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Der Jahrhundert-Bankier

Von Dietmar Mascher, 05. November 2014, 00:04 Uhr
Der Jahrhundert-Bankier
Heinrich Treichl 1913 – 2014 Bild: APA

Der ehemalige Chef der Creditanstalt, Heinrich Treichl, starb im 102. Lebensjahr

Es gibt Banker. Und es gibt Bankiers. Heinrich Treichl zählte zu Letzteren. Der langjährige Chef der Creditanstalt ist am Sonntag im Alter von 101 Jahren in Wien verstorben.

Treichl war schon zu Lebzeiten Legende und verkörperte 100 Jahre Wiener Geschichte. Er konnte sich noch an den Kaiser erinnern, erlebte den Ständestaat, die Nazizeit (sein Bruder Wolfgang, ein Gegner des Nazi-Regimes, fiel 1944) und den Wiederaufbau Österreichs. Seine pointiert kundgetane Meinung wurde zwar nicht von allen geteilt, als kritischer Mensch mit dem Blick für das Ganze war er jedoch allseits geschätzt.

Treichls Mutter war eine Baroness von Ferstel. Dort gingen nicht nur die Adeligen ein und aus, sondern auch die Liberalen wie Ludwig von Mises oder Joseph Schumpeter. Treichl, der am Schottengymnasium maturierte und nach seinem Jus-Studium zunächst als Devisenhändler in Paris arbeitete, sah sich selbst als Liberaler der angelsächsischen Schule.

Widersacher Kreiskys

Sozialistische Wirtschaftspolitik war ihm ein Gräuel, er assoziierte damit Unfreiheit. Daraus machte er auch kein Geheimnis, als er von 1970 bis 1981 Generaldirektor der ursprünglich von den Rothschilds gegründeten und zum damaligen Zeitpunkt verstaatlichten Creditanstalt war. Dem damaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky und dessen Finanzminister Hannes Androsch war er in Wirtschaftsfragen ein erbitterter Widersacher. Erst spät versöhnten Treichl und seine Frau sich mit Kreisky. Mit seinem Nachfolger in der CA, dem politisch in Ungnade gefallenen Hannes Androsch, pflegte er bis zuletzt ein kritisches, aber von gegenseitiger Wertschätzung geprägtes Verhältnis. Die Hartwährungspolitik Androschs fand sogar Treichls explizites Lob.

Einen Namen hatte sich Treichl schon als Leiter des Ullstein-Verlags gemacht. Seine Frau Helga (sie starb nach 49-jähriger Ehe 1995) stammte aus dieser Familie und war selbst Übersetzerin. Treichl landete einige Coups, etwa als er sich die deutschsprachigen Rechte für Thor Heyerdahls Bestseller "Kon-Tiki" oder Heinrichs Harrers "Sieben Jahre in Tibet" sicherte.

Für den Liberalen Treichl, der für Privatisierung und ein breites Verständnis der Österreicher für Aktienbesitz eintrat, war Wirtschaft freilich nicht allein das Thema. Soziales war ihm mindestens so wichtig. Er war 25 Jahre lang Präsident des Roten Kreuzes.

Politisch engagierte er sich nicht. Annäherungsversuche an die ÖVP scheiterten schon früh an den wirtschaftsliberalen und dem Vernehmen nach zu intellektuellen Ansichten des Bankiers. Es blieb bei der Kommentierung des Zeitgeschehens. War Treichl ursprünglich für eine schwarz-blaue Koalition gewesen, hielt er deren zweite Auflage für überflüssig und hätte lieber Schwarz-Grün gehabt, sagte er vor ein paar Jahren. Seine Memoiren "Fast ein Jahrhundert", die er 2003 zum Neunziger veröffentlichte, waren Wirtschafts- und Politikgeschichte gleichermaßen.

Treichl, der bis ins hohe Alter Yoga praktizierte und auf ein regelmäßiges Glas Rotwein schwor, hinterlässt zwei Söhne. Sohn Michael ist Investmentbanker in London, Andreas ist Chef der Erste Group.

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