Zweiter Toter innerhalb weniger Tage: Polizei erschoss 23-Jährigen
SAINT LOUIS/FERGUSON. Nur drei Kilometer von Ferguson entfernt – dennoch relativ ruhige Protestnacht.
Zwar verlief die Nacht in der US-Kleinstadt Ferguson nach tagelangen Unruhen verhältnismäßig ruhig. Doch nur wenige Kilometer entfernt von dem Ort, in dem am 9. August der 18-jährige Michael Brown von einem Polizisten erschossen worden war, starb neuerlich ein junger Afro-Amerikaner bei einer Polizeiaktion.
Der 23-Jährige wurde in St. Louis erschossen. Er habe die Beamten mit einem Messer bedroht, sagte Polizeichef Sam Dotson. Der Verdächtige habe sich unberechenbar verhalten und die Polizisten aufgefordert, ihn zu erschießen. Obwohl ihn die Polizisten mehrfach ermahnt hätten, das Messer abzulegen, sei der 23-Jährige, der kurz zuvor Lebensmittel aus einem Geschäft gestohlen haben soll, weiter auf sie zugekommen. Als er nur noch rund einen Meter von den Beamten entfernt gewesen sei, hätten diese geschossen. Die genauen Umstände würden noch untersucht.
Sorge vor weiterer Krawallnacht
In Ferguson herrschte daraufhin Sorge vor einer weiteren Krawallnacht. Doch obwohl es mehrere Störaktionen gab und neuerlich 47 Personen festgenommen und Waffen beschlagnahmt wurden, ist es in der Nacht auf Mittwoch in Ferguson vergleichsweise ruhig geblieben. Es flogen weder Molotowcocktails, noch ging die Polizei mit Tränengas und Blendgranaten gegen die Demonstranten vor. Bei einem kurzen Zusammenstoß setzte die Polizei Pfefferspray ein. Einige mit Urin und Wasser gefüllte Glas- und Plastikflaschen veranlassten die Polizei gegen Mitternacht (Ortszeit), gezielt Unruhestifter aus dem Verkehr zu ziehen. Diese versteckten sich im Lauf des Abends immer wieder in der großen Menge von Reportern.
In einer nächtlichen Pressekonferenz lobte der verantwortliche Polizist Ron Johnson den Einsatz. "Heute Abend haben wir eine andere Dynamik gesehen. Ich glaube, heute Abend wurde ein Wendepunkt erreicht." Die Polizei hatte Demonstranten vorher gebeten, nur bei Tageslicht auf die Straße zu gehen.
"Sie sollten nicht als Schutzschild der Gesetzbrecher in der Nacht dienen", sagte Johnson. "Kein Polizist hat eine einzige Kugel abgegeben", erklärte Johnson. Das teils harte Durchgreifen der örtlichen Polizei vergangene Woche war mehrfach kritisiert worden. Zur neuen Strategie gehörte, dass die Demonstranten nicht stehen bleiben und nur auf dem Gehsteig gehen durften.
Nach tagelangen Unruhen hatte auch US-Präsident Barack Obama zum Verzicht auf Gewalt aufgerufen. Er hatte auch Justizminister Eric Holder nach Ferguson entsandt, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
Michael Brown soll am kommenden Montag beerdigt werden. Es sei eine öffentliche Gedenkveranstaltung geplant, berichtete die Zeitung "St. Louis Post-Dispatch". An Michael Browns Mahnmal versammelten sich erneut Menschen zur Andacht.
Am Mittwoch begann auch die juristische Aufarbeitung des Falles. Eine Grand Jury soll klären, ob der Polizist Darren Wilson das Gesetz brach, als er Brown erschoss. Justizministerium und FBI ermitteln.