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Halbe Lösung der Sozialpartner: Kein Paket für Arbeitszeit, 1500 Euro bis 2020

Von Susanne Dickstein und Dietmar Mascher, 01. Juli 2017, 00:04 Uhr
Halbe Lösung der Sozialpartner: Kein Paket für Arbeitszeit, 1500 Euro bis 2020
Versteinerte Mienen bei der Präsentation der Ergebnisse: ÖGB-Chef Foglar und WK-Präsident Leitl Bild: APA/HELMUT FOHRINGER

WIEN. ÖGB blockiert bei Flexibilisierung, Annäherung bei Addition von Unternehmerstrafen.

Die Erwartungen der Kritiker waren ohnedies niedrig und wurden bestätigt. Die Sozialpartner haben zwar bis zuletzt intensiv verhandelt. Auf ein Paket zur Flexibilisierung der Arbeitszeit konnten sie sich allerdings innerhalb der von der Regierung vorgegebenen Frist bis gestern nicht einigen. Heraus kam eine Einigung auf einen kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1500 Euro brutto bis zum Jahr 2020 sowie eine Annäherung bei den kumulierten Strafen für Unternehmer.

Dem Vernehmen nach waren die Verhandlungen über die Arbeitszeiten schon weit gediehen. Doch ÖGB-Chef Erich Foglar stieß in seinen eigenen Reihen auf Widerstand. Daher bleibt es vorerst bei der bestehenden Regelung von maximal zehn Stunden pro Tag (Details siehe unten).

Leitl unzufrieden

Entsprechend versteinert waren die Mienen bei der Präsentation durch Foglar, WK-Präsident Leitl, AK-Präsident Rudolf Kaske und Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes. Leitl machte kein Hehl daraus, dass er unzufrieden ist. "Wir haben uns auch nicht auf Zugeständnisse für Urlaubsregelungen wie bei den Beamten und eine Verkürzung der Arbeitszeit eingelassen. Wir verhandeln nicht aus Jux, sondern wir stehen im Wettbewerb", sagte Leitl zu den OÖNachrichten.

Metallergewerkschafter Rainer Wimmer spricht dennoch von einem sehr guten Ergebnis. "Wir haben es endlich geschafft, den Mindestlohn zu erhöhen. Eine tägliche Arbeitszeit von zwölf Stunden sehe ich problematisch." Ähnlich auch Amag-Betriebsrat Max Angermaier: "Die Leute merken halt, wenn man ihnen die Überstundenzuschläge streitig machen will." Zufrieden sind die Sozialpartner aber, dass sie weiterhin das Heft bei den Gehaltsverhandlungen in der Hand haben und ohne gesetzlichen Mindestlohn bleiben.

Kritik gibt es erwartungsgemäß aus den Reihen der Unternehmer. KTM-Chef Stefan Pierer drückt es am deutlichsten aus. "Das ist der letzte optische Beweis, dass aus einer ehemaligen Standortpartnerschaft eine Standortverschlechterungspartnerschaft geworden ist. Die Regierung sollte sich jetzt der Sache annehmen. Wir brauchen keine Schattenregierung." Unternehmerin Gertrude Schatzdorfer-Wölfel regt an, bei Verhandlungen mehr Frauen einzubeziehen. Die Männer in der Sozialpartnerschaft haben aus ihrer Sicht zu wenig erreicht. "Es sollte nicht so sehr um die Frage gehen, wer bringt seine Forderungen durch, sondern was ist das Beste für das Land."

Die Sozialpartner betonen, dass im Bereich Arbeitszeit weiter verhandelt wird. Pierer kritisiert aber, dass Österreichs Unternehmen "mit komplett antiquierten Regelungen" im Ausland erfolgreich sein müssen. Die Industriellenvereinigung (IV) sieht die Lage gar dramatisch: "Es ist ein schwarzer Tag für den Standort."

 

Nach zehn Stunden Arbeit ist derzeit Schluss

Wieder sind die Sozialpartner an der Aufgabe gescheitert, das Arbeitsrecht flexibler zu machen. Es ist schon flexibel genug, sagen die Arbeitnehmervertreter. Die starren Regeln behindern Österreichs Unternehmen im internationalen Wettbewerb, sagen die Arbeitgebervertreter.

"Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen", sagt Johannes Winkler, auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt in Linz. Als "Faustformel" gelte derzeit: maximal zehn Stunden pro Tag und maximal 50 Stunden pro Woche.

Möglichkeiten gibt es, die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit darüber hinaus zu verlängern. Das Arbeitszeitgesetz ermöglicht bei "besonderem Arbeitsbedarf" bis zu zwölf Stunden täglich und bis zu 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. Dafür braucht es aber eine Betriebsvereinbarung. Bei Unternehmen, die keinen Betriebsrat haben, müssen diese Überstunden schriftlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden. Zusätzlich muss ein Arbeitsmediziner bestätigen, dass die Überstunden unbedenklich sind.

Bis zu zwölf Stunden täglich und bis zu 60 Stunden wöchentlich entspricht der Forderung der Arbeitgebervertreter. Die Gewerkschafter berufen sich bei Diskussionen auf diese Bestimmung und sagen, das sei ohnehin möglich. Aber mit einem nicht praxistauglichen bürokratischen Aufwand, heißt es dann auf der Arbeitgeberseite.

Gesetzgeber am Zug

Wenn jetzt die Sozialpartner an der Flexibilisierung der Arbeitszeit gescheitert sind, dann ist der Gesetzgeber am Zug. Rechtsanwalt Winkler bezweifelt, dass eine gesetzliche Regelung ohne vorherige Einigung der Sozialpartner zielführend sein kann. Er hält die Ebene der Kollektivvertragspartner eher dafür geeignet. Schließlich seien die Anforderungen an die Flexibilität bei der Arbeitszeit branchenweise sehr unterschiedlich. Es habe sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass auf dieser Ebene viel möglich sei. (hn)

Video: ZIB-Reporter Schwitzer über den Sozialpartner-Kompromiss

 

Mindestlohn und flexible Arbeitszeit: Was sagen Sie zum Verhandlungsergebnis der Sozialpartner?

"Österreichs Unternehmen müssen mit komplett antiquierten Regelungen im Ausland erfolgreich sein." - Stefan Pierer, Industrieller

"Das ist ein ordentlicher Kompromiss, der auch zeigt, dass die Sozialpartner sehr wohl handlungs-
fähig sind." - Rainer Wimmer, Gewerkschafter

"Es sollte nicht so sehr um die Frage gehen, wer bringt seine Forderungen durch, sondern, was ist das Beste für das Land." - Gerti Schatzdorfer, Unternehmerin

"Die Leute merken halt, wenn man ihnen die Überstundenzuschläge streitig machen will." - Max Angermaier, Amag-Betriebsrat

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4  Kommentare
4  Kommentare
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gegenstrom (16.154 Kommentare)
am 02.07.2017 09:34

"Wir haben uns auch nicht auf Zugeständnisse für Urlaubsregelungen wie bei den Beamten und eine Verkürzung der Arbeitszeit eingelassen. Wir verhandeln nicht aus Jux, sondern wir stehen im Wettbewerb"

Ja warum darf man denn nicht auch die Regelungen für Beamte, die von uns Steuerzahlern ausgehalten werden, zur Diskussion stellen?

Warum müssen Lehrer etc. pragmatisiert werden, es genügt vollkommen, wenn nur Richter diese Privilegien bekommen und alle anderen Vertragsbedienstete im ASVG bleiben würden.

Warum stellt die Industrie so viele Leiharbeiter ein? Doch nur um billig auszusteigen und Druck auf die Langzeitbeschäftigten zu machen.

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felixh (4.875 Kommentare)
am 01.07.2017 16:37

10 Stunden reichen vollkommen

Man kann bei Projekten oder gutem Geschäftsgang um 12 Stunden ansuchen. Eine Dauerlösung kann bei gutem Geschäft sgsng nur heißen das neue mitarbeitet eingestellt werden.

1500!Brutto sind Netto 50 Euro über dem Existenzminimum!! Daher sucht die Wirtschaft billige Arbeitskräfte. Fachkräfte 50plus werden gefeuert.

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Vollhorst (4.973 Kommentare)
am 02.07.2017 09:40

Wenn man die Mindestlöhne einfach so anheben würde, dass würde man die Unqualifizierten belohnen und wenig motivieren, sich höher zu qualifizieren, um auf ein anständiges Lohnniveau zu kommen!

Und umgekehrt würde msn die Qualifizierten und Motivierten verarschen, weil man deren Löhne gleichzeitig NICHT anhebt.

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( Kommentare)
am 01.07.2017 15:49

Ein Alibi- Ergebnis,
damit man nicht auf den ersten Blick erkennt,
daß die Zwangsbeglücker ohnehin für die Würscht sind
und sich doch noch eine Weile dahinfretten dürfen.

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