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Zwei Männlein steh’n im Walde ...

01. Oktober 2016, 00:05 Uhr
Zwei Männlein steh’n im Walde ...
Landesjägerpfarrer Hermann Scheinecker und Naturschützer Alois Lindenbauer im Kürnbergwald Bild: VOLKER WEIHBOLD

Auftanken, Ruhe finden, abschalten: Alle wollen wieder in den Wald, aber keiner weiß so recht, wie man sich dort benimmt. Landesjägerpfarrer Hermann Scheinecker und der Künstler und Naturschützer Alois Lindenbauer wissen es. Aber, so ganz grün sind sie einander doch nicht.

  • Auftanken, Ruhe finden, abschalten: Alle wollen wieder in den Wald, aber keiner weiß so recht, wie man sich dort benimmt.
  • Landesjägerpfarrer Hermann Scheinecker und der Künstler und Naturschützer Alois Lindenbauer wissen es. Aber, so ganz grün sind sie einander doch nicht.

Ausg'schnapst

Der Wald erlebt eine Art Renaissance. Immer mehr Menschen suchen unter Bäumen und Tieren Abstand vom Alltag, Ruhe und Einsamkeit. Doch der Wald ist nur bedingt Allgemeingut, hier herrschen eigene Gesetze. Auch der Wald braucht seine Ruh’ und bestimmt keine Menschen, die längst verlernt haben, wie man sich in der Natur zu benehmen hat – finden Landesjägerpfarrer Hermann Scheinecker und der Naturschützer Alois Lindenbauer.

 

Hoamatland: Meine Herren, bringen wir das Thema Jäger doch gleich hinter uns. Herr Lindenbauer, wenn Sie als Waldliebhaber in den Wald gehen und einen Jäger sehen …

Lindenbauer (mit Seufzer): Jo …

So schlimm?

Lindenbauer: Ich bin heute durchaus soweit, dass ich damit umgehen kann.

Scheinecker: Ja, so g’hert sich das.

Lindenbauer: Aber manche Sachen sind ja nicht gerade förderlich. Ob das jetzt Jogger sind, die auf einer Forststraße daherkommen und es ist noch nicht ganz finster und dann steht plötzlich einer da mit Gewehr und Hund. Und wenn es dann heißt: Was machst du denn da? Ich bin wirklich viel herumgekugelt im Wald, aber es ist nicht so, dass ich gleich einen roten Kopf bekomme, wenn ich jemanden sehe, der die Jagd ausübt.

Alois Lindenbauer hat den Bau von Windkraftwerken im Nationalpark Kalkalpen verhindert. Bild: Volker Weihbold

Wieso sind Sie dann nicht selber ein Jäger?

Lindenbauer: Ich bin mit meinem Onkel aufgewachsen, einem Jäger. Ich kann mich da noch an viele Szenen erinnern mit Wildsau, Hirsch oder Auerhahn, aber im eigentlichen Sinn bin ich so erzogen worden, dass ich da kein Feindbild, aber eine Distanz entwickle. Mein Vater hat mich sehr dazu gebracht, dass der Wald und die Natur eine Qualität hat für den Menschen.

Wie geht es dem Landesjägerpfarrer, wenn er gerade Bockpassn tut und dann kommt ein Jogger daher?

Scheinecker: Ich habe eigentlich gar kein Problem, in den Revieren, wo ich bin – zum Beispiel im Pesenbachtal – da kommen die Jogger laufend daher. Ich grüß’ den Jogger freundlich – aber sie wissen, dass sie nicht unbedingt näher kommen sollen, wenn sie den Pfarrer sehen beim Ansitz. Ärgern tut mich, wenn ich erlebe, wie Jogger und gewöhnliche Spaziergeher, einfach verdrängt werden von den wilden Bikern. Das Wild braucht seine Ruhezone und wenn die in Gebieten herumradeln, wo das Wild aufgescheucht wird, da sage ich dann schon, hallo, wo kommt ihr denn her? Es kommt immer auf die gutmenschliche Beziehung an.

Gut, wenn eh alles passt, dann darf man aber auch fragen, warum die Jäger ein so schlechtes Image haben.

Scheinecker: Es ist halt so, dass eine Kette so stark ist, wie ihr schwächstes Glied. Es gibt halt auch welche, die unbedingt meinen, sie müssen wie ein Hund ihren Bereich verteidigen. "Das ist das Meinige und was tust du da?" Die Öffnung des Waldes ist ganz recht, aber es muss geordnet ablaufen.

Kommen Waidmänner tatsächlich zum Landesjägerpfarrer zur Beichte?

Scheinecker: Es kommen schon manchmal Hilferufe, wenn einer was "draht" hat. Dass ich mich einsetzen soll für ihn. Ich bin ja gut vernetzt.

Der gebürtige St. Florianer Hermann Scheinecker ist begeisterter Jäger. Bild: Volker Weihbold

Hören Sie öfter Kritik, dass Pfarrer und Jäger sein nicht zusammenpasst? Es gibt ja nicht wenige, die die Jagd mit Mord gleichsetzen.

Scheinecker: Na, das fünfte Gebot – du sollst nicht töten – regelt zuerst die zwischenmenschlichen Beziehungen. Es gibt den ehrenwerten Beruf des Fleischermeisters genauso. Na gut, heute kommt ja das Vegane immer mehr und dann haben sie Eisenmangel und was weiß ich was. Und gegen a guats Bradl oder a einheimisches Wüd kannst wenig ham.

Herr Lindenbauer, die Nationalpark-Mitarbeiter werden oft als Spinner bezeichnet, wenn man sieht, dass Schadholz einfach liegenbleibt und der Borkenkäfer sich austoben kann.

Lindenbauer: Der Nationalpark hat sicher eine gewisse Sonderstellung. Ich habe das erst kürzlich über drei Wirtshaustische gehört, wie hirnverbrannt das ist, wenn man das Holz da so lässt, wie es sich entwickelt. Das ärgert mich.

Warum ist das nicht hirnverbrannt?

Lindenbauer: Es sind ja nur kleine Gebiete und es ist schon wichtig, dass es auch Bereiche gibt, die einem zeigen, wie sich die Natur entwickelt, ohne dass der Mensch eingreift. Es ist mir in meiner Arbeit mit Kindern im Nationalpark wichtig, dass man immer wieder hervorkehrt, dass in der Natur nichts selbstverständlich ist. Man muss Wissen haben und Bewusstsein entwickeln, dann kann man erst einen Wert erkennen und sich für etwas einsetzen. Da ist es schon besser, im Zweifel zu sagen, lassen wir das jetzt gehen, schauen wir uns das in zehn Jahren an.

Scheinecker: Und ich glaube, dass das Augenmaß bei der Jagd passt. Wenn wir hier heroben im Frühjahr den Schnepfenstrich haben, das ist ja gar nicht einmal der Rede wert, wenn dann Naturschützer kommen und Brüssel kommt und sagt, das ist verboten, wenn wir die in den Netzen fangen …

Lindenbauer: Das …

Scheinecker: Na, da brauch’ ich gar nicht reden!

Lindenbauer: Tschuldigung, dass ich da was einwerfe. Es ist haarsträubend, was sich da abspielt mit dem Abschuss von Singvögeln. Da gehens in die schönste Gegend – fliegt ein Vogel drüber und paff, paff, paff, paff.

Scheinecker: Na, ja …

Lindenbauer: Und innerhalb kürzester Zeit ist der Vogel weg. Scheinecker: Der Jägername ist ein Ehrenname. Und nicht: Oh, die blöden Jaga, die depperten! Es ist wichtig, diese Hygiene der Natur in allen Bereichen.

Im Wald tut sich was. Ein neuer Trend ist das Waldbaden. Da kommen ausgebrannte Manager, legen sich hin, umarmen Bäume, reden mit ihnen. Ist diese Sehnsucht nach dem realen Erlebnis, weg vom Virtuellen, bei Ihnen auch schon aufgeschlagen?

Scheinecker: Das ist eh klar, das ist im Paradies schon so gewesen.

Der Jäger und der Waldmensch Bild: Volker Weihbold

Wenn immer mehr Menschen in den Wald strömen und sich in diesem sensiblen System nicht auskennen – da haben Sie wohl keine Freude damit.

Lindenbauer: Wenn man in der Natur unterwegs ist, kann man das schon beobachten, dass es Leute gibt, die glauben, sie können da tun was sie wollen. Das stimmt schlichtweg nicht. Das fängt damit an, dass der Wald ja jemanden gehört. Da kann ich nicht so einfach sagen, der Baum gefällt mir, den schneid’ ich um, oder da mache ich jetzt ein Feuer, holladrio. Da herrscht ein Manko. Das Bedürfnis nach mehr Natur ist da, aber ich muss mit der Qualität auch umgehen können.

Scheinecker: In unserem Garten sehe ich öfter Kinder, die reißen die Rosenköpf’ ab und die Mutter steht daneben und lacht. Na, da fangt es sich an.

Haben wir dieses Bewusstsein verlernt?

Scheinecker: Vor allem die Eltern. Lass dir nichts gefallen und tu was du willst – das geht nicht. Wie ich noch ein Bua war und der Vater ist mit mir in den Wald gegangen, da hat er mir alles gezeigt.

Lindenbauer: So etwas ist prägend. Ich hab neulich eine Mutter mit ihrem Kind gesehen. Das Kind hat immer bei einem Baum herumgetan und ich sag’ zur Mama: Wissen S’ eh, dass is a Eibe und Eiben san giftig. Die wollte gleich die Äste abschneiden lassen. Dem Kind hat sie aber nichts erklärt.

Scheinecker: Das ist wie im religiösen Bereich. Die Eltern müssen wieder bei der Katechese ansetzen, die müssen sich selber wieder auskennen und das an die Kinder weitergeben. Ich glaube Jogger, Reiter, Biker – die haben alle Platz. Nur geordnet muss es obigehn.

Lindenbauer: Es gibt sicher nicht die Formel, dass das ein Selbstläufer wird. Wir müssen bei allen Bereichen – Jäger, Eltern und Schüler – ansetzen, dann kann man was erreichen. Wir sind als Kinder viel hinausgegangen und haben gestaunt. Natur erleben im Sinn einer inneren Freiheit ist etwas Großartiges.

Wie erklären Sie Kindern Ihre Liebe zum Wald?

Scheinecker: Wenn ich jemanden mitnehme aufm Ansitz und der erlebt das, dann habe ich ihn. Da ein Vogel! Dort eine Spitzmaus … Und dass ich ruhig sein muss, diese Stille ist wunderbar.

Lindenbauer: Ich kann das verstehen, bis auf einen entscheidenden Moment. Wenn neben mir ein Auerhahn aus dem Unterholz auffliegt oder im Winter fünf, sechs kleine Hahner, wenn die balzen … So schön! Mich freut das, wenn ich das sehe, aber ich käme nie auf die Idee, dass ich den jetzt über den Haufen schieße.

Scheinecker: So ist das ja nicht bei der Jagerei. Da wird halt einer entnommen und dann ist eine Ruah.

Lindenbauer: Da sind wir ja fast schon bei der Luchsdebatte. Da denke ich mir schon, im Grunde genommen müsste der schon Leben können bei uns.

Scheinecker: Ja, ja, freilich. Und der Bär und der Wolf a. Ois …

Lindenbauer: Na, so ist das aber ned.

 

Der Jäger: Hermann Scheinecker (* 1946)

Pfarrer in St. Gotthart im Mühlkreis und Herzogsdorf. Passionierte Jäger, Tarockierer, Landesjägerpfarrer und Mostdipfpreisträger 2014


Der Waldmensch: Alois Lindenbauer (*1947)

Bildhauer und Projektkünstler aus Weyer. Der Natürschützer setzte sich für den Nationalpark Kalkalpen und gegen Windräder im Nationalpark ein.

 

Vorbeugen mit Waldbaden

Waldbaden

Ein Trend aus Japan hält jetzt auch bei uns Einzug

Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien beweist, dass ein Aufenthalt im Wald echte Heilkräfte besitzt und positiv auf unsere Psyche wirkt. In Japan gilt „Waldbaden“ als anerkannte Methode zur Vorbeugung von Krankheiten. Waldspaziergänge senken laut Untersuchungen des Forschungszweiges „Forest Medicine“ Blutdruck und Herzfrequenz und machen die Arterien elastischer. Die Wissenschafter der „Nippon Medical School“ in Tokio fanden heraus, dass das Gehen im Wald Krebs-Killerzellen aktiviert.

Seit den 80er-Jahren wird dieser Effekt wissenschaftlich untersucht. Nun mehren sich Studien, nach denen Draußensein auch in unseren Breiten für Therapien genutzt werden kann. Gestresste Büromenschen und Eltern von Kindern, die gern vor dem Computer sitzen, haben nun wissenschaftliches Rüstzeug in der Hand, um Argumente für einen Waldspaziergang oder ein Waldbad zu finden.

Die Österreichischen Bundesforste und die Naturfreunde haben zum Thema Wald ebenfalls schon geforscht. „Menschen in waldreichen Gebieten erkranken seltener und leben länger. Schon der Anblick der Natur oder ein Spaziergang im Wald reicht aus, um Stresshormone abzubauen und den Pulsschlag zu senken“, sagt Rudolf Freidhager, Vorstandssprecher der Bundesforste.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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tacitus (4.799 Kommentare)
am 18.10.2016 11:08

die Hobbys des Hr.Pfarrers berühren mich nicht.wenn er mit seinen Schülern am Hochstand sitzt und ihnen die Natur zeigt, verstehe ich nicht, warum er dazu einen Schießprügel braucht! der Naturwart der Kalkalpen erzählt von den balzenden Birkhähnen, er versteht nicht wie ein Jäger so einen Vogel erschießt! Dafür gibt es keine Antwort, vor allem keine christlich; er tut aus Schießwut und wegen der Trophäenjagd; bei dieser Frage ist der LJ Pfarrer auch schmähstadt geworden !!!

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 01.10.2016 08:18

seit eh und je bin ich im wald unterwegs. nun, nach so vielen jahrzehnten bekomme ich auf einmal die wissenschaftliche erkenntnis, - sogar aus japan - dass waldspazeirgänge gesund und entspannend sind.
warum hab ich das nicht eher gewusst?..... grinsen

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