Franziskus ist "Papst mit vielen Gegnern"

Von nachrichten.at/apa   14.Oktober 2015

Als "Papst mit vielen Feinden" bezeichnete der Vatikan-Experte Paolo Rodari in der Tageszeitung "La Repubblica" den argentinischen Pontifex, der mit seinem offenen Verhalten viele Verkrustungen in der Kurie gesprengt hat. "Wirtschaftslobbys und Machtgruppen wollen Franziskus Revolution im Vatikan stoppen", kommentierte Rodari.

Während unter Benedikt XVI. sich verschiedene Seilschaften um Machtpositionen in der Kurie stritten, sei jetzt vor allem ein "Kulturkampf" im Vatikan im Gange, ein Kräftemessen zwischen Vertretern von konservativen und liberalen Positionen. Davon ist auch der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff überzeugt, demnach das Outing Charamsas ausgerechnet einen Tag vor Beginn der Bischofssynode das Resultat eines Komplotts rechtskonservativer Kreise gegen den Papst sei, der bisher Offenheit und Verständnis für Homosexuelle gezeigt hat.

"Charamsa hat mit seinem provokativen Outing an Seite seines Partners Franziskus und der Synode Probleme schaffen wollen", kommentierte Boff. So sieht die Lage auch ein dem Papst nahe stehender Kardinal, den die Tageszeitung "Corriere della Sera" am Mittwoch anonym zitierte. "Jemand versucht ein Pontifikat zu destabilisieren, das aufräumen will", kommentierte die Quelle. "Minderheiten in der katholischen Kirche fühlen sich ausgegrenzt. Sie wollen nicht nur die Synode, sondern das zweijährige Pontifikat des argentinischen Papstes delegitimieren", berichtete die Mailänder Tageszeitung.

Der vatikanische Pressesprecher, Federico Lombardi, bezeichnete die Veröffentlichung des Beschwerdeschreibens der Kardinäle an den Papst als "Störungsakt". Franziskus hatte vor der Synode offenbar als Antwort auf den Brief die Teilnehmer gewarnt, einer "Verschwörungs-Mentalität" anheimzufallen. Die vergangene Synode habe das Dogma der Unauflöslichkeit der Ehe nicht zur Diskussion gestellt. Die Frage der wiederverheirateten Geschiedenen sei nicht das einzige Problem, stellte Franziskus fest.

Wie es mit der Synode weitergeht, ist noch unklar. Gerätselt wird ob der Papst den Abschlussbericht, der erst am Tag der Abstimmung dem Plenum vorgestellt wird, veröffentlichen lässt und ob er die Empfehlungen der Synode in einem verbindlichen apostolischen Schreiben aufnimmt. Der zehnköpfigen, von Franziskus bestimmten Redaktionskommission, die den Abschlussbericht zur Synode zusammensetzt, gehören mehrheitlich progressive Bischöfe an, was als "Affront" gegenüber konservativer Gruppen im Vatikan betrachtet wird.