Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Elektro-Fahrrad gegen Mountainbike: Ohne Schweiß, kein Preis?

Von Von Christoph Zöpfl und Volker Weihbold (Fotos), 02. Juni 2018, 00:04 Uhr
Ohne Schweiß, kein Preis?
Auf dem Weg zur Hochsteinalm: Einmal mit Motor, einmal klassisch. Bild: VOLKER WEIHBOLD

Für die einen sind die Fahrräder mit Elektromotor ein Segen, andere verfluchen sie. Wir sind mit dem Einen und dem Anderen auf die idyllische Hochsteinalm geradelt.

Sepp Wiesauer und Karl Posch haben viel gemeinsam. Beide wohnen im Salzkammergut, beide bewegen sich gerne sportlich in der freien Natur. Und beide sind nicht auf den Mund gefallen. Jetzt gerade plappert aber nur einer, nämlich der Posch Karl. Er hat leicht reden, sitzt er doch bei unserer Mountainbike-Tour hinauf auf die idyllische Hochsteinalm über Traunkirchen auf einem Radl, das unter Strom steht. Der Wiesauer Sepp, in seiner Freizeit tonangebend in der Volksmusik-Gruppe "Dampfplauderer", dampft derzeit nur, das Plaudern ist ihm aber vergangen. Sein Radl wird ausschließlich mit Muskelkraft betrieben, was ihm ganz schön den Atem raubt.

Oben auf der Alm haben die beiden wieder (fast) das gleiche Verhaltensmuster. Der schwitzende Sepp bestellt einen kleinen Radler, der entspannte Karl einen großen. Z’Fleiß. Und dann beginnt die Debatte über das Radlfahren mit und ohne Elektromotor.

Zwei Radler für die Radler: Der Sepp behauptet glaubhaft, dass er sich auf seines besonders freut, weil es besser schmecken wird als das des Herrn Karl   Bild: (Volker Weihbold)

Hoamatland: Sepp, muss der Karl jetzt ein schlechtes Gewissen haben, weil er beim Rauffahren nicht geschwitzt hat?

Sepp Wiesauer: Nein, überhaupt nicht. Ich bin nur der Meinung, wir werden jetzt zwar denselben Radler trinken, nur meiner schmeckt halt viel besser. Der Karl ist für mich arm dran, weil ich ja im Gegensatz zu ihm eindeutig etwas geleistet habe.

Karl, hast du das Gefühl, dir deinen Radler verdient zu haben?

Karl Posch: Ich glaub’ nicht, dass man sich einen Radler verdient, nur dadurch, weil man sich vorher recht geplagt hat. Es geht eher um etwas anderes, nämlich um das Gefühl, draußen in der Natur zu sein und das Leben zu genießen.

Mit dem E-Bike bleibt man in der Komfortzone, kommt aber trotzdem in eine Erlebniswelt, die bisher eher den fitten, sportlichen Menschen vorbehalten war. Ganz fair ist das nicht …

Karl: Warum soll das nicht fair sein? So ein E-Bike ist ein Sportgerät wie jedes andere. Es hat halt nur einen Zusatznutzen – und das sind die Extra-Kilometer. Ein Beispiel: Wenn ich auf die Hoisnradalm fahre, brauche ich mit dem normalen Rad eine Stunde, mit dem elektrischen fahre ich eine halbe Stunde. Wenn ich am Abend noch dort hinauf möchte, geht sich das mit dem E-Bike problemlos aus. Was nicht heißt, dass ich mich nicht plage. Wenn du schnell mit dem E-Bike fährst, kann das auch anstrengend sein.

E-Bike gegen Mountainbike Bild: (Volker Weihbold)

 

Sepp, wir haben dir angeboten, dass du Karls E-Bike einmal ausprobierst, das hast du abgelehnt. Warum bist du ein so kategorischer E-Bike-Verweigerer?

Sepp: Das ist wahrscheinlich die Gewohnheit. Mir taugt es auf dem normalen Mountainbike, ich fühle mich da wohl. So ein E-Bike ist mir ein zu schweres Trumm. Aber vielleicht kommt einmal die Zeit, in der ich auch eines habe. Aber eher nicht, bevor ich 80 bin. Was mich ärgert, ist jedenfalls, wenn jemand behauptet, dass das E-Bike die ökologischste Form des Radfahrens ist. So ein Blödsinn. So wie ich radlfahr, wird die Umwelt nicht geschädigt. Ich verbrauche nur meine eigene Energie. Bei den E-Bikes mit ihren Akkus ist das anders. Außerdem toppt nichts das Gefühl, etwas geleistet, etwas geschafft zu haben. So gesehen tut mir der Karl leid, denn was soll denn der heute sagen. Dass er mountainbiken war? Des stimmt ja gar nicht, wenn dich der Motor aufiziagt. 

Karl: Ja ja, diesen Spott hörst du oft, wenn du mit einem E-Bike zur Hütte kommst. Das passt schon. Ich hab vor zwei Jahren auch noch gesagt, ich steig nicht auf ein elektrisches Radl, bevor ich 75 bin. Und jetzt habe ich in Gosau einen E-Bike-Verleih. Wenn du bei uns auf die Forststraßen schaust, was sich da mit dem Radl bewegt, da sind 70, 80 Prozent elektrisch unterwegs.

Da kann man auch viele gemischte Paare beobachten: Er fährt mit dem normalen Rad, sie mit dem E-Bike. Wäre das auch eine Variante für Herrn und Frau Wiesauer?

Sepp: Bei uns wäre es so, dass ich mit dem E-Bike fahre, weil meine Frau viel besser als ich beisammen ist.

Karl: Im Verleih habe ich es oft, dass Männer für ihre Frauen ein E-Bike ausleihen und dann nach der gemeinsamen Ausfahrt völlig erschöpft zurückkommen, während die Frau ein breites Grinsen zeigt. Am nächsten Tag nimmt sich der Mann dann meistens auch ein E-Bike.

Sepp: Aus sportwissenschaftlicher Sicht ist das aber falsch, wenn man so gemischt unterwegs ist. Wenn sich die Männer auspowern müssen, um mit dem E-Bike ihrer Frauen mithalten zu können, ist das nicht gesund. Vernünftige Männer passen sich bei einer gemeinsamen Tour mit dem normalen Rad dem langsameren Tempo ihrer Frau an und machen damit gleichzeitig ein sinnvolles Grundlagentraining.

Karl: Also, ich habe x-fach die Erfahrung gemacht, dass es für die Beziehung gut ist, wenn sich die Frau vor einer gemeinsamen Radtour nicht mehr fürchten muss, weil sie ein E-Bike hat und er nicht.

Auf dem familienfreundlichen "Normalweg" (über Mühlbachberg) ist die Auffahrt auch ohne E-Bike gut bewältigbar.    Bild: (Volker Weihbold)

Die Menschen werden bequemer und möchten sich nicht mehr quälen. Steckt diese Entwicklung hinter dem E-Bike-Boom?

Karl: Das sehe ich komplett umgedreht. Wir haben eher die Tendenz, dass Menschen, die sich sonst nicht mehr viel bewegen würden, wieder mehr körperlich machen. Das E-Bike senkt die Eintrittsschwelle zum Radfahren oder Mountainbiken. Das ist ein Segen.

Sepp: Da bin ich mit dem Karl einer Meinung. Durch das E-Bike kommt eine neue Schicht zum Radfahren. Das ist so ähnlich wie beim Nordic Walken. Dieser Trend hat auch Leute angesprochen, die sich vorher wenig oder gar nicht bewegt haben. Nur die, die vom Laufen auf das Nordic Walken zurückgestiegen sind, haben dann schnell zugenommen. Was ich halt problematisch sehe: Man nimmt sich mit dem E-Bike einen Lustfaktor, den man nur hat, wenn man eine messbare Leistung gebracht hat. Und ein zweites Problem kommt auch auf uns zu: So wie beim Skitourengehen Leute, die sich zu wenig mit der Natur beschäftigen, plötzlich unter eine Lawine kommen, wird’s auch beim E-Bike böse Unfälle geben. Zum Beispiel dann, wenn Leute, die eigentlich nicht g’scheit radlfahren können, für ihre Verhältnisse zu schnell unterwegs sind.

Karl: Das sehe ich nicht so. Ich glaube an das Gute im Menschen und dass er lernfähig ist. Es stimmt, es gibt Stürze, weil die Leute nicht gut Rad fahren können. Aber ich bin mir sicher, sie werden es lernen. Wir bieten zum Beispiel eigene Kurse für E-Bike-Einsteiger an.

Sepp: Für mich gibt es trotzdem eine lässige Alternative zum E-Bike. Ich bin in den vergangenen Jahren wieder mehr auf das Rennrad gestiegen, da bist du flott unterwegs und kannst, ohne voll an das Limit zu gehen, wirklich viele Kilometer herunterkurbeln.

Karl: Das traue ich mich nicht mehr. Bei diesem Verkehr, den wir haben, mach' ich mir da fast in die Hose.

Ohne Schweiß, kein Preis?
Bild: VOLKER WEIHBOLD

 

Zum Abschluss noch Sepp – was hast du dir wirklich gedacht, als du dich da jetzt neben dem "elektrischen Karl" hinauf auf die Hochsteinalm so abgestrampelt hast?

Sepp: Ich hab’ mir das genauso vorgestellt, dass ich schwitze und er seine Gaudi hat. Aber da bin ich eher auf der Mitleidseite: Weil ich hatte das Lustgefühl, und er ist halt irgendwie da raufgefahren.

Karl: Dein Keuchen und Ächzen, das waren also Lustgeräusche?

Sepp: Wenn der Mensch schnauft, dann ist er lebendig! 

 

Zu den Personen: 

Josef Wiesauer Bild: (Volker Weihbold)

Josef Wiesauer: Der "Gesundheitsphilosoph" (Selbstbeschreibung) und Hobby-Volksmusiker aus Ebensee ist Biologe, Trainingswissenschafter und Gründer der "Sporttherapie" in Wels und Linz.

 

Karl Posch     Bild: (Volker Weihbold)

Karl Posch: Der Wegbereiter der österreichischen Skibergsteiger-Rennszene betreibt neben seiner Agentur "Sport Consult" in Gosau seit dem Vorjahr auch einen E-Bike-Verleih (Nemo-Point) und bietet geführte Touren an.

 

Die Hochsteinalm bietet für alle etwas     Bild: (Volker Weihbold)

Die Hochsteinalm: Für Kinder und Könner

Zugegeben: Bei unserem "Ausg‘schnapst"-Termin haben wir es uns ziemlich leicht gemacht und wollten mit den Mountainbikes nicht allzu hoch hinaus. Einerseits sollte der stromlose Radler, oben angekommen, noch genügend Luft für eine hitzige Diskussion haben, andererseits mussten wir auch das Zeitbudget im Auge behalten.

Die Hochsteinalm über Traunkirchen war so gesehen ein perfektes Etappenziel. Auf dem familienfreundlichen "Normalweg" (über Mühlbachberg) ist die Auffahrt auch ohne E-Bike gut bewältigbar. Wer es sportlicher mag, kann ja über die "Sonnsteinrunde" und den Langbathsee hinaufradeln.

Oben auf 907 Metern Seehöhe werden alle von einer wunderbaren Aussicht belohnt. Besonders Kinder freuen sich über die vielen verschiedenen Tiere, die dort oben ein Paradies genießen. Auch kulinarisch ist die Hochsteinalm voll auf der Höhe. In der urigen Hütte dürfen nur die Kochtöpfe rauchen. Sogar die
E-Bikes bleiben nicht unversorgt: Auf dem großen Radl-Parkplatz kann Strom "getankt" werden.

 

mehr aus Spezial

Fit im Internet: Das Weiterbildungs-Event für alle, die sich für digitale Technologien interessieren.

Ausgebucht! „Der Krieg in der Ukraine: Eine Spätfolge des Zerfalls der UdSSR und ein geopolitischer Konflikt.“

Die Rückkehr der Wildtiere

Forum für pflegende Angehörige: Diskussion und Tipps zu Recht, Finanzen und Alltag

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

6  Kommentare
6  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
bixie (1 Kommentare)
am 05.10.2018 12:06

Es gibt nicht nur bei den E-Bikern schwarze Schafe. Man kann, genau wie bei den anderen Verkehrsteilnehmern nicht alle über den Kamm scheren.
Wenn man die E-Biker beschneidet, müsste man auch bei den Hobby Radrennfahrern einhaken. In Kleinstgruppen unterwegs, ziehen sie oft eine kilometerlange Schlange auf Kurvenreichen Straßen hinter sich her. Auch hier wäre eine Gesetzesänderung nötig!

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 03.06.2018 17:51

Selber über 1Mio km mit dem Auto, hunderttausende per Motorrad und jährlich ein paar tausend mit Rennrad oder MTB. Was mir auffällt ist, wieviele - speziell über 50-Jährige - einem ohne jegliche Kontrolle aber nicht vorhandenes Fahrkönnen, zu hohe Geschwindigkeit und gleichzeitiger Überforderung entgegenkommen ist bemerkenswert. Bei Kreuzungen zu schauen oder ein Handzeichen wird sowieso überbewertet, dafür bleibt man dort - am besten in der Gruppe - stehen.
-----------
Fahrtraining für alle E-bike-Fahrer über einem gewissen Alter. Es besteht ein signifikanter Unterschied zwischen routinierten MTBlern und Leuten die nach langer Sportabstinenz sich ohne Gespür für Körper und Gerät auf dieses Fast-Moped setzen und damit die OÖ Radwege gefährden.

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 03.06.2018 17:52

PS: bevor sich wieder wer aufregt. Ich mache jährlicher entweder ein PKW- oder Motorradtraining!

lädt ...
melden
HerrVOLVO (2.330 Kommentare)
am 03.06.2018 12:51

1) Wenn man die Strecke nicht ohne Hilfe bewältigen kann, hat man auf ihr nichts verloren. (Vergleich: am Berg mit Sandalen geht ja auch nicht; schwimmen bei starker Brandung bzw. großem Wellengang; etc)
2) Geschwindigkeitsbegrenzung auf 15km/h für E-Bikes, darüber verpflichtend Fahrtechnikkurse (aber nicht nur auf ebenem Asphalt sondern auch im "Gemüse").
3) Bei Aktivitäten in Gruppen (auch Paaren) richtet sich grundsätzlich die zu erbringende Leistung (Tempo, Dauer, etc) nach dem Schwächsten (jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied).
4) Bei den beschriebenen Paaren wäre vielleicht eine Psychotherapie angebracht, denn es zeigt
A) von einer viel zu großen Hybris wenn man(n) sich mit einem Elektromotor anlegt (vergl. Stangenfahren gegen Hirscher, Klettern gegen Lama...) und
B) von einer ziemlichen Störung wenn frau sich unter Zuhilfenahme von elektrotechnischen Mitteln beweisen muss. Da hilft ein langes, ehrliches Gespräch mehr als jeder (Höhen-)Meter.

lädt ...
melden
pepone (60.622 Kommentare)
am 03.06.2018 12:37

Elektroradl ist etwas für Leute die sich NICHT mehr anstrengen wollen.

lädt ...
melden
jago (57.723 Kommentare)
am 06.06.2018 09:21

Ach - und ich habe fest gemeint, dass der Akku nur den Zweck hat, die Bergabenergie fürs nächste Bergauf zu speichern. Statt es in der Bremse zu verheizen und zu verquietschen.

Sowas passiert mir eben, mir Nichtmehrradlfahrer aber dafür in Gedanken Mitelektriker - physiker.

lädt ...
melden
Aktuelle Meldungen