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Medizin-Nobelpreis für das große Zell-Fressen

04. Oktober 2016, 00:04 Uhr
Medizin-Nobelpreis für das große Zell-Fressen
Der 71-jährige Wissenschafter Yoshinori Ohsumi erklärt, wie sich Zellen mittels Autophagie gesund halten. Bild: Reuters

Der japanische Wissenschafter Yoshinori Ohsumi erforschte den "Selbstreinigungsprozess" der Zelle.

Nur wenige Wissenschafter können von sich sagen, etwas erforscht zu haben, was die Medizin nachhaltig revolutioniert hat und vielleicht viele Leben retten kann. Und selbst von diesen Glücklichen bekommt nur ein Bruchteil jemals in den Genuss des Nobelpreises.

Heuer geht diese Auszeichnung für Physiologie und Medizin an den japanischen Zellbiologen Yoshinori Ohsumi vom Tokyo Institute of Technology. Der 71-Jährige erforscht Abbau- und Recyclingprozesse in menschlichen Zellen. Bei der sogenannten "Autophagie" handelt es sich um Vorgänge, bei denen die Zelle ihre eigenen Bestandteile abbaut und verwertet, mit dem hehren Ziel, gesund zu bleiben.

Schon in den Sechzigerjahren entdeckten Forscher, dass es derartige Prozesse in Zellen gibt. In den frühen Neunzigerjahren entschlüsselte ein Team um Ohsumi an Hefepilzen, welche Gene an den Vorgängen beteiligt sind. In weiteren Versuchen erforschten sie die zugrunde liegenden Mechanismen und zeigten auf, dass auch in menschlichen Zellen ähnlich ausgeklügelte "Reinigungs-Prozesse" existieren.

Lebenswichtiges "Selbstfressen"

Das Wort Autophagie setzt sich aus den griechischen Wörtern auto- (selbst) und phagein (essen) zusammen und bedeutet damit wörtlich "Selbstfressen".

Relativ einfach erklärt, kann man sich diesen Vorgang so vorstellen: In Hungerzeiten schnallen Zellen den Gürtel enger: Sie beginnen ihre eigenen Proteine und Zellorganellen zu verdauen. Diese als Autophagie bezeichnete Selbstverdauung findet in speziellen Organellen, den Autophagosomen, statt. Was bei einfachen Hefezellen eine Überlebensstrategie für schlechte Zeiten ist, hat sich im Laufe der Evolution zu einem Selbstreinigungsprozess weiterentwickelt. In Säugetieren beseitigen die Autophagosomen auch fehlgefaltete Proteine, beschädigte Organellen oder krankmachende Bakterien. Ist diese Funktion gestört, können vermehrt Infektionskrankheiten sowie Krebs, Parkinson oder Alzheimer auftreten.

Plakatives Beispiel: Nach einer Infektion lassen sich via "Autophagie" Fremdkörper wie Bakterien und Viren vernichten. In anderen Fällen zerstören die Zellen in ihnen enthaltene, alte Proteine, große Moleküle oder defekte Teile von sich, um größere Schäden für den menschlichen Organismus zu verhindern.

"Die Arbeit von Yoshinori Ohsumi hat das Verständnis dieses lebenswichtigen Prozesses dramatisch verändert", heißt es in der Begründung des Nobelpreiskomitees.

Der Japaner hatte im Jahr 1993 eine Arbeit über 15 Gene publiziert, die Autophagie-Vorgänge entscheidend steuern. "Aufgrund von Yoshinori Ohsumis bahnbrechenden Entdeckungen wird heute die Bedeutung von Autophagie in der menschlichen Physiologie und bei Krankheiten gewürdigt."

Der Medizin-Nobelpreis ist mit rund 900.000 Euro dotiert und wird alljährlich als erster Nobelpreis verliehen. Die Geehrten erhalten eine Urkunde, die goldene Medaille mit dem Konterfei des Stifters und das Preisgeld, das versteuert werden muss. In den nächsten Tagen folgen die Bekanntgaben in den Kategorien Physik und Chemie. Nach den wissenschaftlichen Kategorien werden am Donnerstag der Literatur- und am Freitag der Friedensnobelpreis verkündet.

Überreicht werden die Preise am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel. (bar)

 


Nobelpreisträger Yoshinori Ohsumi

Der Medizin-Nobelpreis-Träger wurde am 9. Februar 1945 in Fukuoka in Japan geboren. Ohsumis Vater war ebenfalls Universitätsprofessor und Ingenieur.

Yoshinori Ohsumi erhielt 1967 den Bachelor-Abschluss an der Universität Tokio, 1974 promovierte er.
Molekularbiologie: Schon während seines Studiums wechselte er von der Chemie zur damals im Aufbruch befindlichen Molekularbio-logie.

Von Tokio nach New York: Bis 1977 war er als Post-Doktorand an der Rockefeller University in New York tätig. Dort begann er, sich mit Weizenzellen zu beschäftigen. Danach forschte er wieder an der Universität Tokio, an der er 1988 Assistenzprofessor wurde.

In den 80er-Jahren befasste er sich schon mit Membrantransport in Vakuolen in der Zelle, die Teil des Systems der Autophagie sind.

In den 90er-Jahren ging er als Professor an das National Institute for Basic Biology in Okazaki.

Außerdem war er von 2004 bis 2009 an der Graduate University für Advanced Studies in Hayama.

2009 emeritierte er und war danach Professor am Tokyo Institute of Technology.

Bereits seit 2013 wird er als Favorit für den Nobelpreis gehandelt.

 

Kuriose Fakten rund um den Preis

Jüngster Preisträger: Meist müssen Forscher sehr lange auf den Nobelpreis warten. Als Physiker kann man schon früher damit rechnen. Fünf der sechs jüngsten Preisträger stammen aus dieser Disziplin. Bis zum vergangenen Jahr hielt William Lawrence Bragg den Rekord als jüngster Geehrter. Er war bei der Vergabe 25 Jahre alt. 2014 überholte ihn die 17-jährige Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai.

Wenige Frauen: Unter den seit 1901 bislang 900 Preisträgern sind 49 Frauen. Die wenigsten von ihnen waren Naturwissenschafterinnen. Nur fünf Frauen haben bisher eine Auszeichnung für Forschungen in Physik und Chemie bekommen. Zwölf konnten sich mit dem Medizin-Nobelpreis schmücken.

Doppelt: Die Französin Marie Curie wurde 1903 gemeinsam mit ihrem Mann mit dem Physik-Nobelpreis geehrt. Acht Jahre später sprach man ihr den Chemie-Nobelpreis zu.

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