da mehr Schein als Sein.

Im ersten Halbjahr 2017 wuchs die türkische Wirtschaft um mehr als fünf Prozent. Im Gesamtjahr sollen es 5,4 Prozent werden, prognostiziert das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Im Vorjahr waren es 3,2 Prozent. Gedeiht da im Schatten von Terrorangst und heftig umstrittener Politik des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein kleines Wirtschaftswunder?

Mitnichten. Die momentanen Wachstumsraten sind zwar beeindruckend, auf der anderen Seite verfällt die türkische Währung Lira, diese Woche auf den niedrigsten Stand seit der Währungsreform von 2005. Das treibt wiederum die Inflation, zuletzt auf knapp zehn Prozent.

Der Verfall der Währung ist wiederum eine Erklärung dafür, dass das Wachstum so hoch ist. Türkische Waren sind im Ausland dadurch deutlich billiger geworden. Vor allem die türkische Autoindustrie profitierte davon. Aber nicht nur. Der türkische Exportwirtschafts-Verband TIM glaubt, heuer erstmals wieder nahe an den Rekordwert von 157 Milliarden Dollar zu kommen.

Georg Karabaczek, Wirtschaftsdelegierter in Istanbul, kennt noch einen weiteren Grund für die Wachstumsstärke der türkischen Regierung. "Es hat starke öffentliche Investitionen gegeben, um den Binnenkonsum anzuregen", sagt Karabaczek im Gespräch mit den OÖNachrichten. Nicht ohne Hintergedanken: Präsident Erdogan wollte vor dem Verfassungsreferendum im April, in dem er sich mit starker Machtfülle ausstatten ließ, seine Landsleute positiv stimmen. Die Mehrwertsteuer wurde etwa für Möbel oder für Wohnungskäufe gesenkt. Darüber hinaus gab es stark gestützte Kredite für Klein- und Mittelbetriebe.

Auch Karabaczek sieht in der schwachen Lira die Achillesferse der türkischen Wirtschaft. "Allein in diesem Jahr hat die türkische Währung rund 30 Prozent ihres Wertes verloren." Die damit einhergehende Inflation, die vor allem durch die währungsbedingte Verteuerung von Importen ausgelöst wird, müsste eigentlich durch höhere Leitzinsen bekämpft werden.

Aber genau das will Erdogan um jeden Preis verhindern. Nicht der Staat, aber Konsumenten und Unternehmen sind über beide Ohren verschuldet. Höhere Zinsen könnten schnell viele Unternehmen, aber auch viele Bürger in die Bredouille bringen. Auf dem Papier ist die türkische Notenbank unabhängig. Aber Erdogan lässt keine Gelegenheit aus, zu zeigen, wer der Herr im türkischen Haus ist. "Wir sind entschlossen, uns die Zinslobby und die Zinsen vorzunehmen", sagte er vergangene Woche in einem Interview mit der Zeitung "Habertürk".

Künstlich niedrige Zinsen in Kombination mit einem großen Leistungsbilanzdefizit sind eine gefährliche Mischung. Die türkische Wirtschaft ist wegen dieses Defizits von Kapitalimporten abhängig. Ausländische Direktinvestitionen haben abgenommen, nicht zuletzt auch wegen der martialischen Rhetorik des Präsidenten.

Auch die Kapitalströme aus Österreich fließen nicht mehr so reichlich wie vor dem Putschversuch im Vorjahr und der heftigen politischen Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Regierung und einiger EU-Staaten, darunter Österreich und Deutschland.

Was die österreichischen Unternehmen angeht, die in der Türkei engagiert sind, gebe es zwar eine gewisse Zurückhaltung bei Neuinvestitionen, "aber von denen die schon da sind, ist bisher keiner weggegangen", sagt Karabaczek.

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12  Kommentare
12  Kommentare
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gscheidle (4.089 Kommentare)
am 25.11.2017 18:14

Jetzt wird auch der Tourismus "angekurbelt".
1 Woche in besten Hotels, statt € 1299,- um läppische € 299,-.
Wer soll da noch Gewinne einfahren??

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oneo (19.368 Kommentare)
am 25.11.2017 17:54

In 2 Jahren ist das Land am Bankrott. Die türkische Lira fällt sicher im nächsten Jahr nochmal massiv um 30%. Die Bewertung ist dann auf Ramschniveau. Wetten !

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Gugelbua (31.807 Kommentare)
am 25.11.2017 17:21

das internationale Geld daß in die Türkei floss versickert nun im politischen Wahn des Diktators.

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pepone (60.622 Kommentare)
am 25.11.2017 16:07

hoffentlich kommt nicht wieder so einen wie Soros der damals das Englische Pfund und die Bank of England in die Knie gezwungen hat und macht die türkische zu " sau " !

https://getbux.de/bears-bullshit-de/montagsdepression/george-soros-bank-england

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pepone (60.622 Kommentare)
am 25.11.2017 16:08

türkische Lira wollte ich schreiben ... do lar und do lar . zwinkern

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( Kommentare)
am 25.11.2017 18:28

Soros hat damals das durchgesetzt, was offensichtlich war (und die BoE verhindern wollte): dass das überbewertete Pfund auf ein realistisches, der wirtschaftlichen Situation GB's angepasstes Niveau gesenkt wurde. Dass er dabei auch viel Geld verdiente - wenn man sieht, was er mit seinem Reichtum schon alles finanziert hat (ua Stipendien für ungarische Studenten wie Viktor Orbán), sollte man ihm das nicht verübeln.

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ricki99 (1.020 Kommentare)
am 25.11.2017 13:17

Warum sind die OÖN häufig so unaktuell. Einen ähnlichen Artikel (aber wesentlich ausführlicher) habe ich vor einigen Tagen bereits im SPIEGEL gelesen. zwinkern

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despina15 (10.066 Kommentare)
am 25.11.2017 16:04

oön brauchen immer etwas
länger,manches GAR nicht!!!

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Selten (13.716 Kommentare)
am 25.11.2017 08:46

"Es hat starke öffentliche Investitionen gegeben, um den Binnenkonsum anzuregen". Erdogan wollte vor dem Verfassungsreferendum im April, in dem er sich mit starker Machtfülle ausstatten ließ, seine Landsleute positiv stimmen.

Das ist ihm gelungen.

Meine Erdogan-Fans erzählten mir nach ihrem Heimaturlaub stolz und begeistert, dass die Autobahnen bei ihnen vieeel besser seien als in Bulgarien und Serbien.

Und zumindest private Devisen fließen sicher noch immer ausreichend.

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Sturzflug (6.545 Kommentare)
am 25.11.2017 15:41

"dass die Autobahnen bei ihnen vieeel besser seien als in Bulgarien und Serbien."
Ist schon mal was.
Sicher auch besser als im Sudan.

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max1 (11.582 Kommentare)
am 25.11.2017 07:01

Die Türken haben bei der EU gelernt und machen es nach. Also kein Unterschied, Schulden überall wie im der EU.
Das Ende des Fiatgeldes kommt odercauch nicht.
Die scheinheilige westliche Bankengemeinschaft straft eben derzeit die Türkei das geht wieder vorbei.

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kpader (11.506 Kommentare)
am 25.11.2017 06:25

Am Ende folgt immer die Rechnung. Da werden die Gesichter lang!

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