Signa will Kika/Leiner-Sanierungskonzept in nächsten Wochen fixieren

Von Ulrike Rubasch   15.Juni 2018

"Dabei werden alle Strukturen und Prozesse überprüft und verbessert", teilte die Immobilien- und Handelsfirma am Freitagnachmittag mit.

Signa erwirbt das operative Kika/Leiner-Handelsgeschäft mit seinen rund 5.500 Mitarbeitern und auch die 70 Immobilienstandorte in Österreich und Osteuropa von der Konzernmutter Steinhoff International. Der endgültige Verkauf (Closing) soll laut Steinhoff bis Ende September über die Bühne gehen.

"Das Unternehmen ist werthaltig. Wir sind uns nach sorgfältiger Analyse absolut sicher, dass das Unternehmen wieder erfolgreich aufgestellt werden kann", so Stephan Fanderl, Geschäftsführer von Signa Retail, in einer Aussendung. Durch die Übernahme könne die drohende Insolvenz von Kika/Leiner abgewendet und die Fortführung des österreichischen Traditionsunternehmens gesichert werden.

Mit dem Zukauf steigt Signa Retail erstmals in Österreich in den stationären Handel ein. Zu Signa Retail gehört unter anderem das Berliner Nobelkaufhaus KADEWE und die deutschen Karstadt-Kaufhäuser sowie rund 100 Webshops in 20 Ländern. Die Signa-Retail-Gruppe beschäftigt nach eigenen Angaben aktuell rund 20.000 Mitarbeiter und erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von über 4 Mrd. Euro.

Aufatmen für 5000 Beschäftigte

Für den zweitgrößten heimischen Möbelhändler, Kika/Leiner, zeichnet sich nun ein Ausweg aus der finanziellen Misere ab. Eine drohende Pleite konnte mit dem Einstieg des Tiroler Immobilienmilliardärs René Benko abgewendet werden. 5000 Beschäftigte können somit vorerst aufatmen.

Wie am späten Donnerstagabend bekannt wurde, ist der Notverkauf von Kika/Leiner durch: Die Konzernmutter Steinhoff Europe hat das Angebot der Signa-Gruppe des Tiroler Immobilieninvestors René Benko zum Kauf der österreichischen Möbelkette angenommen.

In den nächsten Tagen würden "alle Verträge abgestimmt und fixiert", teilte Kika/Leiner-Geschäftsführer Gunnar George am Donnerstagabend in einer Aussendung mit. Laut Unternehmensangaben sind die rund 5000 Arbeitsplätze bei Kika/Leiner gesichert.

"Die kapitalstarke Signa hat mit der erfolgreichen Sanierung von Karstadt die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen bewiesen und wird den Restrukturierungsprozess, den wir Anfang des Jahres begonnen haben, als Garant weiter unterstützen", so George. Weitere Details zum Verkauf teilte Kika/Leiner nicht mit.

Nächtliche Verhandlungen

Bis in die frühen Morgenstunden wurde von Mittwoch auf Donnerstag verhandelt, untertags ging es dann weiter. Der Platzhirsch auf dem heimischen Möbelmarkt, die Welser XXXLutz-Gruppe, hätte auch Interesse an der Übernahme des Konkurrenten gehabt, zog jedoch den Kürzeren. "Benko war einfach eine Spur aggressiver", sagte ein Insider zu den OÖN.

Die entscheidende Frage wird sein, inwieweit Kika/Leiner tatsächlich vom Verkauf der Immobilien und des Möbelgeschäfts profitieren kann. Die Immobilien sind in einer Tochter-Firma der deutsch-südafrikanischen Steinhoff-Mutter geparkt.

Ob die Verkaufserlöse den Österreichern zugute kommen oder zum Füllen der milliardenschweren Bilanzlöcher der Südafrikaner benutzt werden, ist unklar. Sich von einer angeschlagenen Tochter Einnahmen über Mietverträge zu holen, würde Kika/Leiner nicht weiterbringen.

Benko: Kika statt Kaufhof

Zur Strategie des Tiroler Selfmade-Milliardärs Benko scheint der Deal zu passen. Er war 2012 in die darniederliegende deutsche Warenhauskette Karstadt eingestiegen und hat im vergangenen Jahr mit gut gewähltem Management (Ex-Rewe-Mann Stephan Fanderl) erstmals die Zahlen wieder ins Plus gedreht.

Im Mai kündigte das Unternehmen an, erstmals nach 30 Jahren wieder neue Filialen zu eröffnen. Bei dieser Gelegenheit deklarierte Karstadt auch sein Ziel, wieder ins Möbelgeschäft einzusteigen. Man habe die Möbelkette Who’s Perfect in drei Filialen erfolgreich getestet. Rene Benko setzt mit der Handelssparte seiner Signa-Holding mittlerweile nach Eigenangaben 3,8 Milliarden Euro im Jahr um.

Nachdem der Kreditversicherer Euler Hermes Warenlieferungen an die Gruppe nicht mehr abzusichern bereit war und die Urlaubsgelder bei Kika/Leiner spätestens Ende Juni fällig werden, war der angeschlagene Möbelhändler seit zehn Tagen auf der Suche nach einem Ausweg.

Nach einer Schonfrist von einer Woche durch die Lieferanten dauerte die Präsentation einer Lösung länger als geplant. Einen Zusammenschluss von Lieferanten, damit sie quasi mit einer Stimme sprechen, gebe es (wie bei der Zielpunkt-Pleite der Fall) nicht, sagte ein Insider.

Steinhoff-Schieflage Auslöser

Schon zum Jahreswechsel geriet Kika/Leiner das erste Mal in Not. Ende Jänner einigte man sich dann mit dem angeschlagenen Eigentümer auf eine millionenschwere Geldspritze und sah sich auf Kurs.

Für "bis zu 24 Monate" sollte die Finanzierung reichen, hatte Gunnar George damals gesagt und sich um Schadensbegrenzung bemüht: "Kunden werden ihre Möbel bekommen", versicherte er. Anzahlungen würden weiter auf einem Treuhandkonto liegen, Steinhoff habe keine Zugriffsmöglichkeit auf Gelder von Kika/Leiner.

Rene Benko

Immobilienmilliardär Benko als Retter in der Not

Auf knapp vier Milliarden Euro wird das Vermögen des Tiroler Immobilien-Investors René Benko (41) geschätzt. Seine Signa-Holding – er ist seit 2013 Beiratsvorsitzender – weist ein Immobilienvermögen von 7,5 Milliarden Euro aus. Damit zählt er zu den zehn reichsten Österreichern.

Jetzt könnte er die Möbelkette Kika/Leiner aus dem Schlamassel ziehen, ähnlich wie er es durch den Kauf 2012 beim deutschen Traditionskaufhaus Karstadt geschafft hat. Die 79 Warenhäuser schrieben 2017 das erste Mal seit zwölf Jahren wieder Gewinn. Damit will der vierfache Vater beweisen, dass er es mit dem Handel ernst meint. Seine unter dem Signa-Dach geführte Handelssparte macht mittlerweile schon knapp vier Milliarden Euro Umsatz im Jahr.

Dabei ist der Sohn einer Kindergärtnerin und eines Tiroler Gemeindebediensteten in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Er schmiss die Matura und verdiente stattdessen sein erstes Geld mit dem Ausbau von Dachböden von Mietskasernen zu Penthäusern gemeinsam mit seinem Freund und Tankstellen-Erben Karl Kovarik. Das erste Prestige-Projekt war die Neuerfindung des Kaufhauses Tyrol in Innsbruck. Seither ist ihm der Erfolg hold. In den ersten Jahren wilde Partys, Ferraris, Jetset. Sein Ziel erreichte er bald: Luxusimmobilien in besten Lagen. Trotz des enormen Reichtums soll Benko ein Vielarbeiter geblieben sein. Er gilt als größter privater Immobilienbesitzer in der Wiener Innenstadt: Kärntner Straße, Ring, Graben sind noble Adressen.

Seine größte Niederlage war die endgültige Verurteilung zu einer einjährigen bedingten Haftstrafe wegen Korruption, für die Bestechung des damaligen kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader mit 150.000 Euro.

Ein Geheimnis seines Erfolgs sind seine guten Kontakte in Politik und Wirtschaft. Strabag-Gründer Hans-Peter Haselsteiner, Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Wüstenrot-Chefin Susanne Riess; zuletzt begleitete er seinen Freund Sebastian Kurz bei einer Wirtschaftsdelegation in die Vereinten Arabischen Emirate. Seine zweifelhaften Geldgeber wie den Reeder George Economou und den israelischen Diamantenschürfer Beny Steinmetz hat er mittlerweile ausbezahlt.

Der Möbelmarkt

Österreich hat eine sehr hohe Verkaufsflächendichte im Möbelhandel, sagt Wolfgang Richter vom Marktforscher RegioData. Der Marktführer XXXLutz hat bereits 29 Prozent Marktanteil. Kika/Leiner ist die Nummer zwei mit 20 Prozent Marktanteil. Dahinter folgt Ikea. Aus Wettbewerbsgründen wäre eine Übernahme durch einen österreichischen Marktteilnehmer, also XXXLutz oder Ikea, nur in Teilen möglich, nicht als Ganzes.

Ist eine Aufteilung von Kika/Leiner denkbar?

Richter: "Das sind alles Spekulationen. Wir haben in Österreich die starke Marktsituation von XXXLutz. Ikea hat mit Abstand den höchsten Quadratmeterumsatz, dreimal höher als die anderen. Dann gibt es noch die Gruppe kleiner Möbelhändler, von Europamöbel über Möbelunion bis zu Garant." (le)