Jedem zweiten Österreicher mangelt es an Finanzwissen

15.November 2017

Das geht aus einer Online-Umfrage der Direktbank ING-Diba hervor. 13.000 Menschen ab 18 Jahren wurden in 13 europäischen Ländern befragt, in Österreich waren es 1000.

Das österreichische Ergebnis ist ein bisschen positiver als der EU-weite Durchschnitt: Hier gaben 49 Prozent der Befragten an, keine Finanzbildung erhalten zu haben. Bei der gleichen Umfrage 2013 waren es noch 47 Prozent – sowohl im europäischen Schnitt als auch hierzulande.

Am geringsten ist das Finanzwissen laut der Studie in Großbritannien: 56 Prozent der befragten Briten gaben an, keine finanzielle Bildung zu haben. Bei den Rumänen war es ein Drittel. Betrachtet man alle Länder, ist der Anteil jener ohne Finanzbildung im Vergleich zu 2013 gestiegen.

"Das Thema wird noch immer zu sehr vernachlässigt", sagt Luc Truyens, Chef der ING-Diba Austria. Auch wenn Banken in den vergangenen Jahren "viel Initiative" gezeigt hätten, sei "eine Wissensvermittlung in der Schule als Grundausbildung für heranwachsende Bürger unumgänglich", so Truyens.

In Österreich gibt es der Studie zufolge vor allem bei Pflichtschulabgängern markante Defizite. Nur 16 Prozent jener, die Volks- und Hauptschule als höchste abgeschlossene Ausbildung angaben, bekamen in der Schule Finanzwissen vermittelt. Diese Menschen gaben auch an, nicht gut mit Geld umgehen zu können oder die Ausgaben nur schwer unter Kontrolle zu haben.

Aber auch bei jenen mit einem höheren Abschluss sieht es nicht rosig aus: Generell hat nur jeder Vierte in der Schule über den Umgang mit Finanzen gelernt.

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Aufgabe der Schulen

Truyens nimmt Schulen in die Pflicht, der Finanzbildung mehr Bedeutung beizumessen. "Sie muss ein Fixpunkt im Lehrplan sein." Das spiegle auch die Meinung der Befragten. Demnach seien 82 Prozent der Österreicher der Meinung, dass die Vermittlung von Finanzwissen Aufgabe der Schulen wäre. Darüber hinaus hält es Truyens für wichtig, dass Finanzbildung "leicht zugänglich sei – für jeden, der eigeninitiativ sein will." (rom)

Finanzbildung 

Schulen sind laut der Studie in der Pflicht. Wie nehmen sie diese Rolle wahr? Die OÖN fragten nach.

Johannes Peherstorfer ist Direktor der BHAK und HTL Freistadt. „Praxis reizt die Schüler mehr als Theorie“, sagt er. In der vierten Klasse simulieren Schüler ein Jahr lang die Abläufe in einer Firma, in Kooperation mit regionalen Unternehmen.

Anita Scheuchenpflug arbeitet als Lehrerin in der BHAK und HTL Freistadt. „Viele Schüler werden vom Elternhaus beeinflusst.“ Wenn Eltern selbst Firmen führen, sei das Interesse der Schüler größer. Und: „Die Schüler wissen, was ihnen bevorsteht, wenn sie bei uns anfangen.“

Iris Wolf leitet seit September das Gymnasium Ort in Gmunden. Finanzbildung habe einen großen Stellenwert, betont sie. Wirtschaft und Geografie sind verbunden und werden in der Oberstufe zwei Stunden pro Woche unterrichtet. „Je älter die Schüler sind, umso mehr steigt das Interesse“, sagt Wolf.