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Zehn Tote in München: "Amoklauf" ohne IS-Bezug

Von nachrichten.at/apa, 23. Juli 2016, 11:58 Uhr
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Bildergalerie Zehn Tote nach Amoklauf in München
Bild: APA

MÜNCHEN. Die Gewalttat mit zehn Toten in München war nach Angaben der Ermittler ein Amoklauf. Der 18-jährige Täter aus München habe keinen Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat gehabt, sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä am Samstag.

Bei Durchsuchungen im Zimmer des Schülers habe man Unterlagen zum Thema Amok gefunden. "Mit dem Thema hat sich der Täter offenbar intensiv beschäftigt", sagte Andrä. Darum geht die Münchner Staatsanwaltschaft davon aus, dass es sich bei der Tat um einen klassischen Amoklauf handelt.

Nach Angaben der Ermittler soll der Attentäter auch eine Erkrankung "aus dem depressiven Formenkreis" gehabt haben, wie Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte. Details nannte er nicht.

Mitschnitt der Polizei München von der Pressekonferenz:

 

Zusammenhang mit Breivik-Attentat

Die Ermittler gehen von einem Zusammenhang mit dem Attentat des Norwegers Anders Behring Breivik aus. "Diese Verbindung liegt auf der Hand", sagte Andrä. Am Freitag war der fünfte Jahrestag von Breiviks Amoklauf.

Der junge Mann hatte am Freitagabend im Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen erschossen und dann sich selbst getötet. Danach gab es Gerüchte über mehrere Täter, was zu Panik in ganz München führte.

Polizeipräsident Andrä sagte, es habe keine weiteren Täter geben, der 18-Jährige sei ein Einzeltäter. "Tat und Täter haben überhaupt keinen Bezug zum Thema Flüchtlinge", stellte er klar.

Der junge Mann hatte den Angaben zufolge eine illegale Pistole mit Kaliber 9-Millimeter und mehr als 300 Schuss dabei. Die Seriennummer war ausgefräst.

Viele Todesopfer minderjährig

Viele Todesopfer waren minderjährig. Zwei 15-Jährige und drei 14-Jährige seien ums Leben gekommen, berichteten die Ermittler. Die weiteren Opfer seien 17, 19, 20 und 45 Jahre alt gewesen. Unter den neun Todesopfern seien drei Frauen gewesen. Das kosovarische Außenministerium teilte mit, unter den Toten seien drei Kosovaren im Alter zwischen 14 und 21 Jahren.

Gleich drei der neun Todesopfer stammen nach Angaben des Roten Kreuzes aus Familien, die sich kannten und nahe standen. Es handle sich um drei Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren.

Aus Sicherheitsgründen müssten in München am Wochenende nach Angaben Andräs keine Veranstaltungen abgesagt werden. Zur Zeit seien noch 800 Einsatzkräfte in der Stadt im Einsatz.

Es sei noch nicht klar, ob es Opfer gab, die einen Bezug zum Täter hatten. Das werde untersucht, dazu werde das gesamte Umfeld des 18-Jährigen untersucht. Die Familie des Täters wohnte gemeinsam in einer Wohnung. Es gab keine weitere Festnahmen, sagte Polizeipräsident Andrä.

Facebook-Account gehackt?

Die GSG9 hat bei der Durchsuchung der Wohnung des Täters mitgeholfen und stand für weitere Einsätze bereit.

Die Eltern des Täters sind derzeit nicht vernehmungsfähig, erklärte Polizeipräsident Andrä.

Es gibt erste Erkenntnisse, dass der Täter einen Facebook-Account gehackt hat, um Menschen zu dem Schnellrestaurant zu locken. Das müsse allerdings verifiziert werden, sagte Robert Heimberger vom Bayerischen LKA. Es spreche aber vieles dafür, dass dies der Fall sein.

Attentäter: Probleme in der Schule

Der Attentäter von München soll sich viel mit Computer-"Ballerspielen" beschäftigt und den Attentäter des Amoklaufs von Winnenden verherrlicht haben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Samstag aus Sicherheitskreisen. 2009 hatte ein 17-Jähriger an seiner früheren Realschule in Winnenden bei Stuttgart und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst getötet.

Aus den Sicherheitskreisen hieß es weiter, der Attentäter von München soll Probleme in der Schule gehabt haben. Er sei in Deutschland groß geworden, seine Eltern seien in den 90er Jahren in die Bundesrepublik gekommen.

Lage beruhigte sich am Vormittag

Der öffentliche Nahverkehr war Samstagvormittag wieder in Betrieb, wie die Münchener Polizei am Samstagmorgen über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte.

Nur der U-Bahnhof am Olympia Einkaufszentrum (OEZ) wurde demnach nicht angefahren.

Am OEZ hatte der mutmaßliche Täter, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, am frühen Freitagabend kurz vor 18.00 Uhr das Feuer eröffnet, ehe er sich offenbar selbst das Leben nahm. Zehn Menschen einschließlich des Täters sind tot, 16 weitere waren in der Nacht noch im Krankenhaus.

Alle - teils widersprüchliche - Informationen, die gestern im Laufe des Abends und in der Nacht an die Öffentlichkeit gelangt sind, lesen Sie in unserem Liveticker.

Der Tatort war am Samstagmorgen weiträumig abgesperrt. Die Ermittlungen vor Ort dauerten an, sagte ein Polizeisprecher. Weitere Einzelheiten wollte er aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht nennen. 

Nachbarin über Täter: "Er war ein guter Mensch"

Die Nachbarn im Mietshaus im Münchner Stadtteil Maxvorstadt haben den mutmaßlichen Täter als freundlich und hilfsbereit beschrieben. "Der Junge war sehr sehr nett. Ich kann nichts Schlimmes sagen", berichtete eine Nachbarin. So habe er die Zeitungen im Haus verteilt.

Sie beschrieb den 18-Jährigen als "guten Menschen". "Er war eine gute Person, ein guter Mensch", sagte die 40-Jährige am Samstag gegenübere Medienvertretern. "Ich habe ihn nicht einmal sauer gesehen, niemals habe ich Probleme mit der Polizei oder Nachbarn gehört." Die aus Mazedonien stammende Frau fügte hinzu: "Er hat gelacht wie ein normaler Mensch."

Ein im Internet veröffentlichtes Video zeigt offenbar den mutmaßlichen Täter in einem Wortwechsel mit Anwohnern während der Tat. Darin sagt der 18-Jährige "Ich bin Deutscher", während er von den Anwohnern unter anderem als "Kanake" beschimpft wird. Er sei in Deutschland geboren und komme aus einer "Hartz-IV-Gegend", fügt er hinzu und sagt, er sei "in Behandlung" gewesen.

Der Nachbarin zufolge ist der Vater des 18-Jährigen ein aus dem Iran stammender Taxifahrer, die Mutter habe früher bei der Warenhauskette Karstadt gearbeitet. Der mutmaßliche Täter hat demnach zudem einen jüngeren Bruder.

Panik und Falschinformationen

Nach den Schüssen war Panik in Teilen der Stadt ausgebrochen, die Polizei rief die Bürger zum Daheimbleiben auf. Der öffentliche Verkehr wurde eingestellt, der Hauptbahnhof evakuiert. Es habe zahlreiche Hinweise auf Schießereien oder auch Geiselnahmen gegeben, die zu einer "massiven Verunsicherung" geführt hätten, sagte Andrä. Alle Berichte hätten sich als falsch herausgestellt. Insgesamt seien 2.300 Polizisten im Einsatz gewesen, so der Polizeipräsident, der dabei explizit auch die 42 österreichischen Cobra-Beamten erwähnte.

Wegen der Bluttat brach der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere am Abend eine USA-Reise ab. Er wollte im Laufe des Samstags in München eintreffen, am selben Tag war in Berlin auch eine Sitzung des Sicherheitskabinetts unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel geplant. Die deutsche Bundesregierung betonte in einer Mitteilung, sie wolle "keine voreiligen Stellungnahmen und Spekulationen abgeben". Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte, es werde in alle Richtungen ermittelt.

In Oberösterreich verstärkter Polizeieinsatz

Die Landespolizeidirektion (LPD) Oberösterreich hatte auch hierzulande ihren Einsatz verstärkt. Insbesondere in Linz, wo derzeit das Pflasterspektakel stattfindet, waren „alle verfügbaren Kräfte“, darunter auch ein Polizeihubschrauber, unterwegs. „Es gibt keine konkrete Hinweise“, sagte Polizei-Sprecher David Furtner den OÖNachrichten gestern Abend. Allerdings hätte die Vergangenheit gezeigt, dass Terrorattacken (man ging zu diesem Zeitpunkt von einem terroristischen Anschlag von drei Tätern aus) oft parallel stattfinden. Daher habe man die Vorsichtsmaßnahmen verstärkt.

Bild: fotokerschi.at/draxler

Verstärkter Einsatz der Polizei beim Linzer Pflasterspektakel. Bild: fotokerschi.at/draxler

Zweiter Schwerpunkt der Landespolizeidirektion Oberösterreich war die bayerisch-oberösterreichische Grenze. „Auch in Schärding haben wir alle verfügbaren Kräfte im Einsatz“, sagte Furtner gestern Abend. Insbesondere da der Münchner Täter vorerst flüchtig war.

Ganze Nacht war Polizei in Alarmbereitschaft

In Österreich wurde die Cobra im ganzen Land in Alarmbereitschaft versetzt, in allen an Deutschland angrenzenden Bundesländern wurde laut Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) "der Grenzschutz hochgefahren". 

"Das, was nach dieser Lage notwendig ist und getan werden kann, das hat Österreich getan", sagte Sobotka von der Einsatzzentrale des Innenministeriums aus in der "ZiB24". Man müsse aber "gewärtig sein, dass es auch bei uns passieren kann", so der Minister. "Gegen solche Terroristen oder Kriminelle kann man sich ganz schwer schützen."

International wurde die Schießerei, die sich am fünften Jahrestag des rechtsextremen Attentats von Anders Behring Breivik mit 77 Toten in Norwegen ereignete, mit Bestürzung kommentiert. US-Präsident Barack Obama sagte Deutschland "jegliche Unterstützung" zu. In der Nacht spricht er den Opfern und Angehörigen sein Beileid aus.

 

"Wieder ein Angriff. Diesmal in Deutschland", teilte der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump lapidar mit. Der britische Außenminister Boris Johnson äußerte sich "zutiefst schockiert" und "traurig", sein französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault sprach von einer "schweren Prüfung" für Deutschland.

Fassungslosigkeit bei Österreichs Politikern

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) schrieb auf Facebook von "erschütternden, dramatischen Stunden", sein Stellvertreter Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte sich "entsetzt über den schrecklichen Angriff". FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich "einfach sprachlos und wütend" darüber, dass der Terror "Einzug hält". Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen betonte: "In d(en) Augenblicken d(es) Horrors müssen wir zusammenstehen." Sein FPÖ-Kontrahent Norbert Hofer erklärte: "Diese Taten sind furchtbar."

Hollande nennt Geschehnisse "terroristischen Anschlag"

Anders als die deutschen Ermittlungsbehörden bewertet der französische Präsident Francois Hollande den Schusswaffen-Anschlag von München eindeutig als Terrortat. "Der terroristische Anschlag, der München getroffen und viele Menschen getötet hat, ist ein abscheulicher Akt mit dem Ziel, nach anderen Ländern auch in Deutschland Angst zu schüren", erklärte Hollande am Samstag.

Weitere Reaktionen

Deutschland könne auf die Unterstützung Frankreichs zählen, versicherte Hollande, der ankündigte, noch im Tagesverlauf mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sprechen.

Smartphone-Warnsystem Katwarn an Belastungsgrenze

Das Smartphone-Warnsystem Katwarn war während des Attentats am Freitagabend in München völlig überlastet. "Wir sind an die Belastungsgrenze gestoßen", sagte ein Katwarn-Sprecher am Samstag. "Das ist nicht gut - die Kritik ist berechtigt", räumte er ein. Die Kapazitäten des Systems müssten schnellstmöglich erweitert werden.

Grund sei die hohe Zahl von Nutzern in München und anderen Teilen der Republik gewesen, in denen es Unwetter gab. Zeitweise war der Dienst nicht erreichbar.

Am Freitagabend hatten nach Angaben des Sprechers im Raum München etwa 250.000 Menschen das System genutzt. Deutschlandweit hatten rund 500.000 Nutzer die Smartphone-App heruntergeladen. Über Katwarn können Behörden, Feuerwehren oder der Deutsche Wetterdienst die Bevölkerung vor Gefahren warnen. Insgesamt lassen sich etwa 1,5 Millionen Menschen von dem Dienst informieren.

Trauerfeiern für Opfer am kommenden Wochenende

Nach der Bluttat von München hat die bayerische Landesregierung einen Trauerakt im bayerischen Landtag angekündigt. Die Trauerfeier finde am Sonntag kommender Woche statt, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer am Samstag in München. Aus Respekt vor den neun Todesopfern und ihren Angehörigen sagte die Landesregierung den Festakt zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele am Montag ab.

Bis kommenden Sonntag werden Mitglieder der Landesregierung nach Seehofers Angaben zudem an keinerlei Festveranstaltungen teilnehmen. Am Samstagnachmittag will der Ministerpräsident gemeinsam mit mehreren Ministern eine Gedenkminute am Tatort in München abhalten.

Seehofer sprach von einem "schweren Schicksalsschlag für alle in ganz Bayern". Die weltweiten Reaktion zeigten, "wir sind in unserer Trauer in diesen schweren Stunden nicht allein". Nach dem Angriff in einem Regionalzug nahe Würzburg seien "wieder unschuldige, arglose Menschen einer Gewalttat zum Opfer gefallen".

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