Diskretion ist auch für die Lehrlinge oberstes Gebot
LINZ. Bei Banken und Versicherungen geht es ums Verkaufen, Beraten und Verwalten.
Seit 1995 ist die Zahl der Lehrlinge bei den Banken und Versicherungen in Oberösterreich um mehr als 50 Prozent gestiegen. Die Delle in der Finanzkrise ist mehr oder weniger überwunden. Die Unternehmen wollen gute Lehrlinge, und viele junge Leute zieht es in die Finanzbranche.
"Bank- und Versicherungskaufmann sind auch jene Lehrberufe, die von keiner Schulausbildung ersetzt werden", sagt Friedrich Filzmoser, Geschäftsführer der Sparte Banken und Versicherungen in der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Mit einer HAK-Matura ist man gleichzeitig Industrie-, Büro- oder Einzelhandelskaufmann. Finanzthemen sind in den Lehrplänen der Schulen aber wenig repräsentiert. Darum hat die Wirtschaftskammer gemeinsam mit Handelsakademien eine Extra-Ausbildung in Finanz- und Risikomanagement gestartet, die mit einem Zertifikat abschließt.
Viele Zusatzausbildungen
Bei der Lehre ist einiges drin. "Es ergeben sich gute Karrieremöglichkeiten", sagt Filzmoser. Nicht selten werden Lehrlinge Filialdirektoren oder mehr. Die Branche hat in den vergangenen Jahren die Lehre mit Matura oder Matura nach der Lehre forciert. "Dazu gibt es viele weitere Zusatzausbildungen", sagt Filzmoser.
Denn die Tätigkeiten bei den Unternehmen sind vielfältig, auch wenn es faktisch nur zwei Lehrberufe gibt (Bank- und Versicherungskaufmann) – von der internen Verwaltung, die aufgrund neuer Regularien immer anspruchsvoller wird, über den Verkauf bis zur Beratung von Kunden. Da es vor allem in der Bank immer um Geld gehe, seien die Berufe sehr sensibel, sagt Filzmoser: "Diskretion ist wichtig, und man braucht das nötige psychische Rüstzeug." Zeitliche Flexibilität ist etwa im Außendienst bei Versicherungen gefragt und wird generell immer bedeutender, weil heute die Schalteröffnungszeiten nicht mehr ausreichen. Kommunikationstalent, Kundenorientierung und soziale Kompetenzen sind neben Genauigkeit und Fachwissen wesentliche Eigenschaften.
Der stellvertretende Sparten-Obmann und OÖ.Versicherung-Generaldirektor Josef Stockinger betont ebenso die Bedeutung der Lehrlinge für die Branche und ihrer unterschiedlichen Stärken. Wichtige Weiterbildung gebe es auch am Institut für Versicherungswirtschaft an der Linzer Uni.
Generali-Regionaldirektor Reinhard Pohn sagt, dass sich Lehrlinge mit dem Unternehmen stark identifizieren. Man bilde sehr viele junge Leute aus, auch weil es in den nächsten Jahren zu vielen Pensionierungen kommen werde.
Lehrlingszahlen und Ausbildner in Oberösterreich
Lehrlinge in Ausbildung bei Banken und Versicherungen: 233 Lehrlinge im Jahr 2015 (111 männlich, 122 weiblich) in 53 Lehrbetrieben. Im Jahr 2014 waren es 239 Lehrlinge, 2005 hatte es 205, zehn Jahre davor 157 Lehrlinge gegeben.
Banken: 81 Lehrlinge im Sektor der Raiffeisenbanken, 41 Lehrlinge im Sektor der Sparkassen, 9 Lehrlinge im Sektor Banken und Bankiers (Ausbildner sind Bank Austria, Bawag, Partner Bank), 4 Lehrlinge bei den Volksbanken.
Versicherungen: 98 Lehrlinge, davon 21 bei Wiener Städtische, 20 bei Allianz, 15 bei Generali, 11 bei Helvetia, je 9 bei Oberösterreichische Versicherung und Donau, 7 bei Uniqa, 4 bei Wüstenrot, je 1 bei Merkur, Zürich.
3 Fragen an Heinrich Schaller
Der Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank (RLB) ist Mitglied der Spartenkonferenz der Sparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Die Raiffeisengruppe ist der größte Lehrlingsausbildner der Branche im Bundesland.
Im Gespräch mit den OÖNachrichten erklärt der Bankmanager, welche Bedeutung das duale Ausbildungssystem hat und woran es in Österreich mangelt.
Warum ist es Unternehmen in der Finanzbranche wichtig, viele ihrer Mitarbeiter selbst auszubilden?
Die Ausbildung von Lehrlingen für den Bankbetrieb ist von entscheidender Bedeutung, weil die jungen Leute das Bankgeschäft so von der Pike auf lernen. Und für die Lehrlinge selbst ergeben sich in der Branche sehr gute Karrieremöglichkeiten.
Seit der Finanzkrise 2008/09 hat das Image des Bankenjobs etwas gelitten. Spüren Sie das bei den Bewerbungen von Lehrlingen?
Nein, wir haben hier keine spezielle negative Entwicklung. Es gibt viele engagierte junge Leute, für die die Bankenbranche sehr interessant ist. Wir haben das Glück, aus vielen Bewerbungen die Besten auswählen zu können.
Was gibt es aus Ihrer Sicht im österreichischen Ausbildungssystem zu verbessern?
Es wäre wünschenswert, wenn schon in der Schule mehr über Wirtschaft unterrichtet würde. Das kommt derzeit deutlich zu kurz. Weiterbildung ist wichtig. Bei uns werden auch Lehre mit Matura und ein späterer Uni-Abschluss großgeschrieben.
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