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100 Jahre nach der Blutmühle

28. Mai 2016, 00:04 Uhr
100 Jahre nach der Blutmühle
Das Beinhaus von Douaumont, die eindrucksvollste Gedenkstätte im Raum Verdun. Darin werden die Gebeine von mehr als 130.000 nicht identifizierten französischen und deutschen Soldaten aufbewahrt. 1984 erklärten hier Helmut Kohl und François Mitterrand: "Wir haben uns versöhnt. Wir haben uns verständigt. Wir sind Freunde geworden." Bild: Stephan Brunker

Am Sonntag trafen sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande in Verdun, um der blutigsten Schlacht des Ersten Weltkriegs zu gedenken.

  • Am Sonntag trafen sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande in Verdun, um der blutigsten Schlacht des Ersten Weltkriegs zu gedenken.

100 Jahre nach der Blutmühle

Es stehen die Gemeinsamkeiten im Vordergrund, wenn dieser Tage jener Schlacht vor 100 Jahren gedacht wird, die als Blutpumpe von Verdun in die Geschichte einging. 300.000 Menschenleben hatte das 300 Tage währende Blutbad gefordert, 400.000 Soldaten auf beiden Seiten wurden verwundet.

Am frühen Morgen des 21. Februar bricht das Inferno los. Aus mehr als 1200 Geschützen feuern die deutschen Truppen auf die französischen Stellungen nördlich von Verdun, stundenlang, bis zum späten Nachmittag fallen mehr als eine Million Granaten. "Das hatte man noch nie gesehen, es war ein Feuersturm", sagt Edith Desrousseaux de Medrano, Kuratorin der Gedenkstätte von Verdun.

Im Memorial de Verdun hat eine kleine Revolution stattgefunden. Seit der Wiedereröffnung nach umfassenden Umbauarbeiten spielen in der Gedenkstätte auch die Erlebnisse deutscher Soldaten eine zentrale Rolle. Die Neueröffnung der Dauerausstellung unterstreicht, dass Verdun über die Jahre auch zu einem Bezugspunkt der deutsch-französischen Aussöhnung geworden ist: verkörpert von Bundeskanzler Helmut Kohl und Präsident François Mitterrand, die sich 1984 über den Gräbern von Verdun die Hand reichten.

Grafik: Die Schlacht von Verdun

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Schlacht von Verdun

PDF-Datei vom 27.05.2016 (753,20 KB)

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Symbolträchtigkeit

Verdun sei die symbolträchtigste Schlacht des Ersten Weltkrieges, sagt Memorial-Direktor Thierry Hubscher. Diese herausragende Stellung ist nicht auf den ersten Blick zu verstehen. Sie war weder die blutigste Schlacht des Konflikts, noch hatte sie nach Ansicht von Historikern große Bedeutung für den Kriegsverlauf. Die Deutschen konnten zunächst das wichtige Fort von Douaumont einnehmen, in heftigen Kämpfen rückten sie bis auf wenige Kilometer an Verdun heran. Nur gerade so hielten die Franzosen stand. Doch dann eroberten sie Stück für Stück das verlorene Terrain zurück, nach zehn Monaten verliefen die Linien fast genauso wie zuvor.

Es hat sich eigentlich mit Verdun gar nichts geändert", sagt der deutsche Historiker Herfried Münkler (siehe Interview unten). "Aber das steht natürlich auch paradigmatisch für diesen Krieg: Stellungskrieg und Materialschlachten." In der "Hölle von Verdun" entfaltet sich auf einem kleinen Gebiet der ganze Horror der industrialisierten Kriegsführung, mit Trommelfeuer, Giftgasattacken und Flammenwerfern. Soldaten versinken im Schlamm, das von Granattrichtern übersäte Gelände gleicht einer Mondlandschaft, neun Dörfer werden ausradiert.

100 Jahre nach der Blutmühle
100 Jahre nach der Schlacht sind im jungen Wald auf den Gefechtsstätten die Reste der Befestigungsanlagen und Explosionskrater noch gut zu erkennen. Bild: dpa

"Im Gedächtnis der Deutschen ist die Schlacht von Verdun zum Inbegriff der Sinnlosigkeit und Grausamkeit des Ersten Weltkriegs geworden", schreibt Deutschlands Botschafter in Paris, Nikolaus Meyer-Landrut. In Frankreich wurde Verdun auch deshalb zu einem allgemeinen Bezugspunkt, weil ein großer Teil der Armee irgendwann einmal dort kämpfte. General Pétain ließ die Truppen regelmäßig austauschen, um Erschöpfung zu verhindern. Der treffende Begriff "Blutmühle" entstammt dieser Strategie.

In der für 12,5 Millionen Euro erneuerten Gedenkstätte läuft der Besucher auf Glasscheiben über Nachbildungen des schlammigen Untergrunds von damals. Im Dämmerlicht sollen Alltagsgegenstände einen Eindruck vom Leben der Frontsoldaten vermitteln. Briefauszüge lassen ahnen, was in ihnen vorging: "Mama, warum hast du mich zur Welt gebracht?" Eine riesige, gestaffelte Videowand zeigt Filmszenen und gemalte Bilder mit Schlachtszenen, darüber ein deutsches Flugzeug. Es ist auch ein Versuch, nach dem Tod der Veteranen des Krieges trotzdem ihre Erinnerungen weiterzuvermitteln.

Kontrovers sei die stärkere Herausstellung der deutschen Soldaten nicht gewesen, sagt Memorial-Direktor Hubscher: "Was vor 50 Jahren schwierig gewesen wäre, wird heute geradezu offensichtlich: Die Männer auf beiden Seiten haben die gleichen Qualen und Ängste durchlitten." (but)

Gedenken

100 Jahre nach der Blutmühle
Im Frühjahr 1916: Deutsche Infanteristen kriechen aus den Schützengräben, um eine Anhöhe zu erstürmen. Bild: Hermann Rex

 

Gedenken an die gefallenen Österreicher

Schon zu Beginn des Ersten Weltkrieges kamen k.u.k. Soldaten an der Westfront zum Einsatz, vorwiegend Artillerie-Einheiten. Auf Drängen des deutschen Kaisers Wilhelm zog der junge Kaiser Karl 1918 Kampfeinheiten aus dem Süden (Isonzo) ab und verlegte Soldaten der k.u.k. Armee an die Westfront, wo im Sommer ein Großangriff französisch-amerikanischer Streitkräfte begann. Ein k.u.k. Armeekorps mit vier Infanteriedivisionen wurde in Marsch gesetzt. Sie sollten in Verdun kämpfen. Ein Viertel von ihnen waren deutschstämmige Österreicher, der Großteil Tschechen, Polen, Ungarn, Kroaten, Slowaken und Ukrainer.

800 Gefallene hatte die österreichisch-ungarische Armee in diesen sinnlosen Kämpfen zu Kriegsende an der Westfront zu beklagen. Die Toten wurden in deutschen Gräbern verscharrt.

Seit zwei Jahren gibt es Gedenkstätten für die Gefallenen der österreichisch-ungarischen Armee: in Samogneux bei Verdun und in Consenvoye.

 

Das Vermächtnis von Verdun

Das Vermächtnis von Verdun: eine Erzfreundschaft
Herfried Münkler Bild: Stephan Röhl

Das Vermächtnis von Verdun: Eine Erzfreundschaft

 

Der deutsche Politikwissenschafter Herfried Münkler von der Humboldt-Universität in Berlin über über die Bedeutung von Verdun.

  1. Verdun ist die bekannteste Schlacht des Ersten Weltkrieges; war sie tatsächlich bedeutend für den Kriegsverlauf?

    Ich glaube, dass in diesem Fall Bekanntheit und strategische Bedeutung sich umgekehrt proportional zueinander verhalten. Aber Verdun ist gleichsam zum Sortierer und Sammler von Erinnerungen geworden. Das hat damit zu tun, dass es General Philippe Pétain in Frankreich so organisiert hat, dass tendenziell die gesamte französische Armee irgendwann in Verdun war. Die Deutschen hatten auf Verdun große Hoffnungen gesetzt, aber als die Schlacht nach zehn Monaten zu Ende geht, haben beide Seiten tendenziell gleich hohe Verluste. Und der Krieg geht weiter. Es hat sich eigentlich mit Verdun nichts geändert.
  2. Warum hat Verdun diese große symbolische Bedeutung – ist es auch ein Kristallisationspunkt der Sinnlosigkeit dieses Krieges?

    Normalerweise erinnern wir Schlachten als die Höhepunkte eines Krieges, in denen sich der Krieg entschieden hat. Und hier erinnern wir Verdun, wo gar nichts entschieden worden ist. Aber das steht natürlich auch paradigmatisch für diesen Krieg: Stellungskrieg und Materialschlachten. Nun gibt es auch andere, etwa Somme oder Flandern. Aber Verdun ist auch von der Topografie her besser geeignet, an der Somme ist nicht viel zu sehen. Und auf deutscher Seite ist vermutlich die meiste Literatur zum Ersten Weltkrieg Verdun-Literatur. Die Franzosen haben physisch das Schlachtfeld und präsentieren es, und die Deutschen haben literarisch das Schlachtfeld und präsentieren es.
  3. Die Verdun-Gedenkstätte setzt jetzt stärker auf einen deutsch-französischen Blickwinkel. Eine neue Entwicklung?

    Es gab erstaunlicherweise in der Zwischenkriegszeit, den späten 1920er-Jahren, durchaus Treffen deutscher und französischer Verdun-Kämpfer in diesem Raum. Tendenziell war die Kampferfahrung eines französischen Soldaten und die eines deutschen identisch, sie hatten nur andere Uniformen an und andere Helme auf. Das endet natürlich 1933. Aber man kann sagen, dass schon das Händchenhalten Kohl–Mitterrand 1984 die Sakralisierung der deutsch-französischen Aussöhnung am Ort Verdun war. Weil dort nur deutsche und französische Truppen gekämpft haben, bietet es sich an, diesen Ort zum Symbolpunkt der Transformation von Erzfeindschaft in Erzfreundschaft zu machen.
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13  Kommentare
13  Kommentare
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( Kommentare)
am 29.05.2016 15:59

maus-klick,
war Sarajewo der Weltkrieg? Wegen Sarajewo alleine wäre noch kein Weltkrieg ausgebrochen. Ich erwarte auch nicht, dass jeder diesen Satz versteht, denn nicht jeder beschäftigt sich mit dem Verlauf der kriegerischen Handlungen während dem Ersten Weltkrieg, auch wenn er glaubt, diese zu verstehen.

Es stimmt daher mit Sicherheit, wenn ich schreibe: "Zwei Weltkriege wurden geführt, immer nur um eine dominante Rolle Deutschlands, zu verhindern. Sollte uns das nicht zu denken geben?"

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jago (57.723 Kommentare)
am 29.05.2016 19:34

Das stimmt ja eh, dass Sarajewo der Zündfunke am Pulverfass gewesen ist.

Deutschland ist der Störenfried im Gerangel der beiden Saurier, auch heute. Frankreich und England sind kene Störenfiiede, weil sie in den Logen mitpackln.

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jago (57.723 Kommentare)
am 29.05.2016 13:03

Der Artikel ist der Sache angemessen gut! (Mein sehr persönliches Urteil)

Damals hat es noch kein richtiges Parlament gegeben, das den Regierenden und den Militärschädeln in die Arme fallen können hätte. Das hätte es leider auch nicht getan, weil das Volk (wie heite auch für jede Dummheit) aufgepeitscht war..

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snugs (1.658 Kommentare)
am 29.05.2016 12:46

Was haben wir daraus gelernt? NICHTS.

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jago (57.723 Kommentare)
am 29.05.2016 13:05

wer ist "wir"?

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Guentherra (63 Kommentare)
am 29.05.2016 10:16

Millionen Tote weil Politiker versagen, immer wieder!

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Gugelbua (31.807 Kommentare)
am 29.05.2016 09:56

Heucheln Aufarbeiten und Gedenkfeiern was bringen die ?
immer mehr Gräber!

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( Kommentare)
am 29.05.2016 09:29

Zwei Weltkriege wurden geführt, immer nur um eine dominante Rolle Deutschlands, zu verhindern. Sollte uns das nicht zu denken geben?

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Strachelos (7.167 Kommentare)
am 29.05.2016 12:27

angefangen haben immer die Deutschen, daher zu Recht verloren.

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jago (57.723 Kommentare)
am 29.05.2016 13:07

In der Schule habe ich gelernt, dass die Serben angefangen haben und die Schule hat recht.

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jago (57.723 Kommentare)
am 29.05.2016 12:46

ncht NUR aber auch.Deutschland ist nämlich nicht einheitlich sondern vielfältig in seiner Bevölkerung, Alemannem, Rheinländer, Norddeutsche, Preussen, Sachsen und Bajuwaren sind ganz unterschiedliche Völker mit unterschiedlichen Verhaltensweisen.

Bismarck hat daraus einen Staat zusammengefügt.

Das irritiert die Ausländer aber noch mehr die Deutschnationalen.

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jago (57.723 Kommentare)
am 29.05.2016 12:49

ein paar habe ich vergessen, die Hessen, die Friesen, Pommern ...

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( Kommentare)
am 29.05.2016 13:13

Sarajewo war also eine deutsche Sache, aha.

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