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Wassilowsky: „Der Rücktritt ist eine Modernisierung“

Von Heinz Niederleitner, 13. Februar 2013, 00:04 Uhr
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Papst  Bild: Reuters

LINZ. Kirchenhistoriker Günther Wassilowsky über das Pontifikat von Benedikt XVI.

Warum der Papstrücktritt ein Modernisierungsschub ist, erklärt der Kirchenhistoriker Günther Wassilowsky im OÖN-Interview. Der Professor an der Katholisch-theologischen Privatuniversität Linz spricht auch über das „Vermächtnis“ Benedikts XVI. und den Gleichklang mit Johannes Paul II.

OÖNachrichten: Wie außergewöhnlich ist der Rücktritt Benedikts aus historischer Sicht? Er wird oft mit jenem von Coelestin V. im 13. Jahrhundert verglichen.
Günther Wassilowsky: Die Bezugnahme auf Coelestin V., der unter ganz anderen Umständen zurückgetreten ist, finde ich eher hanebüchen. Man kann ruhig sagen, ein Rücktritt in dieser Form wie bei Benedikt ist noch nie in der Kirchengeschichte vorgekommen, das ist ein völlig neues historisches Faktum. Die Konsequenzen, insbesondere für das grundsätzliche Verständnis des Papstamtes, sind noch gar nicht abzusehen: Ich sehe in diesem Schritt einen enormen Modernisierungsschub in der Legitimierung des Papstamtes: Benedikt sagt, er habe eine Aufgabe zu erfüllen, und wenn er diese nicht mehr erfüllen könne, sei es konsequent, das Amt zurückzulegen. Das Verständnis des Amtes als Dienst, das in Benedikts Rücktritt zum Ausdruck kommt, ist ein außerordentlich wichtiger Impuls für die Weiterentwicklung der Institution Papsttum. Eine andere – für manche eher unliebsame – Konsequenz wird sein, dass bei jedem Folgepapst Rücktrittsforderungen erhoben werden, wenn er Unzufriedenheit hervorruft.

Johannes Paul II. war fast 27 Jahre lang Papst, Benedikt XVI. nur acht. War das ein Übergangspontifikat?
Rein von der Dauer her kann man nicht mehr von einem Übergangspontifikat sprechen, auch wenn es zu den kürzesten Pontifikaten der vergangenen anderthalb Jahrhunderte gehört. Es ist viel passiert während dieser Regierungszeit, manches sicher ungewollt. Aber Benedikt hat auch willentlich Akzente gesetzt. Es gab selten einen Papst, der über eine solche Kenntnis der theologischen Tradition verfügte und den Glauben so brillant erschließen konnte. Gegenüber religiösen Fundamentalisten hat dieser Papst betont, dass Glaube und Vernunft wesentlich zusammengehören.

Abgesehen von der Länge des Pontifikats – wo liegen die Unterschiede zum Vorgänger Johannes Paul II.?
Große Unterschiede ergaben sich im Vergleich zu Wojtyla durch das eher nüchterne Wesen Benedikts. Die großen inhaltlichen Linien des Vorgängerpontifikats hat Benedikt XVI. aber weitergeführt. Bestehende Probleme sind nicht gelöst worden. Etwas anderes war auch nicht zu erwarten: Joseph Ratzinger war schon als Kardinal maßgeblich beteiligt an Roms Ablehnung der Frauenweihe, dem Festhalten am Zölibat oder in den Fragen der Sexualethik. Aber in der Amtszeit von Benedikt XVI. haben sich die Probleme weiter verschärft, zum Beispiel die Frage der Sexualität durch die Missbrauchskrise. Da hatte Benedikt nicht die Kraft, die Kreativität und den Mut, grundsätzlicher nachzudenken, welche strukturellen Veränderungen notwendig wären. Ich würde seinen Rücktritt auch so interpretieren, dass der Papst selbst erkannt hat, dass es diesen immensen Reformbedarf gibt, aber dass seine Kräfte nicht ausreichen, um all das anzugehen.

Was erwarten Sie sich von der kommenden Papstwahl?
Es wird – wie immer – unterschiedliche Fraktionen unter den Kardinälen geben: Eine Fraktion sind die Italiener, die nach einem polnischen und einem deutschen Papst nun für die Rückkehr zur „Normalität“ plädieren, und das heißt, dass es wieder ein Italiener werden soll. Dann gibt es die Globalisierungsfraktion, die sagt: Jetzt ist ein Nicht-Europäer dran. Die Kurienkardinäle wollen gewöhnlich einen eher politisch schwachen Papst. Und die Kardinäle, die als Bischöfe in Diözesen wirken, wollen wiederum einen Papst, der die bitter nötige Kurienreform endlich umsetzt. Jetzt kommen also sehr unterschiedliche Absichten zusammen, und man muss abwarten, wie sich die Mehrheitsverhältnisse ausbilden.

Die Papstrücktrittsrede im Wortlaut

 

Download zum Artikel

Rücktrittserklärung von Papst Benedikt XVI

vom 11.02.2013 (2.595,10 KB)

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Rücktrittserklärung auf Latein (Quelle: Radio Vatikan)

 

 

Der neue Papst soll jünger und ein Reformer sein

OÖN-Umfrage: Die Oberösterreicher halten die Rücktrittsentscheidung für richtig und mutig

Recht konkrete Vorstellungen haben die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher darüber, wie das künftige Oberhaupt der katholischen Kirche sein soll. Die OÖN haben sich bei den Menschen im Land umgehört. Der Wunsch der Kirchenbasis nach Veränderung auch auf der obersten Führungsebene der katholischen Kirche ist deutlich spürbar: Demnach soll der neue Papst nicht nur jünger, sondern auch ein Reformer sein.

Der Entscheidung von Benedikt XVI., zurückzutreten, wird von den Oberösterreichern generell Verständnis entgegengebracht und mehr noch: ihr wird Respekt gezollt und sie wird als „mutig“ erachtet. Auch Oberösterreichs Kirchen- und Laienvertreter hatten, wie berichtet, den Entschluss des Papstes als Zeichen von Mut und Größe gewürdigt.

"Ich kann verstehen, dass man es in diesem Alter etwas ruhiger angehen möchte. Schließlich ist der Papst großen Strapazen ausgesetzt. Ein neuer Papst kann die Kirche mit Augenmaß reformieren – mit der Brechstange geht nichts.“ Christine Weber, Wirtin in Rohrbach

"Wir brauchen keinen Papst. Und wenn, dann sollte er jünger sein. Der Papst gibt den Segen zu Ostern, das war’s. Er hat keine Erfahrung von Familien, will aber Ratschläge geben.“ Christine Jagoditsch, Pensionistin aus Meggenhofen

"Ich finde die Entscheidung mutig. Auch ein Papst hat das Recht zu entscheiden, wenn es Zeit zum Aufhören ist. Hoffentlich ist das nächste Kirchenoberhaupt zwischen 50 und 60 Jahre alt. Die Kirche muss moderner werden. Dazu ist ein Kraftakt nötig.“ Frieda Lutsch, Pensionistin, Aurolzmünster

"Es ist das gute Recht des Papstes, aufzuhören, wenn er sich zu alt für das Amt fühlt. Eigentlich sollten alle kirchlichen Würdenträger so handeln. Ich hoffe jetzt auf einen Reformpapst, die Zeit ist längst reif dafür.“ Karl Steinkogler, Backwarenladenbetreiber in Gmunden

"Ich freue mich für ihn, weil er jetzt aus der Zwickmühle heraußen ist. Er hat die Notwendigkeit von Veränderungen gefühlt und durfte es aber nicht tun.“ Elfie Marinelli, Pensionistin, Steyr

 

 

Benedikt wird nicht nur Pensionist sein

Georg Ratzinger, Bruder von Papst Benedikt XVI., ist sich sicher, dass dieser auch nach seinem Rücktritt „nicht völliger Pensionist“ werde. „Warten, bis der Tag vergeht, das wird er bestimmt nicht tun“, sagt Georg Ratzinger.

Die Pläne für den Umzug Benedikts bzw. Joseph Ratzingers (wie Benedikts weltlicher Name lautet) sind unterdessen bereits weit fortgeschritten. Er wird in sein neues Domizil in einem Kloster im Vatikan übersiedeln. „Die Wohnung ist schon eingerichtet“, sagt sein Bruder Georg. Dort werde der ehemalige Theologieprofessor Joseph Ratzinger auch wieder wissenschaftlich arbeiten.

Die vier Schwestern der katholischen Laienvereinigung „Memores Domini“, die schon bisher den Haushalt Benedikts im Apostolischen Palast betreuten, werden mit umziehen.

 

„Christus ist auch nicht vom Kreuz heruntergestiegen“

"Der Papst hätte nicht zurücktreten sollen, so ein Amt füllt man bis zum Tod aus. Christus ist auch nicht vom Kreuz heruntergestiegen, obwohl er es gekonnt hätte. Der Rücktritt war eine Schwäche, ausgelöst von Kampagnen gegen den Papst. Aber es kommt ein Nachfolger, der die Vorsehung Gottes verwirklichen wird.“ Friedrich Engelmann, Herausgeber der erzkonservativen Zeitschrift „Der 13.“

"Papst Benedikt hat meinen Respekt. Dass er diesen Schritt gewagt hat, zeigt Größe. Jetzt gibt es die Chance, dass sich mit dem neuen Papst wirklich etwas verändert. Ich erwarte mir, dass er Schritte für eine echte Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche setzt. Uns ist schon klar, dass nicht morgen das Papsttum den Frauen offen steht. Aber zumindest das Diakonat und andere Weiheämter sollten für die Frauen geöffnet werden.“ Erika Kirchweger, Vorsitzende der oö. Frauenbewegung

"Benedikts Schritt sehe ich mit großer Hochachtung. Mit seinem Rücktritt wird der Weg frei für notwendige Reformen. Bewährte verheiratete Männer sollten zu Priestern geweiht werden können. Und wir brauchen mehr Kompetenzen für die Ortskirchen, damit die Kirche im Heute ankommt. Es braucht einen offenen Weg, so wie es mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil angedacht war.“ Johann Holzinger, Prälat des Augustiner Chorherrenstiftes St. Florian

 

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