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Benedikt XVI.: „Für viele“ sagen, aber „für alle“ meinen

Von Heinz Niederleitner, 03. Mai 2012, 00:04 Uhr
Benedikt XVI.: „Für viele“ sagen, aber „für alle“ meinen
Der Papst mit dem Kelch Bild: EPA

ROM. Der Papst wünscht eine andere deutsche Übersetzung der Wandlungsworte – und rechnet offenbar mit Widerstand.

Für Außenstehende mag es wie eine Lappalie erscheinen, für Theologen und praktizierende Katholiken berührt es Grundsätzliches: Papst Benedikt XVI. betont, dass die Wandlungsworte des deutschen Messbuchs mehr dem lateinischen Original angeglichen werden sollen, wie das im englischen Messbuch bereits geschehen ist. Bei der Wandlung wird nach römisch-katholischem Glaubensverständnis Christus in Brot und Wein real präsent. Es ist das zentrale Geschehen bei der Messfeier.

Eigentlich will die römische Kurie nur ein Wort ändern: Bei dem Satz, den der Priester über den Kelch mit Wein spricht, wird Jesus bisher so zitiert: „Nehmet hin und trinket alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis“ Aus dem „für alle“ soll nun „für viele“ werden, entsprechend dem lateinischen Text, wo pro multis steht.

Theologisch tun sich an diesem Punkt gravierende Fragen auf: Ist Jesus nicht für alle Menschen gestorben, sondern nur noch „für viele“? Der Papst weiß um die Gefahren dieses Vorhabens. In einem Brief an die deutschen Bischöfe zeigte er sich dessen bewusst: „Denn für den normalen Besucher des Gottesdienstes erscheint dies fast unvermeidlich als Bruch mitten im Zentrum des Heiligen. Sie werden fragen: Ist nun Christus nicht für alle gestorben? Hat die Kirche ihre Lehre verändert? Kann und darf sie das? Ist hier eine Reaktion am Werk, die das Erbe des (Zweiten Vatikanischen, Anm.) Konzils zerstören will?“

Der Papst versucht zu beruhigen: Natürlich sei Christus für alle gestorben, wiederholt er, was er bereits im zweiten Band seines Jesus-Buches herausgearbeitet hat. Ihm gehe es darum, dass die Wandlungsworte nicht in verschiedenen Sprachen unterschiedlich übersetzt werden, und dass man wieder näher zum biblischen (altgriechischen) Urtext zurückkehrt. Auch Wiens Erzbischof Kardinal Schönborn sagt, der Papst bekräftige die Treue zum überlieferten Wort Jesu.

Ganz so einfach ist das aber nicht und auch der Papst macht es sich keineswegs leicht: Er räumt ein, dass die Wandlungsworte im Neuen Testament etwas unterschiedlich überliefert sind: Bei Markus (14,24) und Matthäus (26,28) steht im altgriechischen Original jeweils ‘υπερ πολλων (hypèr pollõn) beziehungsweise περι πολλων (perì pollõn). Das heißt wörtlich zunächst nur „für viele“. Die bisherige Experten-Meinung, die unter anderem auf den protestantischen Theologen Joachim Jeremias zurückgeht, war, dass sich das griechische ‘υπερ πολλων (hypèr pollõn) auf ein ursprünglich aramäisches Wort bezieht, das nicht mit „viele“ im Sinne von „nicht alle“ übersetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist auch die deutsche Übersetzung des Messbuchs in den 70er Jahren („für alle“) erfolgt. Doch der Papst sagt, diesen Konsens der Experten gebe es nicht mehr.

Damit nicht genug, steht bei Lukas (22,20) und in der ältesten Überlieferung, dem 1. Korintherbrief des Apostels Paulus, ‘υπερ ‘υμων (hypèr hymõn) – „für euch“ (in 1. Kor 11,24 ohnehin nur in Bezug auf das Brot, nicht beim Kelchwort 11,25).

In der katholischen Kirche wird über diese Übersetzungsfrage schon länger diskutiert: Manche Theologen, wie zum Beispiel der Neutestamentler Thomas Söding, sprechen sich für die aktuelle Übersetzung „für alle“ aus, andere wie der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück sehen Vorteile im „für viele“. Die Gründe dafür sind unterschiedlich und reichen von seelsorglichen, dogmatischen bis zu philologischen Bedenken.

Auf der kirchenpolitischen Ebene ist das Thema (noch) nicht so recht angekommen. Brisant wird es aber im kommenden Jahr: Da soll im Advent das neue Gesangbuch unter dem alten Namen „Gotteslob“ ausgegeben werden und die neue Übersetzung des Messtextes enthalten (wann das eigentliche Messbuch kommt, ist noch nicht wirklich abzusehen). Der Papst hat jedenfalls die Sprengkraft des Vorhabens durchaus realistisch eingeschätzt: Die Rückkehr zu „für viele“ kann als konservativer Schritt zurück in die Vergangenheit verstanden werden, vor allem, weil bereits andere Taten und Aussagen Benedikts so interpretiert wurden: der Dialog mit der fundamentalistischen Pius-Bruderschaft, Benedikts Kritik an einer zu progressiven Interpretation des Konzils, seine bekannte Unzufriedenheit mit der Entwicklung der Liturgie.

Letztlich müssen sich die Gläubigen entscheiden, ob sie Joseph Ratzinger vertrauen, dass er keinen Schritt zurück machen will. Der Applaus aus der falschen Ecke ist ihm aber bereits sicher: In berüchtigten konservativen Internetforen wird schon eifrig gefragt, wie es zu der „Falschübersetzung“ „für alle“ kommen konnte. Freilich hat man dem Papst nicht ordentlich zugehört. Denn als falsch hat er „für alle“ nicht bezeichnet.

Bleibt die Frage, wie sich die Diskussion auf die Gottesdienste der Pfarrgemeinden auswirken wird. Konservative Priester haben vereinzelt bereits eigenmächtig „für viele“ verwendet. Die Frage ist nun berechtigt, ob sich künftig andere Priester weigern werden, auf das „für viele“ umzusteigen. Und es ist zu fragen, ob es wirklich notwendig war, in einer Zeit, da die Kirche in einer Krise ist, verwirrende Veränderungen vom Zaun zu brechen.

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14  Kommentare
14  Kommentare
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mitreden (28.669 Kommentare)
am 03.05.2012 16:25

für mich stellt das schon einen gewaltigen unterschied dar.
und so gibt es viele beispiele für unterschiedliche auffassung und übersetzung ins deutsche.
wünschenswert wäre es, die kirchen würden sich auf eine form einigen oder neu übersetzen, was für alle gültigkeit hat. konzil hin oder her. dann wären viel missverstänisse lösbar.

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stop (83 Kommentare)
am 03.05.2012 14:16

ob benedikt aus der jungfrau bei Jes. 7,14 auch wieder eine junge frau macht, wie es dem urtext entspricht und wie sich alle experten einig sind. wenn er schon so auf der buchstabentreue herumreitet, wäre das der logische nächste schritt. natürlich sind dann auch alle neutestamentlichen bezugstellen zu ändern, da sie ja auf einer fehlinterpretation beruhen. dann ist es durchaus katholisch zu glauben, dass jesus von einer jungen frau geboren wurde und viel unsinn über jungfrauengeburten wäre damit aus der welt geschafft. also benedikt sprich zu uns!

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observer (22.145 Kommentare)
am 03.05.2012 13:38

warum die Juden so grossen Wert darauf legen, dass die Tora auf Punkt und Beistrich immer vollkommen unverändert bleibt. Damit ist Interpretationsspielräumen die Grundlage entzogen. Eigentlich müsste die Kirche auch zum armäischen Text des neuen Testaments zurückkehren, das Problem ist nur, dass es da abweichende Texte gibt. Ansonsten erhebt sich wie immer die Frage, ob der Anspruch der katholischen Kirche und des Papstes, die rechtmässigen und alleinigen Erben von Christus und Petrus zu sein, überhaupt zu Recht besteht...

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Christianus (979 Kommentare)
am 03.05.2012 14:07

ihrer Sprache geschrieben und überliefert wurde. Die Bibel wurde ja zuerst ins Griechische und dann ins Lateinische und von Luther dann erst ins Deutsche übersetzt. Es ist faszinierend Frau Ruth Lapide zu zu hören, wie oft die dann erwähnt: falsch, ein Übersetzungsfehler! Das beste Beispiel ist ja für uns das Gleichnis, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe als dass ein Reicher in den Himmel käme. Im Original ist aber nicht ein Kamel gemeint, sondern ein Tau.

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jago (57.723 Kommentare)
am 05.05.2012 01:45

in griechisch geschrieben worden, der damaligen Sprache der Wissenschaft. Die Sprache der Verwaltung war aber Latein.

Nachdem das Christentum nicht von den Bischöfen sondern vom Kaiser Konstantin im Reich eingeführt wurde (womit der Kaiser nicht mehr göttlich war!), galt die Amtssprache als Kirchensprache. Die Trinität ist von Konstantin gesetzlich eingeführt worden (Nicäa 325).

Das "AT" (so nennen nur wir Christen die jüdischen Schriften) wurde von hebräisch auf Griechisch in die "Septuaginta" übersetzt. Das wurde von Hieronimus in die "Vulgata" auf lateinisch übersetzt und galt auch für den Luther als Basis, soviel ich weiß.

Btw.: Sie schreiben ganz schön viel Stuss, Christianus.

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Christianus (979 Kommentare)
am 03.05.2012 09:57

interessiert niemanden meinen! Es lebe die HERR-liche Zeit um das Jahr 1000, denn dort lebt der Josef Ratzinger tatsächlich. Lassen wir ihn dort ihn Frieden sein. Aber leider lese ich auch immer wieder solche Artikel über ihn und seine römische Sekte.

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phönix77 (4.968 Kommentare)
am 03.05.2012 10:03

bist wieda auf´n scheinheiligensenda, und vertrittst unser anliegen dagegen??? gut so, dann brauch ich meinen senf nicht dazu einbringen, lg. at

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Christianus (979 Kommentare)
am 03.05.2012 10:15

üba die römische Bagage, und kanns dann do wieder net lassn. Nat. ärger i mi wieder und muass Dampf ablassn. Oba es is a Kaumpf gegen Windmühlen, goi. lg Chr.

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phönix77 (4.968 Kommentare)
am 03.05.2012 10:33

mein wackerer don quijote de la mancha auf seinem treuen gaul rosinante, u. wo ist dein sancho panza???? nun der wird sich sicher noch finden, mein lieber, manchmal komm ich mir ebenfalls so vor, als würd ich gegen windmühlen kämpfen, endlos u. ohne erfolg, aber ich gebe nicht auf, dazu bin ich zu stur (sternzeichen steinbock), und auch du wirst nicht aufgeben, da bin ich mir ganz sicher, u. nun auf !!!! gegen dummheit, engstirnigkeit u. gegen das mittelalter im 21. jahrhundert !!!!
lg. at

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( Kommentare)
am 03.05.2012 08:13

ich frage diese fundamentalisten: hat jesus latein gesprochen? so viel ich weiß (bin ja nicht gebildet) sprach er aramäisch. was soll das also für alle oder für viele, das ist wortklauberei. papst benedikt hat mit seiner wortwahl schon genug unruhe gestiftet. menschlich sein, das wäre viel wichtiger.

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Christianus (979 Kommentare)
am 03.05.2012 09:51

die mit den Juden nicht zimperlich umgegangen sind. Jesus wäre sicher nicht scharf daruf, dass sein Gedächtnis in dieser Sprache gefeiert werden MUSS. Und was die Menschlichkeit betrifft: Hier gleicht die römische Kirche aufs Haar den Pharisäern und Schriftgelehrten der damaligen Zeit, da stand auch das Gesetz über dem Menschen.

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jago (57.723 Kommentare)
am 03.05.2012 01:15

Das Dilemma der Kirche ist nicht mehr zu verheimlichen, dass immer mehr Leute "gebildet" sind und "mitbestimmen" möchten.

Andererseits aber leider nicht demütig genug, um sich der top-down Hierarchie zu fügen und stattdessen mit ihrer Gescheitheit zu protzen, um dem Diabolo, dem Verwirrer zu gefallen.

Der Artikel ist gut geschrieben, finde ich. Auch der Seitenhieb auf die Piusbrüder ist zurückhaltend. Da bin ich hier°° überrascht.

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( Kommentare)
am 03.05.2012 00:50

überleben!

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Christianus (979 Kommentare)
am 03.05.2012 10:01

UDSSR erlebt. Lauter alte, senile und demenzkranke Männer haben ein Weltreich in den Untergang geführt. (Dem ich nat. nicht nachtrauere)

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