Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Die Illusion eines demokratischen Nahen Ostens

Von Michael Wrase, 09. September 2014, 00:04 Uhr
Die Illusion eines demokratischen Nahen Ostens
Der Jubel über den revolutionären Aufbruch (wie hier in Ägypten) dauerte nicht lange. Bild: EPA

Vom "Arabischen Frühling" zur Zehner-Allianz gegen die Terrormilizen des "Islamischen Staates"

Der "Arabische Frühling" ist eine Erfindung westlicher Medien. Vermutlich wollte man mit der blumigen Beschreibung der unerwarteten Revolte im diktatorischen Morgenland an den "Prager Frühling" erinnern, der vor 46 Jahren den Niedergang des Kommunismus einleitete. Dabei war der grenzenlose Optimismus, der den Nahen Osten vor drei Jahren erfasst hatte, zunächst durchaus berechtigt: Despoten wie Mubarak und Gaddafi waren vom Volk gestürzt worden. Syriens Diktator Assad und seinen Amtskollegen in Bahrain und Jemen stand das Wasser bis zum Hals. Nach Jahrzehnten der Demütigung schien ein Leben in Würde und Freiheit plötzlich möglich.

Kampf für eigene Anliegen

Der revolutionäre Aufbruch war jedoch nur von kurzer Dauer. Nach dem Sturz von Mubarak und Gaddafi versuchten islamistische Kräfte, ihre eigenen Anliegen durchzusetzen. Ägypten und Libyen versanken im Chaos. In Syrien begannen dagegen "ausländische Mächte, die Konflikte in zerstörerische Bahnen zu lenken", betont der Politologe Hicham Ben Abdallah el-Alaoui. Die Folge war die Internationalisierung des "Arabischen Frühlings", in der regionale und westliche Mächte versuchten, ihre geostrategischen Interessen mit immer aggressiveren Mitteln durchzusetzen

Besonders deutlich zeigte sich dies in Syrien, wo sich der "Arabische Frühling" zu einem blutigen Stellvertreterkrieg zwischen Iran auf der einen und Saudi-Arabien, Katar und der Türkei auf der anderen Seite entwickelte. Das Kalkül der Assad-Gegner war klar: Stürzt der Diktator in Damaskus, dessen Regime von der Minderheit der Alawiten getragen wird, würden die Sunniten, die 60 Prozent der Bevölkerung stellen, die Macht übernehmen. Die Sunniten würden ihre Beziehungen zu Teheran beenden. Deshalb halte der Iran um jeden Preis am Assad-Regime fest. Gestützt werde Assad auch von Russland und China, die beide eine weitere Ausweitung der westlichen Einflusssphäre im Mittleren Osten zu verhindern versuchten.

Um ihren Traum von einem neuen, sunnitischen Nahen Osten zu verwirklichen, zog vor allem die Türkei sämtliche Register: Da das Assad-Regime nicht fallen wollte, öffnete Ankara seine Grenzen für "Freiheitskämpfer" aus der gesamten islamischen Welt sowie später auch aus Europa. Dass unter ihnen auch Kämpfer der Nusra-Front und des "Islamischen Staates", also Ablegern des Terrornetzwerkes Al Kaida, waren, nahm man billigend in Kauf. Schließlich handelte es sich bei den Dschihadisten um Kämpfer, die sich in Afghanistan, Algerien, Tschetschenien und Libyen "bewährt" hatten.

Zu viel "Arabischer Frühling"

Dass die Dschihadisten den Volksaufstand in Syrien in ganz andere Bahnen lenken würden, wurde den Strategen in Ankara, Doha und Riad erst bewusst, als es schon zu spät war. In Ägypten gelang es dem Militär mit massiver Unterstützung Saudi-Arabiens, die gewählte Regierung des Islamisten Mursi zu stürzen. Der Putsch wurde vom Westen hingenommen. Man wollte stabile Verhältnisse am Nil, für die auch der sunnitische Diktator al Khalifa in Bahrain sorgte. Auch dort hatte der Westen die Interventionen saudischer Truppen akzeptiert. Ein Sieg der Schiiten hätte aber das strategische Gleichgewicht zugunsten Irans verschoben.

So viel "Arabischer Frühling" konnte nicht hingenommen werden. Auch in Libyen, dem einzigen arabischen Land, in dem die NATO sogenannten Revolutionären mit ihrer Luftwaffe zum "Sieg" verholfen hatte, sehnt man sich nach stabilen Verhältnissen. Das nordafrikanische Land ist auf dem Weg, sich in einem "gescheiterten Staat" zu verwandeln, in dem, wie in Syrien und dem Irak, radikale Islamisten inzwischen nahezu ungehindert schalten und walten können.

Gemeinsam mit den Diktatoren

"Wir werden nicht aufhören, Jagd auf sie zu machen", verkündete US-Präsident Obama beim NATO-Gipfel in Wales, wo eine "Zehner-Allianz" gegen die dschihadistischen Terrormilizen geschmiedet wurde. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass sich am Kampf gegen die Terrormilizen auch die Arabische Liga beteiligen soll – also auch jene Diktatoren, die zu Beginn des "Arabischen Frühlings" mit Anfeuerungsrufen aus dem Westen vom Volk gestürzt werden sollten.

Die Sehnsucht nach stabilen Verhältnissen ist gewaltig. Selbst wenn diese von Diktatoren, die ihr Volk brutal unterjochen, geschaffen werden müssen. Schließlich bedrohen die Terrormilizen des "Islamischen Staates" nicht nur die fragile Ordnung im Mittleren Osten, sondern inzwischen auch Europa und die USA.

mehr aus Weltspiegel

Bus stürzt von Brücke: Mindestens 45 Tote in Südafrika

Päpstliche Fußwaschung für Gefängnis-Insassinnen

Brückeneinsturz in den USA: Taucher bergen 2 Leichen

Achtjährige in US-Hotelpool in Rohr gesaugt und getötet

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen