Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

"Fastenopfer muss man nicht öffentlich vor sich hertragen"

Von Roman Kloibhofer, Bianka Eichinger und Elisabeth Ertl, 23. März 2017, 08:01 Uhr
Rieds Stadtpfarrer Rupert Niedl: Fasten kann auch den Blick nach innen öffnen.   Bild: Roman Kloibhofer

Für Rieds Stadtpfarrer Rupert Niedl ist die Fastenzeit eine gute Möglichkeit, um wieder zu sich selbst zu finden Sich etwas vorzunehmen und durchzuhalten, sieht der Priester als einen der positiven Aspekte der Fastenzeit

"Wenn ich am Ostersonntag auf die Fastenzeit zurückblicke und nicht sagen kann, dass ich irgendetwas für mich getan habe, dann bin ich nicht zufrieden."

Auch der Rieder Stadtpfarrer Rupert Niedl verzichtet in der Fastenzeit auf so manche Annehmlichkeit. Fasten sei eine gute Möglichkeit, sich wieder mehr mit sich selbst zu befassen und wieder zu sich selbst zu finden, wie er im Interview sagt:

Volkszeitung: Die Fastenzeit wird nicht nur im religiösen Sinn genutzt – etwa zum Abnehmen. Was sagen Sie dazu?

Rupert Niedl: Aus medizinischer Sicht sind das Frühjahr und der Herbst zum Fasten am geeignetsten. Das liturgische Jahr ist ja auch an das bäuerliche Jahr angelehnt. So gesehen, ist es passend, dass man Gesundheitsbewusstsein zeigt. Fasten und Verzicht sind immer etwas Positives.

Der christliche Gedanke dahinter geht ja auch in diese Richtung.

Ja, es geht im christlichen Glauben beim Fasten darum, Altlasten abzulegen, mit Fasten zu sich selbst zu kommen und für sich selbst eine Neugesinnung, eine Neuorientierung zu machen, um das Osterfest neu feiern zu können.

Die geistige Einstellung dazu spielt eine wesentliche Rolle, oder?

Natürlich. Denn es geht darum, etwas durchzuhalten, was man sich vorgenommen hat. Und vieles geht vom Kopf aus. Diese Wechselwirkung zwischen Geist und Körper ist etwas ganz Besonderes, weil sich genau das immer auf mich selbst bezieht. Dadurch kann ich viel Positives mitnehmen.

Haben Sie das Gefühl, dass wieder bewusster gefastet wird?

Ja, schon. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen ein Fastenopfer bringen. Und das mit beachtenswerter Konsequenz. Manche nehmen sich auch eine Auszeit in einem Kloster. Fastenopfer muss man ja nicht vor sich hertragen und zur Schau stellen. Und man muss nicht unbedingt ein finsteres Gesicht machen – das steht schon in der Bibel.

Werden Sie in der Fastenzeit öfter als sonst zu persönlichen Gesprächen gebeten?

Im Moment kann ich diese Frage nicht treffend beantworten. Ich habe das zehnte Begräbnis in diesem Monat vor mir, und natürlich kommt es da auch zu Gesprächen. Aber aus anderen Gründen. Es hat aber Sinn, wenn man in dieser vorösterlichen Zeit miteinander redet und seine Gedanken ordnet. Vergebung tut gut, so etwas hat dann auch versöhnenden Charakter.

"Fastenopfer muss man nicht öffentlich vor sich hertragen"
Kirchliche Symbolik wird bewusster.

Sind wir weniger religiös als früher?

Das traue ich mich nicht zu beurteilen. Es stellt sich die Frage, ob jemand aus Überzeugung oder aus Tradition in die Kirche geht. Früher war es so, dass mancher es sich nicht leisten konnte, nicht zur Kirche zu gehen, heutzutage ist es so, dass es sich mancher nicht leisten kann, dass er in die Kirche geht. Bedenklich ist nur, dass manche Menschen sich in eine Ersatzreligion flüchten. Es ist offenbar eine Zeiterscheinung, dass man bei bestimmten Heils-Versprechern seine Zuflucht sucht. Das passiert auch in Ried sehr häufig, und der Zulauf zu solchen Veranstaltungen ist groß.

Genuss ist auch ein Reizwort in der Fastenzeit. Ist Genuss in kirchlicher Hinsicht erlaubt?

Ja natürlich. Genuss ist auch ohne schlechtes Gewissen möglich. Genuss sollte nur nicht dazu führen, dass jemand darunter leidet. Wenn ich nicht das ganze Jahr genieße, wird alles wieder schöner und bewusster. Der große Vorteil, den wir haben, ist es ja, dass wir freiwillig fasten können, weil es uns so gut geht.

Wie sehen Ihre persönlichen Fastenopfer aus?

Ich verzichte weitgehend auf Alkohol und achte auch beim Essen auf gewisse Einschränkungen. Und ich nehme mir mehr Zeit für das Gebet. Wenn ich am Ostersonntag auf die Fastenzeit zurückblicke und nicht sagen kann, dass ich irgendetwas für mich getan habe, dann bin ich nicht zufrieden.

Haben Sie einen spirituellen Lieblingsort, an dem Sie sich besonders wohlfühlen?

Das ist kein bestimmter Ort, bei mir ist es das Gehen, bei dem ich mich wohlfühle. Und in unserer Kirche, da fühle ich mich sehr geborgen. Auch wenn man ganz alleine in der Kirche sitzt, hat man nicht das Gefühl, verloren zu sein. Ganz besonders eindrucksvoll sind die Lichtverhältnisse in der Kirche. Wenn die Sonne hereinscheint, da bekommt man in manchen Momenten richtig Gänsehaut.

 

"Fastenopfer muss man nicht öffentlich vor sich hertragen"
Fasten schließt Genuss nicht aus.

Suppe essen, Tee trinken und Bier genießen

Der Verzicht ist eine Ausprägung der Fastenzeit, andererseits gibt es aber auch für diese Phase ganz besondere Genussmittel. Das Fastenbier zum Beispiel, das in der Brauerei Vitzthum in Helpfau-Uttendorf seit ein paar Jahren wieder angeboten wird. „Ein dunkles Zwicklbier mit Hefe“, beschreibt Matthias Vitzthum das saisonale Getränk. Der Bieranstich wird im Traditionsgasthaus besonders zelebriert. Aus Pocking reist der Prediger Jörg Mangold, im Zivilberuf Arzt, an und hält eine ausführliche, pointierte und gereimte Rede, die sowohl zum Nachdenken als auch zum Lachen anregt. Gerammelt voll ist die Wirtsstube bei diesem Anlass. Das „flüssige Brot“, wie Vitzthum das Fastenbier bezeichnet, hat 6,5 Volumsprozent und ist somit ganz sicher nicht das Geeignetste für jene Menschen, die in der Fastenzeit dem Alkohol abschwören. Die ursprünglich bayrische Tradition hat in Uttendorf schon Fuß gefasst. „Es gibt ein paar Runden, die extra zum Fastenbier-Trinken herkommen“, sagt der Wirt. Dieses Bier wird nur von Aschermittwoch bis Ostern ausgeschenkt.

Schmackhaft, nahrhaft und köstlich ist auch die Fastensuppe, die Schüdlbauer-Wirt Pepi Gann an einem Freitag in der Fastenzeit für die Besucher des Braunauer Bauernmarktes zubereitet. Das Sup-penessen ist Verzicht, weil es keine weiteren Speisen gibt und der Erlös für einen guten Zweck gespendet wird. Heuer geht der Erlös an Projekte für Frauen in Nepal.

Auch in den Apotheken ist merkbar, dass Fastenzeit ist. Tees und Produkte zur Entgiftung und Entschlackung des Körpers sind etwa in der Stadt-Apotheke in Braunau derzeit besonders gefragt. Säure-Basen-Pulver und auch Produkte, die das Abnehmen fördern, werden von Kunden jetzt öfter verlangt als in anderen Jahreszeiten.

 

Mitarbeiter des Schärdinger Kurhauses gehen mit gutem Beispiel voran
Harald Schopf leitet des Kurhaus Barmherzigen Brüder Schärding. Bild: (Kurhaus)

Mitarbeiter des Kurhauses gehen mit gutem Beispiel voran

Die Wochen zwischen Aschermittwoch und Ostern sind bei uns im Kurhaus eine ganz besondere Zeit, da Dreiviertel unserer Gäste als Hauptmotiv für ihren Gesundheitsurlaub das Entgiften beziehungsweise Fasten haben. Von Heilfasten über Basenfasten bis hin zu unseren ayurvedischen Reinigungskuren sind wir in dieser Zeit komplett ausgebucht“, erklärt der Leiter des Kurhauses der Barmherzigen Brüder in Schärding, Harald Schopf. Heuer sei zudem auch das Interesse für ambulante Behandlungen regionaler Gäste überraschend groß.

Die Spiritualität sei natürlich an diesen Tagen ein großes Sehnsuchtsthema. „In den Wochen der Fastenzeit bieten wir an zwei Tagen pro Woche spirituell-meditative Momente der Stille in unserer Kurhauskirche. Das ganze Jahr über laden wir zum täglichen Rosenkranzgebet, der ältesten Meditationsform in Europa, und fünfmal pro Woche zur Hl. Messe ein“, erzählt Schopf.

Geschärfte Sinne durch Verzicht

Fasten wirke laut dem Kurhaus-Leiter ganzheitlich auf den Körper. Durch die Reduktion und gleichzeitiger Darmreinigung werde der Stoffwechsel positiv beeinflusst und Prozesse im Gehirn in Gang gebracht, die regelrecht euphorisch machen. „Der Körper wird gereinigt, der Geist geklärt und die Seele beglückt. Fasten schafft so Freiraum für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Die bewusste Auszeit sensibilisiert zudem die Sinne, zum Beispiel den Geschmack oder auch die Wahrnehmung der natürlichen Reize, wie Düfte und Farben, in unserer Umwelt. Ein achtsamerer Umgang mit sich selbst ist die positive Folge“, so der Kurhausleiter. Die Gäste in Schärding würden sich durch das Fasten nicht nur leichter fühlen, sie seien auch entspannt und offen für Neues.

Kurhaus-Mitarbeiter fasten auch

Schopf selbst verzichtet in der Fastenzeit auf seine „heißgeliebten Süßigkeiten“. „Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kurhauses Schärding haben wir letzte Woche eine Fastenwoche angeboten, die sehr gut angenommen worden ist. Das heißt, wir identifizieren uns voll und ganz mit diesem Thema, machen ähnliche Erfahrungen wie unsere Gäste und gehen auch mit gutem Beispiel voran.“

 

Fastenbrezen vom Bachmayer gehen weg wie die warmen Semmeln
Die Backstube ist das Revier von David Bachmayer.

Fastenbrezen vom Bachmayer gehen weg wie die warmen Semmeln

Immer freitags, nachts, wenn alles schläft, geht es in der Bäckerei Bachmayer rund. Die ganze Familie packt Woche für Woche gemeinsam an, damit am Samstagmorgen ihre weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannten Fastenbrezen ausgeliefert und verkauft werden können. Seit wann es diese Tradition im Hause Bachmayer gibt, ist nicht genau bekannt. Allerdings hat sich schon der Großvater von David Bachmayer mit seinen Fastenbrezen einen Namen gemacht. Heute ist der 32-Jährige hauptverantwortlich für das Gebäck, das ab dem 6. Jänner bis zum Osterwochenende angeboten wird – allerdings nur samstags. Pro Wochenende sind das ein paar tausend Stück, wobei die exakte Anzahl sein Geheimnis bleibt.

Ganz offen spricht David Bachmayer hingegen darüber, warum seine Brezen so gut schmecken. „Bevor sie gebacken werden, kommen sie für eine Minute in kochendes Wasser. Dabei nimmt der Teig viel Flüssigkeit auf, die beim Backen nicht ganz verdunstet und die Brezen deshalb so saftig macht.“ Er selbst nascht sie in seiner Backstube nebenbei, am liebsten mit etwas Butter. „Da kommen in einer Nacht schon drei, vier Brezen zusammen“, gesteht der 32-Jährige.

Verkauft werden die guten Stücke nicht nur in der eigenen Bäckerei. David Bachmayer und seine Familie beliefern viele Geschäfte in den umliegenden Gemeinden. Dort gehen sie weg wie die warmen Semmeln. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass er nachliefern muss.

„Bin gerne ein Dorf-Bäcker“

Die ersten Monate des Jahres sind für den Waldzeller besonders anstrengend. „Jeden Samstag bin ich froh, wenn ich gegen Mittag endlich die Füße hochlegen kann.“ Trotz der ungewöhnlichen Arbeitszeit und dem Stress: Ein anderer Beruf wäre für den 32-Jährigen unvorstellbar. „Es freut mich sehr, dass die Fastenbrezen bei den Leuten so gut ankommen und dass sie inzwischen so bekannt sind.“ Anfragen von großen Supermarktketten hat der Innviertler bisher ausgeschlagen. „Ich bin ein Dorf-Bäcker. Das bin ich gerne und so will ich bleiben.“

mehr aus Thema

Der King ist tot, es lebe der King

Müßiggang ist aller Urlaub Anfang

Heiße Sache: Das zweite Leben der Reifen

ÖVP sichert ersten Platz ab, Rot und Grün verharren im Tief

Interessieren Sie sich für diesen Ort?

Fügen Sie Orte zu Ihrer Merkliste hinzu und bleiben Sie auf dem Laufenden.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen