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Italien: Die Achillesferse Europas

Von Hermann Neumüller, 26. Mai 2018, 00:04 Uhr

Die neue Regierung in Rom macht die Europartner nervös. Hebeln die beiden populistischen Parteien die Gemeinschaftswährung aus?

Rassist, Dieb, Stinktier." So titulierte der Gründer der Fünf-Sterne-Bewegung, Beppe Grillo, den Chef der Lega, Matteo Salvini, noch im Wahlkampf. In wenigen Tagen sitzen Salvini und der Statthalter Grillos, Luigi Di Maio, gemeinsam am Regierungstisch in Rom.

Im Wahlkampf gab es nicht nur derartige Ausfälle gegeneinander, auch EU und Währungsunion bekamen ihr Fett ab. Darüber hinaus überboten sich die beiden Parteien mit Wahlversprechen, wie Steuersenkungen, Frühpensionierungen und sonstige Wohltaten. Wie diese finanziert werden sollen, sagten sie nicht. Mit noch mehr Schulden? Auch das sei kein Problem. Man lasse sich vom Spar-Diktat der EU nicht weiter unterdrücken.

Jetzt ist in Brüssel Feuer am Dach. Werden diese beiden populistischen und europakritischen Parteien die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone destabilisieren oder sie gar zur Lira zurückführen?

Obwohl die neue italienische Regierung noch gar nicht steht, bläst ihr international schon starker Wind entgegen. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bezeichnete das Regierungsprogramm als "höchst verantwortungslos".

Der deutsche Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, meinte, die italienische Koalition zwischen der rechten Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung gebe "Anlass zur Sorge". Europa brauche mehr denn je einen verlässlichen italienischen Partner, so der deutsche Staatsminister.

Tatsache ist, dass die beiden populistischen Parteien nicht für die prekäre finanzielle Lage des Landes verantwortlich sind. Mit 2,3 Billionen Euro ist das Land verschuldet. Die Wirtschaft stagniert mehr oder weniger seit Jahrzehnten. Die Jugendarbeitslosigkeit ist unerträglich hoch. Das sind Gründe, warum die Italiener diese Parteien gewählt haben. Dass dabei auch die Migration eine wichtige Rolle gespielt hat, ist gerade im Falle der Lega, die ja betont fremdenfeindlich ist, auch keine Frage. Jetzt den Nachbarn dieses populistische Experiment vorzuwerfen, ist daher scheinheilig.

Tatsache ist aber auch, dass es einem Italiener besonders starke Kopfschmerzen bereiten wird: dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi. Eine Rückkehr zu einer "normalen" Geldpolitik, wie sie von vielen Seiten gefordert wird, würde die neue italienische Regierung erst recht in die Bredouille bringen.

Derzeit zahlt Italien für seine Staatsschulden im Durchschnitt nur 3,1 Prozent Zinsen, nicht zuletzt dank der Anleihekäufe der EZB. Sollte der Satz auf vier Prozent steigen, würde das eine zusätzliche Budgetbelastung von 23 Milliarden Euro bedeuten. Italien ist umgekehrt auch eines jener Länder im Süden der Währungsunion, die die niedrigen Zinsen bisher kaum zu Reformen genützt haben.

Wenn jetzt öfter von einem neuen Griechenland die Rede ist, dann ist das auch nicht wirklich passend. Um für Italien ein Hilfspakete zu schnüren, ist es viel zu groß. So gesehen ist die künftige Regierung durchaus in der Lage, die Europartner zu erpressen und Zugeständnisse etwa beim Budgetdefizit zu bekommen.

Wie groß das Drohpotenzial ist, hat die deutsche Tageszeitung "Die Welt" errechnet: Die italienische Notenbank schuldet dem Euro-System, also vor allem der Deutschen Bundesbank, im internen Zahlungsverkehr noch 426 Milliarden Euro. Die sind bei der "offiziellen" Staatsschuld noch nicht mitgerechnet. Bei einem Ausstieg Italiens aus dem Euro würden auch diese Schulden schlagend.

Wie destruktiv sich die neue italienische Regierung auf europäischer Ebene und gegenüber ihren Europartnern verhalten wird, muss sich erst zeigen. Für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron könnte ein destruktives Verhalten bei seinen Plänen zur Weiterentwicklung der Währungsunion einen Rückschlag bedeuten. Vielleicht kommt das umgekehrt der deutschen Kanzlerin gar nicht so ungelegen. Sie könnte den Franzosen mit Hinweis auf Italien ein bisschen einbremsen.

3 Fragen an Gudrun Hager

Die Oberösterreicherin Gudrun Hager (52) ist seit September 2016 als Wirtschaftsdelegierte in Mailand tätig. Zuvor war die Ebenseerin sieben Jahre lang in der Schweiz.

Wie sind die wirtschaftspolitischen Entwicklungen in Italien einzuschätzen?
In Italien wechseln die Regierungen tendenziell öfter als in anderen EU-Staaten. Die italienischen Unternehmer sind daher auch traditionell flexibler und stellen sich auf geänderte und unsichere Bedingungen ein. Sie erwarten aber, dass der eingeschlagene Reformkurs fortgesetzt wird.

Was bedeutet das für österreichische Firmen, die in Italien tätig sind?
Österreichs Exporte nach Italien sind heuer in den ersten beiden Monaten um 11,7 Prozent gewachsen, nachdem im Vorjahr bereits ein Plus von 8,6 Prozent erzielt wurde. Das beweist: Die Österreicher verstehen es, mit Italien Geschäfte zu machen.

Was zeichnet die österreichischen Exporteure aus Sicht der Italiener aus?
Sie werden als verlässliche Partner gesehen, die hochwertige und technologisch fortschrittliche Produkte und Dienstleistungen liefern.

 

 

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11  Kommentare
11  Kommentare
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( Kommentare)
am 27.05.2018 10:16

Manchen bei uns tät ein IXIT gefallen, dann könnt ma endlich so a schöne Grenzstation an der Brenner-Außengrenze aufstellen...

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 26.05.2018 20:43

Es gibt ja auch noch Griechenland und Spanien und die sind nicht nur wirtschaftlich bedroht, dort befindet sich auch noch eine extreme Linke, die droht diese Länder in den Würgegriff zu nehmen.

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Maireder (2.427 Kommentare)
am 26.05.2018 15:46

Egal welche Regierung Italien hat, es ist inzwischen aus dem IWF ist zu hören, dass 18 Prozent der ausgereichten Kredite der italienischen Banken von den Kreditnehmern unregelmässig bedient werden und das sind 85 Prozent des Eigenkapitals der italienischen Banken.
Dieser Kasino-Kapitalismus, nicht nur der Italiener in der EU, mit geringen Eigenkapital zu zocken verleitet ja gerade dazu, denn der Staat und/oder die EZB springt ja vor einem Bankrott wieder durch Anleihekäufe ein. Wir Bürger zahlen dies mit der Nullzinspolitik.
Das sollte zu denken geben.

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Gugelbua (31.805 Kommentare)
am 26.05.2018 15:39

und den Fersensporn der Ostblock Länder nicht übersehen grinsen

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jago (57.723 Kommentare)
am 26.05.2018 09:31

Die Staatsgrenzen sind die Achillesferse, die Grenzen zwischen den übermächtigen Regierungen, sogar übermächtig über die Parlamente.

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 26.05.2018 09:17

Der Euro ist nicht mehr auszuhebeln. Der ist international zu wichtig und gefragt.

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jago (57.723 Kommentare)
am 26.05.2018 09:37

In den USA, in Russland und in China sind die lokalen Exekutiven (Regierungen) bei weitem nicht so übermächtig wie in der EU.

Außerdem sind dort nicht die Regierungen sondern die Parlamente im Zentrum vertreten. Nur die Präsidenten sind zentral gewählt aber zumindest in den USA hat das Parlament ein Vetorecht.

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 26.05.2018 20:43

Hahahaha der war gut.

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penunce (9.674 Kommentare)
am 26.05.2018 05:57

Neuwahlen, bis das Ergebnis den Brüssler Bonzen passt!

Italien steht längst ÜBER den Abgrund und das ist auch europaweit bekannt.
Der Euro ist am Dilemma der Italiener schuld, in ihren eigenen Währung verhaftet, wäre dieses Drama wohl ausgeblieben, denn die italienische Regierung hätte ihre Lira auf und abwerten können und so dem Ruin entgegentreten.

Die OÖN berichten über alles, danke auch dafür, aber über den sich anbahnenden Skandal der Abfangjäger, mitsamt den belasteten Mail´s, ist der Redaktion bisher etwas entgangen!

Ob das politische Absicht war oder einfach Unwissenheit, mag jeder für sich selbst beurteilen!

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jago (57.723 Kommentare)
am 26.05.2018 09:28

Die Wahlen führen die Wähler an der Nase, aber daran sind die Wähler selber schuld! Denn die meisten Wähler denken beim Wählen an die Regierung statt ans Parlament, das die Regierung dauernd kontrollieren soll.

Derzeit ist die Wahl wie ein Lotteriespiel. Wenige Prozent kippen alles unwiederbringlich für 5 Jahre.

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Flachmann (7.126 Kommentare)
am 26.05.2018 13:11

Eher Dummheit!

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